Alles da – auf engstem Raum für Wohnen, Essen, Schlafen. Das Tiny House ist eine interessante Zukunftsvariante des Wohnen.

Ganz gross in einem kleinen Haus wohnen

Gleich vorweg: Das ist nicht jedermanns Sache. Wir sprechen von einem Tiny House – eine Wohnform, die auch in der Schweiz immer beliebter sein soll. Die Produzenten sagen: Trotz seiner beschränkten Grösse braucht man im Mini-Haus auf nichts zu verzichten.

Bauland ist knappes Gut. Auch, oder ganz besonders in der Schweiz. Der Landpreis macht heute einen grossen Teil der Gesamtkosten aus. Je kleiner das Grundstück, desto günstiger der Betrag unter dem Strich für die eigenen vier Wände. Das wäre das Idealkonzept für ein Tiny House. Was spricht also dagegen? Wer gerne etwas mehr Raum um sich hat, dürfte mit dem Minihaus kaum warm werden. Durchschnittlich beanspruchen wir Schweizerinnen und Schweizer 46 Quadratmeter Wohnfläche pro Kopf. Da wird es richtig eng, wer sich vorstellen muss, mit dem vom schwedischen Architekten Jonas Wagell entwickelten 15-QuadratmeterHaus Vorlieb zu nehmen. Und wie geht das? Es braucht viel Bewegbares, im wörtlichen Sinne. Toilette und Dusche verschwinden hinter einer Schiebetür und im Wohnraum hat es eine kleine Küchenzeile. Zwei Schlafplätze – einer davon über die Leiter zu einer miniempore erreichbar. Das Minihaus ist in zwei Varianten erhältlich: 4,90 Meter mal 2,90 Meter oder 2,10 Meter mal 6,10 Meter. Ganz schön klein. Der Preis: Rund 26 000 Franken.

Als Zweitwohnsitz
Wie kommt man auf eine solche Idee? Der schwedische Architekt hielt Ausschau im eigenen Land. Kleine Ferien- oder Wochenendhäuser an einem schönen Ort zu bauen, hat in Schweden Tradition. Die Bewohner aus der Hauptstadt Stockholm haben zu Hunderten auf den malerischen Schäreninseln ihr eigenes Domizil für eine Auszeit vom Alltag. – Jetzt sind wir der Sache schon näher. Ein Tiny House könnte also gut und gerne zum günstigen Zweitwohnsitz werden. Mit den genannten Einschränkungen halt.

Die verschiedenen Varianten
Tiny Houses gibt es natürlich noch in grösseren Varianten. Vor einem Jahr schrieb der «stern»: «Tiny Houses – das ist vor allem eine Bewegung in den USA, Kanada, Australien und eingeschränkt in Grossbritannien». In Deutschland, so das deutsche Magazin, sei es ein Thema der sozialen Medien – und etwas zum Träumen. Ein Tiny House kann man, wie jede andere Immobilie, auf festen Grund bauen, oder man hat eines auf Räder. Das ist die ursprüngliche Form: Ein Haus – zehn bis 50 Quadratmeter gross; mit konventioneller Form mit Satteldach und oftmals auf Rädern montiert. Das ist die perfekte Lösung für Nomaden, die es durchs Jahr durch das eigene und fremde Lande zieht. Eine wichtige Voraussetzung dazu ist allerdings auch das geeignete Zugfahrzeug. Wer von einer Stadt zur andern, oder von einem Land zum andern, ziehen will, kann das Tiny House auch auf Rädern einfach mitnehmen. Allerdings wehren sich die zahlreicher werdenden Anbieter gegen die „bewegliche“ Variante. Sie bieten die Immobilie als kompaktes Häuschen an – ob auf Rädern oder auf festem Grund. Wird das mobile Heim zur Immobilie, wird auch der Wohnraum grösser: 40, 60 oder gar 80 Quadratmeter. Dafür sind 150 bis 300 Quadratmeter Bauland nötig und ein Minimalbudget – also nach den üblichen Eigenfinanzierungsvorschrif ten – für die Finanzierung, rechnet die Tiny VeRo Swiss Gmbh, Anbieterin von Wohnmodulen auf ihrer Website vor. Ein Haus ist dann in einem tiefen sechsstelligen Bereich.

Im Garten ein «Stöckli»
Sie haben ein Einfamilienhaus und noch genügend Landreserven. Dann könnten Sie auf den Gedanken kommen, das Einfamilienhaus der Nachkommenschaft zu überlassen und im Garten ein «Stöckli» in Form eines Tiny Houses aufstellen zu lassen. Ist das aber rechtlich überhaupt möglich? «Für Tiny Houses gelten die üblichen Bestimmungen in der kantonalen Bauverordnung», bestätigt Ralph Kaiser, stellvertretender Leiter Rechtsdienst im kantonalen Bau- und Justizdepartement. Das heisst: die vorgeschriebenen Grenzabstände müssen eingehalten werden und die Grösse des Grundstücks entscheidet darüber, ob die Ausnützungsziffer für die Realisierung des modernen «Stöcklis» im Garten genügend hoch ist. Eine Baubewilligung ist übrigens auch für mobile Tiny Houses nötig, «im Gegensatz zu einem Wohnmobil», wie Kaiser ergänzt. «Dafür ist keine Bewilligung nötig, ausser, wenn es dauerhaft im Garten abgestellt würde.

Miniwohnung auf Miete
Wohnen auf engstem Raum gibt es aber nicht nur im Einfamilienhaus-Stil, sondern in Miete. Im zürcherischen Adliswil wurde ein ursprünglich von einem Schweizer Rückversicherer genutztes Gebäude in ein Wohnhaus mit 96 Appartements mit 32 bis 40 Quadratmeter Fläche realisiert. Bauherrin ist die MOVEment System des Schweizer bau- und Immobiliendienstleisters Halter AG. Die problemlose Vermietung an der Tangente von Zürich zeigen einen anderen Trend: Die neue Generation ist mobiler, urbaner, nachhaltiger ausgerichtet und nutzen lieber Dinge, als diese zu besitzen. Die Wohnungen sind teilmöbliert und auf einfachste Weise elektrisch verschiebbar und so dem jeweiligen Wohnbedürfnissen – Wohnen, Schlafen oder Essen – Rechnung tragen. Single, Paare, Neo-Singles oder moderne Nomaden zählen zu den Zielgruppen dieser Wohnform.

Wie am Anfang gesagt: Es ist eine Wohnvision der Zukunft – aber nicht jedermanns Sache.

Text & Bild: Immobilien-Woche
Werbung