Maria Felchlin / Anzeiger Thal Gaeu Olten
Pionierin der Frauenrechte: Die Oltner Ärztin Maria Felchlin.

Ein Leben lang das «Frölein Dokter»

Die Gäuer Spielleute zeigen ab dem 20. August ein Stück zu «50 Jahre Frauenstimmrecht»

Sie war die erste Ärztin im Kanton Solothurn, sie war eine talentierte Pistolenschützin und sie war eine Kämpferin für die Rechte der Frauen: «Frölein Dokter Felchlin» hat in Olten zahlreiche Spuren hinterlassen. Christoph Schwager hat daraus zum Jubiläum «50 Jahre Frauenstimmrecht» ein Theaterstück erarbeitet und mit den Gäuer Spielleuten inszeniert. Am Freitag, 20. August, ist Premiere.

Zum elften Mal führt Christoph Schwager bei den Gäuer Spielleuten Regie, zum zehnten Mal ist er zugleich auch Autor des Stückes. «Schon vor vier Jahren war im Verein vorgeschlagen worden, im Jubiläumsjahr des Frauenstimmrechts ein Schauspiel aufzuführen», sagt Schwager. Obwohl der Auftrag allgemein gehalten war, wurde es ihm bald klar, dass sich das Stück um eine Person oder eine Gruppe drehen muss. «Und relativ rasch stiess ich auf Maria Felchlin, weil sie aus der Region stammte, weil sie eine starke Frau war, und weil es über sie sehr viel zu erzählen gibt.»

Mündliche Überlieferungen
«Ich konnte extrem viel Material zusammentragen », erklärt Schwager. Der ehemalige Gymnasiallehrer Peter André Bloch, Historiker Hans Brunner, aber auch Grossnichte Martina Felchlin sowie Silvia Sidler, die ehemalige Leiterin des Altersheims Weingarten, hätten unzählige Geschichten zu erzählen gewusst. Und aus der Gosteli-Stiftung in Worblaufen, die ein Archiv über die Schweizer Frauenbewegung aufgebaut hat, erhielt Schwager Kopien der Dokumente über Maria Felchlin. Zudem verfügt die Stadtbibliothek Olten über die von ihr verfassten poetischen Büchlein sowie über ihr Buch zur Matzendorfer Keramik.

«Davon das Richtige und Wichtige auszuwählen war etwas vom Schwierigsten dieses Stückes, zumal es noch nicht so lange her ist und die Leute sie noch gekannt haben», sagt der Autor. «Aber auch das Verbinden ihrer Biografie und des politischen Prozesses der Frauenbewegung war fordernd.» Dass er selber die Protagonistin des Stückes nicht gekannt hatte und sich auf andere abstützen musste, hat ihn hingegen nicht belastet. «Aufgrund des Gelesenen und des Erzählten habe ich mir ein Bild gemacht. Das ist subjektiv, wie jedes Bild, das sich ein Mensch von einem anderen macht. Ich zeige eine sympathische Frau, die zwar ihre Ecken und Kanten hatte, aber ohne hätte sie auch keine Chance gehabt.» Gerade das scheint Schwager gepackt zu haben, die Eigenheiten, ihre Diskrepanz zwischen der manchmal sehr burschikosen und dann wieder sehr empathischen Art.»

Davon lebt schliesslich das Stück, das die Lebensabschnitte der Oltnerin und gleichzeitig jene der Frauenbewegung nacherzählt. Und mit jeder Szene, unter anderem als Mädchen, als Schützin oder schliesslich im Altersheim, werden dem Publikum Leben und Denken von Maria Felchlin ein Stückchen nähergebracht. Pardon, von Frölein Dokter Felchlin, wie sie zeitlebens genannt wurde und wohl auch genannt werden wollte. Selbst von Pauline Grob, ihrer ersten und einzigen Arztgehilfin, die sie ein Leben lang begleitet hat. Grob hielt sich stets im Hintergrund, aber hatte ein gewichtiges Wort mitzureden. Als Maria Felchlin ins Altersheim eintrat, bezog sie mit Pauline und ihrer Schwester eine Zweizimmerwohnung, wobei Felchlin und Grob das «Wohnzimmer» als Schlafstube teilten. Und gleichwohl: Grob siezte weiterhin ihre einstige Chefin, nannte sie «Frölein Dokter» und rückte ihr bei Bedarf den Stuhl zurecht …

Fiktive Personen hinzugefügt
«Begebenheiten gibt es viele, aber oft weiss man nicht, welche anderen Personen beteiligt waren», stellte Schwager bei seinen Recherchen fest. Deshalb ist nur eine kleine Gruppe an Personen um Maria Felchlin real. Eine Mehrheit der Figuren im Theaterstück hat der Autor erfunden und aus einem überlieferten Sachverhalt eine fiktive Episode gemacht. «Das macht die Theaterarbeit auch spannend. Etwas Neues auf die Bühne bringen, eine Geschichte, die mit der Region verbunden ist.»

Mit neuer Projektleiterin, Online-Sitzungen und angepasstem Probebetrieb der Pandemie getrotzt
Zum ersten Mal wirkt Irma Stöckli bei den Gäuer Spielleuten als Projektleiterin. «Ich war zuvor schon einige Jahre im Vorstand, habe in den letzten beiden Produktionen Marketing und Werbung betreut. Nun, mit dem Eintritt ins Rentenalter, habe ich auch die Zeit, um tagsüber einer derartigen Aufgabe nachzugehen», sagt die Neuendörferin.

Früher hatte Stöckli ihre Freizeit vor allem dem Breitensport im Turnverein und den Verbänden gewidmet. «Aber das Theater hat mich immer fasziniert, deshalb habe ich vor zehn Jahren auch die dreijährige Theaterausbildung bei Christoph Schwager absolviert.» Als ehemalige kaufmännische Angestellte legt Stöckli einen grossen Wert auf Terminplanung und Organisation sowie auf eine offene und sachliche Kommunikation. Was sich unter anderem darin manifestierte, dass sie das Organigramm zukunftsgerichtet anpasste und ein Projektteam mit acht Ressortchefs und insgesamt 31 Mitarbeitenden bildete. «Bislang ist sehr viel über den Vorstand gelaufen. Nun wurde die operative Leitung des Projektes vom Vorstand losgelöst », sagt Stöckli.

Online-Sitzungen
«Am Anfang war ich skeptisch, vor allem wegen der Finanzen», gibt Stöckli ihre anfängliche Haltung wieder. «Aber das Thema ist halt mit diesem Jahr verbunden, das konnte man nicht verschieben», ergänzt Christoph Schwager. Man habe darum gerungen, nicht alle seien stets derselben Meinung gewesen, und man habe das Ganze auch immer wieder hinterfragt, wird aus dem Vorstand berichtet.

Die Beharrlichkeit hat sich gelohnt: Trotz der Erschwernis mit Online-Sitzungen des Projektteams und der Ressorts bis diesen Frühling konnten die erforderlichen Arbeiten plangemäss umgesetzt werden. Der hinausgezögerte Beginn des Vorverkaufs und die Bedingung, nur zwei Drittel der 214 Tribünenplätze zu besetzen, sind dabei die auffälligsten Pandemie-Massnahmen. Dafür darf man das Freilichttheater vor der Schälismühle ohne Maskenpflicht geniessen …

Respekt vor der Hauptperson
Fragt man die Projektleiterin nach ihrer Beziehung zu Maria Felchlin, so zollt sie der Ärztin grossen Respekt. «Sie musste sich vieles erkämpfen. Sie hat die Realität gesehen und etwas unternommen», sagt Stöckli. «Solche Persönlichkeiten habe ich gern.»

Maria Felchlin / Anzeiger Thal Gaeu Olten
Die beiden Hauptverantwortlichen: Irma Stöckli und Christoph Schwager.


Andere Probestruktur
Insgesamt 18 Schauspielerinnen und Schauspieler verkörpern die 23 Figuren, dazu kommt ein 18-köpfiger Frauenchor, der unter der Leitung von Michaela Gurten die von Christoph Mauerhofer komponierten Lieder einstudiert hat.

Für den Regisseur war es eine besondere Herausforderung, unter Pandemie- Bedingungen das Stück vorzubereiten. «Das Casting habe ich einzeln durchgeführt, mit jedem und jeder Mitwirkenden 45 Minuten», beschreibt Schwager das Vorgehen. «Im ersten Probeblock, in dem es primär um die Personage geht, haben wir in Vierergruppen gearbeitet. Das war viel aufwändiger, für den Einzelnen wiederum kürzer, dafür intensiver.»

Dass das Wetter der Freilichtproduktion bislang nicht gut gesinnt war, brachte weitere Erschwernisse. Ein paar Mal mussten Proben im strömenden Regen abgebrochen und vereinzelt nach drinnen verlegt werden. Zumindest diese Woche sind nun sommerliche Bedingungen zurückgekehrt, die in Oberbuchsiten nun mindestens bis zur Derniere am 11. September anhalten sollten.

Die Spieldaten
Die Saison der Gäuer Spielleute dauert vom 20. August bis 11. September. Die Aufführungen vor der Schälismühle Oberbuchsiten beginnen jeweils um 20.15 Uhr.

Da einzelne Abende bereits ausverkauft und über 85 Prozent der Plätze gebucht sind, wurden bereits drei Zusatzvorstellungen angesetzt: Mittwoch, 25. August, Dienstag, 31. August, und Dienstag, 7. September.

Weitere Informationen auf der Website www.gäuer-spielleute.ch (Link auf die Ticketplattform von eventfrog.ch).

Text: NIC & Bilder: ZVG