Patrick Lüthy hat ein neues Fotobuch herausgebracht – und es ist etwas schräg: Es zeigt Aufnahmen rund um die Autobahn im Kanton Solothurn. Dazu inspiriert wurde er von Mike Müller. Dieser hatte 2016 zusammen mit seinem Bruder Tobi unter dem Titel «A1 – ein Stück Schweizer Strasse» sowohl ein Theaterstück als auch einen DOK–Film realisiert.
Die Autobahn bloss abfahren wollte der in Egerkingen wohnhafte Fotograf Patrick Lüthy jedoch nicht. In seinem Wohnort waren ihm die Naturstrassen entlang der Autobahn aufgefallen. Er überlegte, ob es wohl möglich sei, die Autobahn auf dem ganzen Kantonsgebiet einmal zu umrunden.
Ausgerüstet mit Rucksack, Wanderschuhen und Proviant startete er zusammen mit Sohn Tim bei der Autobahnbrücke in Walterswil. Schon bald musste das Team feststellen, dass es nicht immer möglich ist, direkt entlang der Autobahn zu wandern. Plötzlich hörten die Naturstrassen bei einer Industriezone jäh auf: «Durchgang verboten» stand auf fast nicht mehr lesbaren Schildern, die aus einem Gestrüpp herausragten.
Oft versperrten auch Mauern oder ein Zaun den Weg im Niemandsland. In diesem Fall gab es kein Weiterkommen und es musste die zur Autobahn am nächsten gelegene Ausweich-Route gesucht werden.
170 Kilometer zu Fuss und per Rad
Schnell merkten die Autobahnumrunder, dass über 42 Stunden benötigt würden, um die gesamte Strecke von gut 170 Kilometern per pedes zu bewältigen. Um die erforderliche Zeit etwas zu reduzieren, wurden gewisse Strecken nun auch mit dem Velo befahren. Bei diesen Fahrten kam mit Sohn Fabian ein weiterer Begleiter hinzu.
Das Wandern direkt neben der Autobahn ist jedoch gewöhnungsbedürftig: Der auf der einen Seite ohrenbetäubende Lärm der vorbeifahrenden Lastwagen und Autos stand im krassen Gegensatz zur Ruhe der Landschaften, Feldern oder Waldabschnitten. Es schien, dass nur Hundehalter oder Reiter auf diesen Abschnitten so nah der Autobahn unterwegs sind. Oder dann Bauern, die unter den Autobahnbrücken ihre Anhänger parkieren.
Andererseits entdeckte das Wanderteam Abschnitte, wo vermutlich seit langer Zeit niemand mehr entlanggelaufen war. Bei Oensingen gibt es eine besonders eindrückliche Strecke, wo die A1 mit Lärmschutzwänden vom mit weidenden Kühen des nahegelegenen Bauernhof Hofstetter getrennt ist. Heile Welt hier, Lärm und gestresste Mobilisten dort, Beton wenige Meter entfernt von Gemüseund Zwiebelfeldern.
Bienenhäuser vor der Autobahn in Boningen. Entlüftungsschacht des Belchentunnels.
Von Walterswil bis Grenchen
Das Fotobuch ist in vier Etappen eingeteilt. Vom Ausgangspunkt in Walterswil führt die Wanderroute der A1 entlang bis zur Abzweigung der A2 bei Egerkingen nach Basel und bis zum Belchentunnel. Wer möchte, kann von dort aus den einzigen auf Solothurner Kantonsgebiet stehenden Entlüftungsschacht des Tunnels besuchen.
Dann geht es wieder hinunter zur A1 entlang der Dünnern durchs Gäu bis zur Abzweigung in Luterbach, wo die A5 bis nach Grenchen führt. Von hier geht es auf der anderen Seite zurück zur Abzweigung Luterbach und dann wieder der A1 entlang bis zum äussersten Autobahnzipfel des Kantons in Recherswil.
Damit ist die Hälfte geschafft und es geht auf der anderen Fahrspurseite der A1 zurück zum Ausgangspunkt in Walterswil.
Hintergrund zum Betrieb der A1
Patrick Lüthy hat ergänzend zur Wanderung zwei Kapitel mit Blick hinter die Fassade der Autobahn hinzugefügt und dazu die Polizei sowie die Werkhofmitarbeiter der Nationalstrassen Nordwestschweiz AG (NSNW) in Oensingen begleitet. Die Texte zur Geschichte der Autobahn stammen vom Historiker und Publizisten Urs Amacher aus Olten. Das Fotobuch ist mit der Webseite www.imagopress.ch/Autobahn verlinkt. Von dort aus gelangt man auf die von Thomas Ledergerber präzise erstellten Wanderkarten auf SchweizMobil. In einem Online-Fotoalbum sind alle Fotos der Tour zu sehen, inklusive GPSStandorte. Zudem kann das Buch als Online-Version komplett angeschaut werden.
Der Blick auf die A1 aus der Luft zeigt den Kontrast zwischen Autobahn, Lagerhallen und Natur. Mitarbeiter der NSNW bei Reinigungsarbeiten auf der A2.
Bilderausstellung am 26. September
Am Sonntag, 26.September, zeigt Patrick Lüthy die Bilder aus dem Buch in einer Ausstellung im «Rössli»-Saal in Oensingen. Als Bonus werden zudem die weiteren Bücher «Lockdown 2020» sowie «Die Bauern aus Aedermannsdorf » und «Oensingen» zu sehen sein. Türöffnung ab 12 Uhr. Freie Besichtigung mit den notwendigen Corona- Schutzmassnahmen.