Die 17-jährige Srishti Manivel ist ein wahres Wirtschaftstalent. Nächste Woche muss sie ihr Können auf einer internationalen Bühne beweisen, dann nämlich vertritt sie die Schweiz an der internationalen Wirtschafts-Olympiade, die pandemiebedingt Online durchgeführt wird. Zuvor hatte sie die nationale Ausgabe des Wettbewerbs für Nachwuchsökonomen gewonnen. Für die Schülerin und Jungunternehmerin aus Olten kam das alles überraschend, ehrgeizig ist sie trotzdem.
Srishti Manivel hat gerade viel um die Ohren. Neben diesem Interview, allgemeinem Schulstress und Volleyballtrainings, betreut sie noch ihr eigenes Unternehmen. Und als wäre das nicht schon genug, büffelt die 17-Jährige seit einigen Wochen «Financial Literacy», «Economics» und erörtert in Teamcalls sogenannte «Business Cases». Ins Deutsche übersetzt bestehen ihre Abende also gerade aus Finanzbildung, Wirtschaftswissenschaft und Geschäftsszenarien. «Ich will einfach nochmal alles geben», sagt sie. Alles geben für nächste Woche, wenn sie mit drei weiteren jungen Wirtschaftstalenten an der internationalen Wirtschafts-Olympiade für die Schweiz um Medaillen kämpft.
Qualifiziert hat sich die Schülerin der Kantonsschule Olten dafür an der nationalen Ausgabe der Wirtschafts-Olympiade. Ein Wettbewerb für junge Talente, der seit 2018 von den Organisationen Young Enterprise Switzerland (YES) und dem Verband Wissenschafts-Olympiade veranstaltet wird. Manivel und die drei anderen Gewinner haben sich am Finale Anfang Mai gegen mehr als hundert Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der ganzen Schweiz durchgesetzt.
Erfolgreiches Unternehmen
Dass sie neben der Leidenschaft fürs Singen, Klavierspielen und Gedichteschreiben auch noch Begeisterung und Talent für die Ökonomie hat, war Srishti Manivel bis vor einem Jahr gar nicht bewusst. Zwar habe sie mit ihren Eltern, die aus Indien stammen, oft über Wirtschaft diskutiert und sich deshalb an der Kanti für das Schwerpunktfach «Wirtschaft und Recht» entschieden, so richtig warm geworden sei sie damit aber nicht. Das änderte sich schlagartig, als die Oltnerin Teil des Company-Programms von «YES» wurde.
Im Rahmen eines einjährigen Freikurses starten dabei Schülerinnen und Schüler mit professioneller Unterstützung ein Miniunternehmen. Manivel und fünf Mitschüler gründeten im Rahmen des Programms das Start-up «TryNew». Ihr Produkt: Ein handgemachter Mini-Kräutergarten mit LED-Lampe für die Küche. Statt aus Plastik und in Massenproduktion, wie die meisten anderen, werden die «TryNew»-Gärten nachhaltig mit wiederverwertetem Holz in der Schreinerei des Jugendheims in Aarburg produziert. Geschäftsbericht, Kundenkontakt, Finanzplan – all das gehört seither zum Alltag der Schülerin. Fast jede Freistunde verbringt sie mit ihren Mitgründern, um weiter an der gemeinsamen Firma zu arbeiten – mit Erfolg. «Wir konnten bereits 160 Minigärten verkaufen», erzählt sie stolz. Und nicht nur das: Im zum Company-Programm gehörenden Wettbewerb hat «TryNew» sogar den Preis für das innovativste Produkt gewonnen. Für Srishti Manivel ist seither klar: Wirtschaft ist ihr Ding.
Vorbereitung mittels YouTube
Als ihr Wirtschaftslehrer Thomas Keller fragte, ob sie nicht auch an der Wirtschafts-Olympiade teilnehmen wolle, war die Entscheidung deshalb schnell getroffen: «Ich wollte es versuchen.» Grosse Chancen habe sie sich jedoch nicht ausgerechnet. Anders als die meisten anderen Teilnehmenden war Manivel erst im dritten Jahr an der Kanti und hatte daher alles rund um die Volkswirtschaftslehre – das Hauptthema des Multiple ChoiceTests in der ersten Runde – noch gar nicht behandelt. «Zur Vorbereitung habe ich mir übers Wochenende YouTube-Videos angeschaut», erinnert sie sich schmunzelnd. Am Finale kam ihr dann die Erfahrung als Jungunternehmerin zugute. Dort galt es nämlich unter anderem, das Problem eines fiktiven Unternehmens zu analysieren und Lösungen zu erarbeiten. Diese mussten schliesslich auf Englisch – die Sprache des Wettbewerbs – vor einer Jury präsentiert werden. Vor fremden Menschen die eigenen Ideen vorstellen, das hat sie im vergangenen Jahr des Öfteren geübt und auch Englisch ist für sie, die die Matura zweisprachig macht, kein Problem. Als bei der Gewinnerverkündung dann ihr Name aufgerufen wurde, sei die Überraschung trotzdem riesig gewesen, erzählt sie, und ihr ist die Freude noch heute anzumerken.
Klare Zukunftsvision
Srishti Manivel hat ihre Qualifikation für die internationale Wirtschafts-Olympiade vor allem eines gebracht: Klarheit. Klarheit darüber, worin sie in Zukunft ihren Fokus legen will. Denn Interessen und Talente hat sie viele. «Ich möchte definitiv Wirtschaft studieren, am liebsten an der HSG», sagt sie. Auch weiter hat sie sich schon ihre Gedanken gemacht. Am liebsten würde sie dereinst ein weiteres Unternehmen gründen, welches einen sozialen Auftrag erfüllt. Hier sieht die Schülerin nämlich Nachholbedarf. «Es braucht Unternehmen, die nicht nur Arbeitsstellen schaffen und die Wirtschaft ankurbeln, sondern auch konkrete Probleme lösen.» Auch in Sachen Nachhaltigkeit und Klimawandel müsse einiges passieren, sagt sie. Ihre Prognose für die Zukunft ist dennoch positiv. «Ich glaube, meine Generation bringt den Wandel.»
Bevor sie sich um ihre Zukunft kümmern kann, steht aber noch das letzte Kantijahr an und davor die internationale Wirtschafts-Olympiade nächste Woche. Grosse Hoffnungen oder Erwartungen habe sie nicht, die eine oder andere Medaille in einer der verschiedenen Wertungen wäre natürlich trotzdem das Ziel. Es ist zu spüren, ein gewisser Siegeswille ist bei Srishti Manivel vorhanden. Doch egal wie es für sie und ihr Team ausgeht, sie habe schon gewonnen, sagt sie: «Ich freue mich auf die Erfahrung.» Und feiern kann sie sogar schon vorher: Morgen, einen Tag vor Abreise, wird sie 18 Jahre alt.
Die internationale Wirtschafts-Olympiade
An der internationalen Wirtschafts-Olympiade vom 26. Juli bis zum 1. August messen sich Schülerinnen und Schüler aus rund 40 Ländern in verschiedenen Wirtschaftsthemen.
Konkret gibt es ein Simulationsspiel, in dem die Teilnehmenden Finanzpläne kreieren müssen, eine Prüfung in Wirtschaftstheorie und -praxis sowie eine Präsentation zu einem Geschäftsfall vor einer Jury. Medaillen und Preise werden in verschiedenen Kategorien verliehen, es gibt Einzel- und Gruppenwertungen. Austragungsland ist in diesem Jahr China, aufgrund der Pandemie findet der Anlass allerdings Online statt. Zuhause bleiben müssen Srishti Manivel und ihre Mitstreiter trotzdem nicht. Sie führen die Veranstaltung in der Türkei gemeinsam mit weiteren europäischen Delegationen durch
Alle Informationen zum Unternehmen «TryNew»: www.trynew.ch