Durch seinen Vater hat der Gäuer Tobias von Arb die Liebe zur Musik und zum Chor entdeckt. Heute dirigiert er den Kammerchor Buchsgau sowie zwei weitere Formationen. In seinem Schaffen legt er gerne den Blick auf die verkannten Meisterwerke der Musikgeschichte.
Die Charts kann Tobias von Arb nicht hören, ohne sich zu ärgern. Zu simpel erscheint ihm die Produktion aktueller Popsongs. «Ich bewerte Musik nach Können und Aufwand», sagt er. Kein Wunder – Tobias von Arb’s Ohren sind an anderes gewöhnt. An Kompositionen aus vergangenen Jahrhunderten zum Beispiel. Das Alte liegt ihm auch sonst. Wären seine Eltern nicht gewesen, vielleicht wäre aus ihm ein Philologe geworden, sagt der 48-Jährige. Altgriechisch und Latein waren in der Kanti seine Lieblingsfächer. Warum er sich heute statt mit klassischen Sprachen mit klassischer Musik beschäftigt, das verdanke er vor allem einem: «Mein Vater ist der Grund, warum ich Chorleiter wurde.»
Die Fusstapfen des Vaters
Paul von Arb, ehemaliger Primarlehrer und Kirchenmusiker aus Neuendorf, gründete 1982 den Kammerchor Buchsgau. 2011 ist Sohn Tobias in seine Fussstapfen getreten und hat dessen Leitung übernommen. Musik sei zuhause immer omnipräsent gewesen, erinnert sich Tobias von Arb. Er begleitete seinen Vater früh an Gottesdienste, Chorproben und Konzerte.
Als Kind lernte er Klavier- und Violine spielen. Als ihm sein Vater sagte, dass er so ein gutes Taschengeld verdienen könne, begleitete er Gottesdienste auf der Orgel. Auch der Gesang habe ihm nie Probleme bereitet. Diese Multiinstrumentalität komme ihm im heutigen Berufsleben zugute, sagt von Arb. Als Dirigent kann er den Chor nicht nur stimmlich leiten, sein Verständnis für viele andere Instrumente erlaubt es ihm, die Sängerinnen und Sänger ganzheitlich zu betreuen.
Werke näherbringen
Als Chorleiter ist Tobias von Arb für das Dirigieren bei Chorproben und Aufführungen zuständig, aber auch für die stimmliche und musikalische Ausbildung der Chorsänger und für die Auswahl und Komposition der Stücke, die aufgeführt werden. Neben dem Kammerchor Buchsgau, hat er noch zwei weitere feste Engagements. Er leitet die Chöre Cantate Basel und Zürcher Singkreis. Die Stelle als Dirigent des Orchestervereins Nidwalden hat er vergangenen Sommer aufgegeben, um einen Abend mehr bei seiner Frau und den vier Söhnen zu sein. Rund 30 bis 40 Auftritte hat er in pandemiefreien Jahren.
Seine Chöre haben alle eine Gemeinsamkeit: Die Sängerinnen und Sänger sind Laien. Ihm gefalle diese Arbeit sehr, sagt von Arb. Die Mitglieder seiner Chöre seien gestandene Leute mit stimmlichen Ambitionen. «Sie sind in Sachen Intelligenz und Lebensführung mindestens auf Augenhöhe mit mir.» Ihnen könne er die Werke verkannter Komponisten im Detail näherbringen. Ihnen wie bei einem guten Cognac deren Essenz erklären. «Meine Proben sind immer auch zehn Prozent Vorlesungen», sagt er und lacht. Da es sich um Hobbysängerinnen- und sänger handelt, kann er sich mehr Zeit nehmen, um sie für ein Konzert vorzubereiten. «So liegt mit einem Laienchor in einem Dreivierteljahr oft mehr drin als mit Profis, die etwas übers Wochenende einstudieren.» Als autoritärer Maestro, wie man ihn sich vielleicht vorstellt, tritt er dabei aber nicht auf. Er will lieber über das Musikalische punkten und den Chormitgliedern auf kollegialer Ebene begegnen.
Viel zu entdecken
In seiner Arbeit geht Tobias von Arb oft eher ungewöhnliche Wege. Statt auf die grossen Klassiker von Bach und Co. setzt er lieber auf Komponisten und Stücke, denen eher wenig Beachtung geschenkt wird. Ihnen geht er gerne auf den Grund: «In dieser Musik gibt es viel zu entdecken», sagt von Arb. Oft versucht er auch zwei oder drei Stücke in einem Konzert zuverbinden und so Neues zu schaffen. So etwa im vergangenen Dezember, als der Kammerchor Buchsgau ein Programm aus den bedeutendsten Werken des französischen Barocks spielte. Das «Te Deum» von Jean-Baptiste Lully war im 17. Jahrhundert das meistgespielte Stück überhaupt, heute ist es den Wenigsten ein Begriff. Tobias von Arb brachte es in die Pfarrkirche in Neuendorf.
Diese Art Konzerte zu planen, birgt auch ein Risiko. Grosse Namen wie Bach und Mendelssohn ziehen Publikum an und spülen Geld in die Chorkassen. Sobald ein etwas unbekannteres Stück auf dem Programm steht, werde es schon schwieriger. Alle drei Jahre greift deshalb auch Tobias von Arb gerne in die Klassikerkiste. Bevor es wieder so weit ist, erfüllt er sich aber noch einen Jugendtraum. Sein neustes Projekt ist ein Konzert mit seinen drei Chören gemeinsam. Aufgeführt wird eine Kombination aus Werken des österreichischen Vertreters der Wiener Klassik, Joseph Haydn, und dem im 20. Jahrhundert wirkenden Paul Hindemith. Er nennt das Projekt «ein Abenteuer». Aufgeführt werden soll es im Oktober dieses Jahres in der Friedenskirche Olten. Tobias von Arb hat vier Söhne. Will auch er seine Leidenschaft an sie weitergeben? Ja, das sei ihm schon wichtig, sagt er. Zwei Söhne spielen Cello, einer Oboe. Aber er betont: «Ich bin weit weg davon, sie in einen musikalischen Job zu drängen.» Er wisse aus eigener Erfahrung, wie hart es ist. «Musik ist 50 Prozent Talent und 50 Prozent Selbstmotivation.» Mehr Informationen zum Chor unter: buchsgau.ch
Zur Person
Der gebürtige Neuendörfer Tobias von Arb, Jahrgang 1973, leitet seit 2011 den von seinem Vater gegründeten Kammerchor Buchsgau. Nach einem Klavier- und Chorleiterstudium an der Musikakademie Basel begann er 2000 das Kappellmeisterstudium an der renommierten Universität für Musik und Darstellende Kunst in Wien, welches er mit Auszeichnung abschloss. Neben seinem Engagement vor der Haustür leitet er die Chöre «Cantate Basel» und «Zürcher Singkreis». Ausserdem ist er Klavierlehrer an der Musikschule Sursee. Mit seinen drei Geschwistern steht er zuweilen auch selber auf der Bühne. Gemeinsam bilden sie das Streichensemble «Phonarb». Tobias Von Arb lebt gemeinsam mit seiner Frau und den vier Söhnen in Olten.