Die Matzendörfer Imkerin Heidi Rütti hat vergangenes Jahr den eidgenössischen Fachausweis erhalten. In ihrem Garten bewirtschaftet sie aber schon längere Zeit ein grosses Bienenhaus. Im Gespräch erzählt sie, warum für sie die Imkerei mit so viel Faszination verbunden ist.
Die Bienen gehören bei der 56-jährigen Heidi Rütti inzwischen zur Familie. Seit 16 Jahren befasst sie sich mit den wichtigen Bestäubern und Honigproduzenten. Angefangen hatte alles aus Neugier, als sie bei ihrem Nachbarn, der auch Imker war, reinschauen durfte. «Da hat es mir den Ärmel reingezogen.» Einige Jahre half sie dann ihrem Nachbarn, besuchte Imkerei-Grundkurse, bis sie dann beschloss, mit ihrem Ehemann und Freunden selber ein Bienenhaus zu bauen. «Ich dachte mir, wenn schon, dann richtig», sagt Rütti, die neben ihrem flexiblen Buchhalterjob im Homeoffice viel Zeit in ihre Imkerei investieren kann.
Heute führt sogar ein schmaler Weg vom Wohnhaus direkt in das Bienenhaus im Garten. «Das ist ganz praktisch, so kann ich jederzeit mal im Bienenhaus vorbeischauen. » Das kommt vor allem im Frühling und im Sommer häufig vor. Denn Bienen brauchen tatsächlich sehr viel Aufmerksamkeit.
Den Takt geben die Bienen an
«Um ein Bienenvolk richtig zu halten, muss man es regelmässig und mit allen Sinnen kontrollieren.» Wächst eine Population oder schrumpft sie zum Beispiel, braucht sie mehr oder eben weniger Waben im Stock. Dafür ist dann die Imkerin zuständig. Sie muss stets alle Zustände und Bedürfnisse der derzeit 20 Bienenvölker im Blick behalten. Haben sie genug Futter? Haben sie warm genug? Ist das Volk gesund? Und viele andere Fragen muss die Imkerin stets beantworten können. «Sie geben den Takt an», so Rütti. «Ich bin eigentlich ihre Bedienstete», sagt sie lachend.
Sie werde aber auch reichlich belohnt dafür. Neben dem Honig, den die Imkerin bereits beim Öffnen des Stocks genüsslich riechen kann, ist es die Teilhabe an einem Wunder der Natur. «Es ist einfach faszinierend, wie ein Bienenvolk aufgebaut ist und funktioniert.» Jede Biene weiss ab dem ersten Augenblick nach dem Schlüpfen, was ihre Aufgabe ist. Sie beginnt mit dem Putzen ihrer Zelle. Dann gehts weiter mit dem Füttern der Larven. Viele weitere Aufgaben folgen, basierend auf dem Alter der Arbeiterbiene, die im Sommer durchschnittlich drei bis sechs Wochen und im Winter vier bis fünf Monate lebt.
Besonders angetan ist Rütti von der Königinnenzucht. «Eine einzige Biene legt die Basis für das ganze Volk.» Gewählt werde sie aber «demokratisch», erklärt die Imkerin. Wenn das Volk merkt, dass eine neue Königin nötig wird, beginnt es ein Ei mit Gelée Royale zu füttern. Bei einer angesetzten Königinnenzucht weiss Heidi Rütti auf den Tag genau, wann der Schlupftag ist. Dann muss sie da sein. «Das sind die Tage, welche ich im Kalender rot anstreiche. Egal wie toll das Wetter ist und was der Rest der Familie unternimmt, ich kann dann einfach nicht weg.»
Die Stunden hinter dem Mikroskop
Fasziniert ist sie auch von der Bienenkönigin an sich, die mit nur einer Begattung bis vier Jahre lang Eier produzieren kann. Zudem kann die Königin klar zwischen befruchteten und unbefruchteten Eiern unterscheiden und sie je nach Zellengrösse in die passende Zelle befüllen. Wie das genau geht, kann Rütti millimetergenau erklären. An ihrem im Bienenhaus installierten Mikroskop hat sie schon Stunden verbracht und die kleinen Wesen bei der Arbeit beobachtet. «Wenn man eine Biene mal von Nahem gesehen hat, kann man nichts anders als beeindruckt sein von der Schönheit dieses Tieres.»
Das merke sie auch bei den regelmässigen Führungen für Schulklassen oder Vereine. «Es ist so schön zu sehen, wie gut und konzentriert Kinder zuhören und sich auf das Thema einlassen können», sagt Rütti, die bei ihren Führungen alle Sinne der Gäste anspricht. Dieses Angebot ergab sich ziemlich zufällig. Als ihre Kinder noch in die Schule gingen, fing es an mit einem spontanen Klassenbesuch, es folgten Anfragen von Bekannten und so kam es schliesslich zur Zusammenarbeit mit dem Naturpark Thal, für welchen Rütti nun offiziell Führungen anbietet.
Bewusstsein für die Natur
Für Rütti sind die Führungen viel mehr als nur ein schönes Erlebnis. «Es ist so wichtig, dass Menschen – je früher desto besser – ein Bewusstsein für die Zusammenhänge in der Natur entwickeln und leben.» Jede und jeder könne die Natur unterstützen. Das fange schon beim eigenen Garten an. Je wilder, desto besser, lautet ihre Devise.
«So können sich viele Insekten und andere Tiere wohlfühlen und ihrer wichtigen Tätigkeit nachgehen.» Natürlich seien die Insekten nicht die einzigen, die eine Arbeit verrichten müssen. Dabei denkt sie zum Beispiel auch an die Landwirte. Auch sie hätten Bedürfnisse. «Es braucht einfach einen Dialog zwischen allen Interessengruppen. » Denn nur zusammen könne man eine nachhaltige Lösung finden, die für alle passt. Auch für die Bienen.