Würden Sie von sich sagen, dass Sie ein nachtragender Mensch sind? Dass Sie bestimmte Kränkungen noch immer nicht vergessen haben? Dass Sie denjenigen, die Sie verletzt oder enttäuscht haben, einfach nicht vergeben können?
Herzlichen Glückwunsch, wenn Sie ohne lange zu zögern mit einem deutlichen Nein antworten. Dann sind Sie nämlich davon verschont, wie «Nachtragend sein» sich ungünstig auf die Gesundheit auswirken kann. Kürzlich bin ich über einen Artikel gestolpert, der mich richtig nachdenklich gemacht hat. Es ging um die Forschungsarbeit der beiden Psychologen Yu-Rim Lee und Robert Enright, die 128 Studien mit insgesamt 58 000 Teilnehmenden ausgewertet haben. Sie wollten herausfinden, wie körperliche Gesundheit mit der Fähigkeit zusammenhängt, anderen zu vergeben. Dabei haben sie Cholesterinwerte berücksichtigt, Stresshormone, Autoimmunerkrankungen oder auch Bluthochdruck. Fazit: Die Probanden, die anderen eher vergeben konnten, waren gesünder als diejenigen, denen das schwerer fiel – unabhängig von ihrem Alter, Geschlecht, Beschäftigungsstatus oder ihrer Herkunft.
Natürlich, manchmal ist es eine grosse Herausforderung und kostet mehr Überwindung, als einem lieb ist. Vielleicht hilft es dann, noch genauer hinzuschauen. Ich bin keine Psychologin, aber haben Sie sich schon mal überlegt, ob Sie jemandem nicht verzeihen können oder ob Sie nicht wollen? Es ist ein nicht ganz unwichtiger Unterschied. Wer anderen verzeihen kann, hilft in erster Linie sich selbst. Klingt gut, oder?
Sabrina Glanzmann trägt in puncto Vergeben auch noch ein paar Altlasten mit sich herum, ist aber zuversichtlich, diese bald in den Sondermüll werfen zu können.