«Ich wohne in der dunkelsten Gemeinde des Landes.» Würde mir das jemand mitteilen, wäre meine erste Regung wohl Mitgefühl für dieses arme Wesen. Ein Mensch, der die meiste Zeit in Dunkelheit verbringt, nie in die Sonne blinzeln kann. Nein, so einen Menschen stelle ich mir nicht lebensfroh vor. Mein erster Gedanke: Wie deprimierend, an einem Ort zu wohnen, der von der Sonne vergessen wurde.
Doch: In dieser Geschichte ist die dunkelste Gemeinde die Insel Pellworm im Wattenmeer. Sie will sich als Sternenkommune zertifizieren lassen. Als Ort, an dem die Sterne besonders gut sichtbar sind, da es wenig Lichtverschmutzung gibt. Weil unter vielem anderem die Strassenbeleuchtung gedimmt und um 22 Uhr ausgeschaltet wird. So betrachtet ist der dunkelste Ort des Landes erleuchtend. Wieder mal wird mir bewusst: Die Überprüfung des ersten Eindrucks lohnt sich.
Auch in unserer Region gibt es Bezeichnungen, die auf den ersten Blick negativ sind. Das Paradebeispiel für Thalerinnen und Thaler: «Ah, du wohnst hinter dem Berg.» Und auch hier lohnt sich eine Überprüfung. Denn, abgesehen davon, dass dahinter und davor eine Frage der Perspektive ist, finde ich viele positive Seiten, im Schutze eines Berges aufzuwachsen. Das lässt mitunter in Ruhe gedeihen, was später kraftvoll über den Horizont schauen und etwas zu bewegen vermag. So gesehen stimmt es mich zuversichtlich, dass in der Schweiz viele Menschen im Schutze eines Berges aufgewachsen sein dürften.
Martina Flück hofft, dass auch einige «Pandemie- Entscheidungsträger» hinter dem Berg aufgewachsen sind.