Sommerserie «Mit Muskelkraft und Open Air» / Anzeiger Thal Gäu Olten
Abschluss der Sommerserie: Eine schöne, aber mühevolle Bike-Tour.

Nach «C» ohne «E» ziemlich aufgeschmissen

Sommerserie «Mit Muskelkraft und Open Air» (7 und Schluss): Auf der MTB-Route von Gänsbrunnen nach Balsthal

Die Haupterkenntnis des Tages: Auch wenn man das heimtückische Ding mit dem «C» im Namen innert einer Woche überstanden hat, so heisst das noch lange nicht, dass man wieder fit ist. So wird der Anfang der Bike-Tour zur Tortur, scheint der steile Aufstieg zum Malsenberg aussichtslos. Doch mit Mühe oben angekommen, ist der Rest der MTB-Route 44 nach Balsthal alles andere als Aussichts-los.

Helene Fischer verfolgt mich. Zumindest gedanklich: «Atemlos – de Hoger uf, zum Malsebärg fählt mir de Schnuf» werden die Strapazen in Reimform verarbeitet. Wenigstens das Hirn ist noch mit genügend Sauerstoff versorgt. Die akkustischen Absonderungen jedoch können mit jedem Dampfkochtopfventil mithalten – und ich mit der Begleiterin nur dank wiederholten Pausen. Zum Glück habe ich die Sportuhr zu Hause vergessen. Die gespeicherten passablen Durchschnittswerte würden einen rechten statistischen Dämpfer erhalten. Doch fertig gejammert! Es geht hier um eine Bike-Reportage und nicht um die Leiden des jungen W. beziehungsweise des nicht mehr ganz jungen R.

Ohne Zweifel gehört ein Mountainbike-Ausflug in eine Sommerserie über Outdoor-Aktivitäten. Im Anzeigergebiet gibt es eine einzige offiziell markierte MTBStrecke, das dritte Teilstück der Route 44 vom Weissenstein nach Balsthal, die allerdings nur in dieser Richtung markiert ist. Wir verzichten auf die Abfahrt vom Solothurner Hausberg (denn dazu hätte man zuerst nach oben fahren müssen, und mit dem Bike in die Seilbahn liess der Stolz nicht zu…) und starten am Bahnhof Gänsbrunnen. Nach einigen hundert Metern biegt man von der Hauptstrasse links ab in die Malsenbergstrasse, und wenig später, oberhalb der Kirche, steht dann auch der erste dunkelrote Wegweiser.

Sommerserie «Mit Muskelkraft und Open Air» / Anzeiger Thal Gäu Olten
Hier gehts hinauf: Ein kleiner Eindruck der Malsenbergstrasse.


Auf 4,8 Kilometer Distanz folgen knapp 490 Meter Steigung, mehrheitlich auf Grienwegen, nach 3,4 Kilometer «verliert» man auf einer kurzen Single-Trail-Abfahrt wieder 45 Höhenmeter. Aber wenn man mal die Tausendergrenze überschritten hat, dann wird man als Biker auf dieser Route belohnt: Mit viel Panorama, bis zum Güggel mit einer Streckenführung abseits des Asphalts, auf steinigen Pfaden und bewachsenen Feldwegen.

Sommerserie «Mit Muskelkraft und Open Air» / Anzeiger Thal Gäu Olten
Die erste Aussicht nach dem Aufstieg: Blick auf den Malsenberg und die Fortsetzung der Strecke.


Wer hier, auf der zweiten Jurakette, biken geht, der muss Kühe lieben. Links und rechts wird man mit Gebimmel begrüsst, und wenn man wegen eines Fotosujets Halt macht neugierig beglotzt. Apropos Foto-Halt: Auf dem Chip der Kamera hat es etliche Aufnahmen zu viel – jedes noch so halbbatzig schön wirkende Pflänzchen und jeder Blick in die Ferne gab guten (oder fadenscheinigen) Grund, um für einen Moment vom Sattel zu steigen. Dafür brauchts kaum mehr einen Stopp bei den zahlreichen Zäunen. Mit wenigen Ausnahmen sind die Durchgänge mit Bike-Toren versehen, die man langsam fahrend passieren kann. Der Biker nimmt dies mit grosser Dankbarkeit zur Kenntnis – das ist doch viel angenehmer als sich mit einem «gschtabigen» Draht und einem Federhaken herumzuschlagen.

Sommerserie «Mit Muskelkraft und Open Air» / Anzeiger Thal Gäu Olten
Unterschiedliche Perspektiven: Der Fotograf interessiert sich für den Blick nach Basel (mit dem gut erkennbaren Roche-Tower), die Kühe für den Fotografen.


Je nach Wochentag ist man auf der Route 44 kulinarisch bestens versorgt. Und wenn eine Beiz Ruhetag hat, dann gibt es bei den meisten einen Selbstbedienungskiosk. Wir fahren an Malsenberg, Mieschegg, Hinterer Brandberg und Obere Tannmatt vorbei und machen nach knapp zwei Dritteln der Distanz Rast auf der Terrasse des Güggel. Wo uns die Tischnachbarn – zufälligerweise aus einer Nachbargemeinde – mit einem neuen Begriff bekannt machen. Wir seien mit dem «Bio-Bike» unterwegs (früher hiess dies «Harley Tramp-mein-Sohn»), sie selber mit dem E-Bike. Die Bezeichnung Bio-Bike tönt nicht schlecht, auch wenn sich heute in meinem Fall hinter dem «Bio» nicht kraftvolles Gras sondern eher eine welke Staude verbirgt…

Sommerserie «Mit Muskelkraft und Open Air» / Anzeiger Thal Gäu Olten
Sehr angenehm: Die zahlreichen Tore erleichtern das Passieren der Umzäunungen.


Eine Menübeschreibung, wie sie Thomas Widmer, Wandervogel von «Tages Anzeiger» und «Schweizer Familie», jeweils in seinen Routenbeschreibungen liefert, ist im Güggel nicht nötig (auch wenn es ein reichhaltiges Angebot gäbe). Mehr als Flüssiges und eine Hefeschnecke geht nicht runter… Und so verzichten wir dann auch auf die nächsten Einkehrmöglichkeiten Alpenblick, Laupersdörfer Stierenberg und Bremgarten.

Gestärkt und mit neuem Elan folgt der geruhsame Abschnitt über den Brunnersberg und schliesslich auf den Laupersdörfer Stiereberg. Die etwas mehr als fünf Kilometer auf asphaltierter Strasse erlauben nun auch vermehrt den Genuss der Aussicht – in Richtung Alpen ist leider zu viel Dunst, hingegen kann man in nördlicher Richtung gut die Stadt Basel erkennen.

Sommerserie «Mit Muskelkraft und Open Air» / Anzeiger Thal Gäu Olten
Geschützt: Die Silberdistel ist eine typische Jurapflanze.


Noch fehlen die letzten fünf Kilometer bis zur alten Kirche in Balsthal – und diese haben es in sich. Steinige Wanderwege und ruppige Single-Trails entzücken den geübten MTB-Downhiller. Für Ungeübte und Ängstliche gibt es Ausweichvarianten in Form von breiteren und weniger steilen Waldstrassen bis zum Weiler Höngen (hier sind unsere Fähigkeiten gegenteilig zum Aufstieg…). Weil der Oberbergweg in Balsthal gegenwärtig gesperrt ist, gehts schliesslich auf dem Strässchen ins Tal hinunter. Am Ende sind es bis Bahnhof Balsthal dann doch fast 30 Kilometer mit 950 Höhenmetern. Zum Dessert hängen wir noch die Fahrt durch die Klus zum Bahnhof Oensingen an – ein «Dessert», das nicht eine genussvolle Mahlzeit abrundet, sondern weit entfernt ist von Highlight oder Krönung. Denn abgesehen vom anfänglichen Gejammer und eben diesem «Supplément» ist diese konditionell wie technisch als «mittel» eingestufte Route wunderschön. Auch ohne E…

Sommerserie «Mit Muskelkraft und Open Air» / Anzeiger Thal Gäu Olten
Nicht ohne: Die Abfahrt vom Bremgarten nach Höngen.


Wer bis hierher gelesen hat, für den noch ein anekdotisches Goodie: Zweimal bin ich gestürzt, beide Male auf breitem Weg und praktisch im Stillstand. Vielleicht sollte ich vor der nächsten Tour zuerst auf dem Schulhausplatz üben…

Text & Bilder: NRU