1000er-Staegli Aarburg / Anzeiger Thal Gäu Olten
244 Meter Höhendifferenz, 47,3 Prozent Steigung: Das 1000er-Stägli am Oltner Born ist nicht ohne, und vielleicht genau deshalb beliebtes Ziel bei Sportlerinnen und Sportlern.

Atemlos die teuflische Himmelsleiter empor

Sommerserie «Mit Muskelkraft und Open Air» (3): Fitness-Standortbestimmung am 1000er-Stägli

Wer eine echte Challenge sucht, der findet sie auf dem 1000er-Stägli am Born. Ausdauer, Oberschenkelmuskulatur und Durchhaltevermögen sind gefragt, wenn die kleinen Treppen nicht enden wollen und die Luft gefühlsmässig immer dünner wird.

Dass das 1000er-Stägli kein Geheimtipp mehr ist, das ist schon bei der Ankunft am Parkplatz klar. Diesen erreicht man über die Strasse, die von Aarburg nach Boningen führt. Kreuz und quer parken die Wagen an diesem heissen Sonntagvormittag nahe der Autobahn. Die steile Waldtreppe am Born ist bei Sportlerinnen, Sportlern, und solchen, die es werden wollen, beliebt. Deshalb darf sie in der Sommerserie zur Muskelkraft nicht fehlen – diese braucht es nämlich, und: Die stetige Überwindung des eigenen Schweinehundes.

Das 1000er-Stägli, das nicht wie oft vermutet in Aarburg, sondern auf Oltner Boden liegt, gibt es schon seit 1904. Damals hiessen die Treppen noch Bornstiege und wurden entlang der Druckleitung des Hochdruck-Speicherkraftwerkes Ruppoldingen errichtet. Als diese zurückgebaut wurde, verlor die Bornstiege ihre Funktion und geriet beinahe in Vergessenheit, bis in den 80ern eine Gruppe rund um den 2001 verstorbenen Herbert Scheidegger die «Himmelsleiter» sanierte. Noch heute sind es Freiwillige, die sie regelmässig unterhalten.

Mit den Jahren hat sich das 1000er-Stägli zum Fitness-Mekka der Region entwickelt. Die Strecke, die beim Aufstieg zurückgelegt wird, beträgt rund einen halben Kilometer. 244 Meter Höhendifferenz werden bewältigt, was einer Steigung von nicht weniger als 47,3 Prozent entspricht. Und die wohl wichtigste Information: der Name 1000er-Stägli ist eine Täuschung – es sind sogar 1150 Treppenstufen…


Der Puls steigt
Mit all diesen Fakten im Hinterkopf kann der erste Selbstversuch gewagt werden. Vom Parkplatz aus führt ein kurzer Weg durch den Wald zum Start. Kurz durchatmen, Motivation sammeln und los gehts. Und schon nach wenigen Stufen ist klar: Die faulen Pandemiemonate auf dem Sofa rächen sich genau jetzt. Der Puls steigt, das Atmen fällt schwer, die Beine brennen. Alle 100 Tritte zeigen kleine Täfelchen, wie weit man bereits gekommen ist. Die Motivation schwindet, wenn klar wird: nach 200 Stufen ist die erste Pause nötig.

Dafür nutzt man am besten die Querstrassen im Wald, die alle paar Höhenmeter die Treppen unterbrechen. Dort sind teilweise auch Bänke zu finden, falls es einer grösseren Ruhepause bedarf. So bremst man die anderen Aufsteigerinnen und Aufsteiger nicht aus, die von unten her nachkommen. Gegenverkehr gibt es auf dem 1000er-Stägli nicht mehr. Seit 2020 ist pandemiebedingt nur noch der Aufstieg erlaubt. Wenige Schwarze Schafe ausgenommen, halten sich die Menschen an diesem Vormittag an diese Regel. Abwärts gehts dann auf einem Rundweg durch den Wald. Daran ist jetzt aber noch nicht zu denken, zu viele Stufen stehen noch bevor.

Wanderung der Leidenden
Läuft der Puls wieder im Normalbetrieb, gilt es eine neue Strategie auszuprobieren: Stufe um Stufe in konstant zügigem Tempo erklimmen, und dabei an etwas Schönes denken. Das funktioniert besser, ohne Pausen geht es trotzdem nicht. Dass andere den Aufstieg joggend bewältigen, scheint da unglaublich. Am 1000er-Stägli-Lauf, der in diesem Jahr am 25. September stattfindet, bezwingen die schnellsten Männer und Frauen die Stufen in unter acht Minuten.

Für die allermeisten ist an Joggen aber nicht zu denken. So auch an diesem Vormittag. Je höher es hinaufgeht, desto mehr Sportlerinnen und Sportler tummeln sich auf den schmalen Treppen, und ehe man sich versieht, findet man sich in einer Kolonne schweisstropfender und schwer schnaufender Aufsteiger wieder. Eine Wanderung der Leidenden. Die Gesellschaft von Gleichgesinnten motiviert aber auch: Und das ist dringend nötig. Ungefähr ab Stufe 700, wenn das Ziel schon greifbar scheint, wird es nochmals richtig steil. Die 1000er-Markierung zieht an einem vorbei und man verflucht den Etikettenschwindel, bis endlich ein Täfelchen mit der Aufschrift «Bravo» das Ende der Tortur besiegelt. Ein bisschen hat man die Hoffnung, dass oben jemand mit einem Glas Prosecco auf einen wartet. Stattdessen ist es unspektakulär: Man tut es den anderen Stäglibezwingern gleich und tritt umgehend den Abstieg an.


Ein Ausblick vom Känzeli zur Belohnung
Dieser führt über den gutausgeschilderten Bornrundweg und ist, marschierend, in rund einer halben Stunde zu machen. Schon nach kurzer Zeit gelangt man zu einer kleinen Plattform, auf der man mit einem tollen Ausblick bis zu den Alpen belohnt wird. Auch einen Grillplatz gibt es hier, falls es die Bratwurst oder das Vegiplätzli mit nach oben geschafft haben. Fazit: Eine tolle Challenge, die zeitweise in Frust umschlagen kann, aber sich allemal lohnt. Und ist es nur, um zu erkennen: Ein bisschen Ausdauertraining wäre in Zukunft wohl keine schlechte Idee.

1000er-Staegli Aarburg / Anzeiger Thal Gäu Olten
Beim Abstieg belohnt einen diese schöne Aussicht für die erbrachten Strapazen.

Weitere Infos: www.1000er-staegli.com

Text & Bilder: MB