Mit dem Beschluss des Nationalrates vom 20. September sowie den Differenzbereinigungen in beiden Kammern am 28. und 30. September wurde das Gesetz über den unterirdischen Gütertransport verabschiedet und damit die Grundlage für Cargo sous terrain geschaffen. Die Region ist von diesem Projekt besonders betroffen, soll doch in einer ersten Etappe die Logistik-Region Gäu mit Zürich verbunden werden.
Das Bundesgesetz über den unterirdischen Gütertransport (UGüTG) gibt Cargo sous terrain (CST) die juristische Grundlage, um das Projekt mit gesicherten Rahmenbedingungen verwirklichen zu können.
Am 1. Juni hatte der Ständerat als Erstrat das Gesetz mit 39 Ja ohne Gegenstimme und nur einer Enthaltung angenommen. Im Nationalrat hingegen stiess die Gesetzesvorlage nicht auf allseitige Zustimmung: 137 Parlamentatierinnen und Parlamentarier stimmten dafür, deren 34 dagegen, dazu gabs 15 Enthaltungen. Aus sechs der sieben nationalrätlichen Franktionen resultierte eine grosse Ja- Mehrheit mit insgesamt nur 6 Gegenstimmen, allein die SVP votierte mit 33 Nein zu 9 Ja bei 9 Enthaltungen gegen den Gesetzesentwurf.
Enteignungsrecht und Energie
Bei den diversen redaktionellen und inhaltlichen Anträgen zum Gesetz ging es vor allem um die beiden Themen Enteignungsrecht und die Definition, welche Energie genutzt werden soll beziehungsweise werden darf. Mit klarer Mehrheit wurde unter anderem abgelehnt, dass der verwendete Strom aus zertifizierter erneuerbarer Energie zu stammen hat. Eine ebenso deutliche Mehrheit fand sich dagegen für den Passus, das Unternehmen habe nachzuweisen, dass der Strom aus erneuerbarer Energie beziehe.
Generell lehnen sich das Gesetz und das Bewilligungsverfahren stark an das Eisenbahngesetz an. Die Betreiber unterstehen der Grundsatz der Nichtdiskriminierung und müssen ihre Transportpflicht wahrnehmen sowie den Zugang zu gleichen Bedingungen ermöglichen. Hervorgehoben wurde in den Debatten zudem, dass solche strategisch extrem relevanten Infrastrukturen in Schweizer Händen zu sein und zu bleiben hätten.
Betriebsaufnahme im Jahr 2031
2026 soll der Bau der ersten Teilstrecke beginnen, 2031 diese in Betrieb gehen. Parallel zu den Planungsarbeiten wird die Citylogistik in Zürich und weiteren Städten hochgefahren, da diese ein integrierter Bestandteil der CST-Dienstleistung ist. Für die Transporte der «letzten Meile» in den Städten arbeitet CST mit einer grossen Zahl von Logistikunternehmen zusammen.
Keine Kosten für die öffentliche Hand
Eine Mitfinanzierung durch den Bund ist nicht vorgesehen. CST ist ein Projekt von Mobiliar, SBB, Post, Swisscom, Coop und Migros. Der Vollausbau soll ein Netz von 500 Kilometern umfassen. Das Projekt kostet bis zu 35 Milliarden Franken und soll bis 2045 abgeschlossen sein. Zu den über 80 Aktionären von Cargo sous terrain gehört neu mit einem Verwaltungsratssitz auch IWB, das baselstädtische Unternehmen für Energie, Wasser, Mobilität und Telekom.
«Die Basis für die Baubewilligungsverfahren»
«Die CST AG mit ihren über 80 Aktionären freut sich sehr, dass die Realisierung des privat finanzierten Gesamtlogistiksystems von einer breiten Mehrheit im Parlament getragen wird», schreibt Cargo sous terrain in einer Medienmitteilung.
Ein baldiges Inkrafttreten des Gesetzes erlaube es CST, die detaillierte Planung der ersten Teilstrecke von Härkingen- Niederbipp nach Zürich bis zur Baubewilligungsreife voranzutreiben. Mit dem Gesetz können auch die für die Realisierung notwendigen Verfahren auf Bundes- und Kantonsebene beginnen. Dabei handelt es sich um die Sach- und Richtpläne sowie das Bewilligungsprozedere in Regie des Bundesamts für Verkehr.
Ebenso ist CST mit den Gemeinden und Kantonen entlang der ersten Teilstrecke in Kontakt, um die Realisierung zusammen mit ihnen vorzubereiten. Aus der Sicht von CST gewährleistet die vom Nationalrat beschlossene Gesetzesfassung einen umsichtigen Interessenausgleich zwischen den involvierten Akteuren. Dazu gehören Bund, Kantone, Gemeinden und Grundeigentümer sowie die Aktionäre und Investoren von CST. CST stellt einen emissionsfreien und klimaneutralen Lieferverkehr sicher und wird als nachhaltiges Gesamtlogistiksystem ein wichtiger Teil des Schweizer Logistikalltags und der Versorgung von Handel, Industrie und Bevölkerung werden. Für die öffentliche Hand entstehen durch CST, wie von Beginn weg vorgesehen, keine finanziellen Lasten.
Was in Bundesbern bei den Gesetzesberatungen zum Projekt Cargo sous terrain gesagt wurde:
Simonetta Sommaruga (Bundesrätin SP, Departementsvorsteherin UVEK): «… Es ist eine private Initiative, die hinter dem neuen Verkehrsträger steht. Wir sind uns gewohnt, dass grosse Infrastrukturen meist vom Staat geplant und auch finanziert werden, und hier ist es eben anders. … Mit dem in der Botschaft beschriebenen Projekt betreten Sie als Gesetzgeber und betritt der Bund in mehrfacher Hinsicht Neuland. Da braucht es schon ein gutes Zusammenspiel zwischen den bestehenden Strassen- und Schieneninfrastrukturen. …»
Pirmin Bischof (Ständerat Die Mitte, SO): «… Hier sprechen wir von einem Grossprojekt. Es ist zunächst einmal visionär … Aber das Projekt ist doch schon so nahe an der Realität, dass es nicht nur eine Vision ist. … Ich möchte bei dieser frühen Gelegenheit schon darauf hinweisen, dass eben eine Gegend wie das Solothurner Gäu, das zu einer Verteilstelle für die ganze Schweiz wird, auch achtsam zu behandeln ist, wenn es um den zusätzlichen Verkehr und die zusätzlichen Schadstoffkosten geht, damit das bei der entsprechenden Realisierung dann auch berücksichtigt wird, …»
Barbara Schaffner (Nationalrätin Grünliberale, ZH): «… Es ist lange her, dass in der Schweiz ein so grosses, revolutionäres Infrastrukturprojekt gewagt wurde. Entsprechend hört man trotz dem Wohlwollen hinter vorgehaltener Hand auch viel Zweifel, Kritik und Zurückhaltung – ganz wie es der Schweizer Mentalität in der heutigen Zeit entspricht. …»
Michael Töngi (Nationalrat Grüne, LU): «… CST kann zum fossilfreien Gütertransport in der Schweiz einen Beitrag leisten. Das Konzept ist innovativ, es umfasst nicht nur den eigentlichen Transport, das ist wichtig, sondern auch die weiteren Logistikschritte und kann vor allem für die Citylogistik sehr wichtig sein. …»
Benjamin Giezendanner (Nationalrat SVP, AG): «…Aber es ist ein grosses Fragezeichen hinter die Wirtschaftlichkeit, hinter die Rentabilität des Geschäftsmodells zu setzen. In der Zeit der Digitalisierung und der Automatisierung wird es auch weiterhin zwei Umschläge dieser Güter geben. Sie sind an ein fixes System gebunden. Da muss man sich als Logistiker fragen: Kann es sein, dass das tatsächlich auch wirtschaftlich umsetzbar ist? …»
Jon Pult (Nationalrat SP, GR): «… Das Gesetz ist bewusst – und ich meine zu Recht – unternehmensneutral formuliert. … Und doch ist, glaube ich, allen klar, dass es real um eine Grundvoraussetzung geht, damit die Gesellschaft CST ihr höchst ambitioniertes – ich würde sogar sagen futuristisches – Projekt weiterentwickeln kann. …»
Christian Wasserfallen (Nationalrat FDP, BE): «… Dieses Gesetz auf Vorrat ist ein Ermöglichungsgesetz. … CST schafft eine Infrastruktur, die sich nicht einfach bewegen lässt. Die wenigen Zugangspunkte bieten im Vergleich zu den heutigen Schienen- und Strasseninfrastrukturen nicht nur Vorteile. …»