Der Familienbetrieb Schöni erweitert stetig sein Produktportfolio mit eigenen kreativen Kreationen. Diese Investition zahlt sich aus, ist Geschäftsführerin Andrea Schöni überzeugt.
Bereits im Empfangsbereich der Produktionsanlage in Oberbipp nimmt man einen unverkennbaren säuerlich-frischen Duft wahr. Ohne Frage: Sauerkraut. Die Mitarbeitenden, die sich im Erdgeschoss um die Administration kümmern, scheint dies nicht zu stören. Geschäftsleiterin Andrea Schöni schon gar nicht. Sie hat schon früh morgens ihre erste Sauerkraut-Degustation hinter sich. Seit 2019 leitet sie in der 100-jährigen Firmengeschichte als erste Frau der Schöni Swissfresh AG das Geschäftsfeld Food der Schöni Holding AG.
Bereits mit der Vermählung mit Ehemann Daniel Schöni, Ur-Urenkel des Firmengründers Ernst Schöni, tauchte sie ins Geschäft ein. «Jahrelang unterstützte ich meinen Mann wie ich konnte, verfolgte den Betrieb im Hintergrund mit und konnte mich immer wieder mit Inputs und Ideen einbringen», sagt die 49-jährige Schöni, die 2015 ins Geschäft einstieg. Letztes Jahr übernahm sie dann die Leitung, während sich ihr Ehemann nun ganz auf die Transportfirmen der Familienholding konzentriert.
Aller Anfang ist schwer
«Das war trotz meinen Vorkenntnissen ein Sprung ins kalte Wasser», sagt die ausgebildete Lehrerin, die mittlerweile auch mit Grossverteilern an einem Tisch verhandelt. «Ich musste schnell lernen, um verhandlungsfähig zu werden.» Seit Beginn wird sie von ihrem Ehemann gecoacht und von den langjährigen Mitarbeitenden unterstützt. «Dafür bin ich dankbar.» Heute ist sie in ihre Rolle reingewachsen und managt die Firma teilweise auch im Home Office. «Ich bin aber lieber im Büro», sagt die Frau, die selber auch regelmässig den weissen Kittel an zieht und in den Produktionshallen steht, Produkte degustiert oder mit dem Entwicklungsteam neue Produkte bespricht. Ihre erste Produkteentwicklung im 2015 bescherte Schöni den Bestseller; den «rohen, frischen Suurchabis im Eimerli». Das ist nicht das einzige Produkt, das in den letzten Jahren lanciert wurde. Mittlerweile verarbeitet Schöni neben ihrem Steckenpferd Sauerkraut auch Randen, Kürbis und Chinakohl. «Und wir entdecken immer wieder neues Gemüse, das sich zur Fermentation eignet. Das ist ja unsere Stärke». Tatsächlich ist die stetige Erweiterung des Produktportfolio Strategie. «Wir versuchen so, immer wieder neue Nischen zu erreichen.»
Sauerkraut als Superfood
Mit ihrer Stärke, die natürliche Fermentation, liegen sie seit Jahren im Trend. Durch das aktuell angeregte Gesundheitsbewusstsein in der Gesellschaft umso mehr. Sauerkraut ist neben dem Vitamingehalt vor allem für seine probiotischen lebendigen Milchsäurebakterien bekannt, welche die Darmgesundheit fördern, und so auch das ganze Immunsystem stärken. In der Tat stieg die Nachfrage nach Sauerkraut während der Coronazeit, wie die Geschäftsleiterin berichtet. Nicht nur wegen dem gesundheitlichen Aspekt des Krauts, sondern auch wegen der langen Haltbarkeit und dem attraktiven Preis. Die dreifache Mutter schätzt das Sauerkraut neben diesen Eigenschaften auch wegen seiner Vielfältigkeit. Sauerkraut gehört eben nicht ausschliesslich auf die Berner Platte. «Sauerkraut kann man mit fast allem kombinieren», schwärmt sie. Zum Beispiel mit Fondue oder Pasta. «Die meisten, die Sauerkraut-Fondue mal probiert haben, essen das Fondue nur noch so.» Die Geschäftsleiterin selber isst sicherlich mehrmals pro Woche Sauerkraut in irgendeiner Form, wie sie selber sagt und ergänzt: «Und es gnüegelet nie.»
Widerstand aus dem Dorf
Am Limit war die Familie dafür 2008, als sie aus dem Zürcher Oberland nach Oberbipp zog, zurück ins Mittelland, und die jetzige Produktionsstätte aufbaute. «Es war nicht einfach, im Dorf Fuss zu fassen», erinnert sich Schöni. Beide Projekte, die Sauerkraut-Produktion und die Transportfirma, kamen im Dorf nicht gut an. Das eine unter anderem wegen des Geruchs, welcher aus der Produktion ausgestossen wurde. Und mit dem Zuzug der grossen Schöni-Transportfirma befürchtete man einen zu regen Verkehr in der Gegend. «Die Abneigung gegenüber unseren Firmen spürte vor allem unsere älteste Tochter, welche in der Schule von anderen Kindern gemobbt wurde.» Erst als Schöni beschloss, das Projekt «Neubau der Transportfirma» in Oberbipp zu beenden, wurde es ruhiger im Dorf. Und auch gegen den starken Geruch fanden sie Abhilfe: In die Lüftung der Produktion wird Aare-Treibholz gelegt. «Mit der Zeit wurden wir akzeptiert und werden heute auch geschätzt.»
Betrieb mit CO2-neutraler Energie
Wie mit dem Treibholz sucht Schöni auch grundsätzlich für seine Produktionsstätte natürliche Lösungen. Seit über zehn Jahren investiert die Firma in eine nachhaltige, umwelt- und ressourcenschonende Produktion. Zum Beispiel mit einem grossen Holzschnitzelofen mit einer Leistung von 1.2 Megawatt/Stunde. Bei den Rohstoffen, die darin ver brannt werden, handelt es sich um Holzabfälle aus den Wäldern von Oberbipp. Damit wird der Betrieb mit CO2-neutraler Energie versorgt. Aber nicht in allen Bereichen ist die modernste Technik auch sinnvoll. In der Tat werden einige Arbeitsschritte in der Produktion heute noch wie damals, vor 100 Jahren, gemacht. Zum Beispiel das Stampfen des Sauerkrauts. Wenn man in einen der grossen Silos guckt, stampft tatsächlich jeweils ein Mitarbeiter mit Spezialgummistiefeln und natürlich unter Berücksichtigung aller Hygienemassnahmen über das Sauerkraut. Und an anderen Stationen ist dafür Handarbeit gefragt.
Gründer stellte zuerst Bottiche her
Das würde wohl auch Gründervater Ernst Schöni gerne sehen, welcher gerne handwerklich aktiv war. In seinen jungen Jahren gründete er eine Küferei und stellte selber Holzbottiche her. Bis er nach seiner Zeit als Küchenchef im Ersten Weltkrieg bei der Schweizer Armee auf die Idee kam, seine Bottiche mit selbst produziertem Sauerkraut gleich selber zu füllen. 1920 stellte der damals 34-Jährige erstmals gewerblich Sauerkraut her – von Hand. Ausgeliefert hat er die Bestellungen dann in der Region mit Fahrrad und Anhänger.