Zahlreiche Freiwillige waren heuer in der Region oft spätnachts unterwegs, um Rehkitze zu retten. Mithilfe von Drohnen und Wärmebildkameras haben sie die Jungtiere vor dem sicheren Tod im hohen Gras bewahrt.
Schon seit einiger Zeit werden im Bezirk Thal Drohnen für die Rehkitzrettung eingesetzt. Die noch unorganisierten Drohnenpiloten wurden letztes Jahr in der neugegründeten «Drohnengruppe Thal» vereint. Die Gruppe besteht momentan aus Dinu Brunner, Katrin Brunner, Harry Lässer, Gregor Schaad sowie Peter Wäffler, der auch die Jagdvereinigung Thaler Jäger präsidiert.
Diese moderne Rettungsart von Jungrehen soll einen aktiven Beitrag zur Verhinderung von Mähunfällen mit Rehkitzen im Kanton Solothurn leisten. Die Rehgeiss setzt im Frühsommer ihre Kitze sehr gerne in das hohe Gras der Wiesen. In den ersten Wochen ist der Drückinstinkt der Rehkitze ausgeprägt, das Kitz presst sich bei Gefahr flach auf den Boden und bewegt sich nicht mehr. Rehkitze sind dank Tarnfarbe, Drückinstinkt und Geruchlosigkeit perfekt getarnt vor ihren natürlichen Feinden wie Fuchs, Luchs, Hund und Greifvogel.
Die herkömmlichen Methoden zur Rehkitzrettung – das Verblenden oder Suchen mit Menschenketten – sind nicht immer erfolgreich. Der Einsatz von Drohnen ist als zusätzliche Massnahme sehr effizient, weil dank Wärmebildkamera unbeweglich im Gras liegende Rehkitze gefunden und so vor dem Tod im Mähwerk gerettet werden. Das verhindert Tierleid, sowohl auf Seiten der Wild- wie auch der Nutztiere. Letztere können wegen Tierkadavern im Futter eine Vergiftung durch Botulinumtoxin bekommen.
Fast hundert Stunden Arbeit
Die Zahlen der vergangenen Einsätze der «Drohnengruppe Thal» zeigen Erfreuliches: Zwischen Ende April bis Anfang Juli konnten 52 Rehkitze vor einem möglichen Tod durch eine Mähmaschine gerettet werden. Um aber diesen Erfolg ausweisen zu können, mussten fast hundert Stunden aufgewendet werden. Dabei wurden 235 Felder im Bezirk Thal abgeflogen mit total 521 Hektaren. Den zwölf Jagdgesellschaften im Thal wird diese Dienstleistung kostenlos angeboten.
Für die Förderung der Rehkitzrettung mittels Drohne werden im Kanton Solothurn 30 000 Franken pro Jahr im Globalbudget Landwirtschaft aufgenommen. Das Geld wird auf alle Bezirke im Kanton aufgeteilt. In Betracht des Aufwandes relativiert sich diese Zahl. Zu bedenken ist etwa, dass für eine Drohne mit Wärmebildkamera mit Kosten ab etwa 6 500 Franken zu rechnen ist.
Erfahrungen sammeln
Trotz all diesem Aufwand wurden im Bezirk Thal fünf Rehkitze durch Mähmaschinen getötet. Dabei dürfe den Landwirten keine Schuld gegeben werden, handle es sich hier doch um Wildtiere, die nicht immer so reagieren, wie man es gerne hätte. So flüchten oft mobile Kitze in den nahen Wald um dann, wenn die Drohnenpiloten weg sind, wieder in die Felder zurückkehren. Die Drohnengruppe Thal sammelte während ihrer Einsätzen alle positiven und negativen Punkte. Diese sollen helfen, die Kitzrettung im nächsten Jahr noch effektiver zu gestalten und die Kommunikation mit den Bauern nochmals zur verbessern.
Rettung in Holderbank und Langenbruck
Auch die Jagdvereine Langenbruck und Holderbank haben beschlossen, gemeinsam eine Drohne mit Wärmebildkamera und dem ganzen benötigten Zusatzmaterial anzuschaffen. Treibende Kraft für das ganze Vorhaben war Markus Singer als erfahrener Drohnenpilot. Er war bereit, den nötigen Kurs von «Rehkitzrettung Schweiz» zu absolvieren. Auch das Fliegen mit der Drohne und der ganze Unterhalt wird von ihm unentgeltlich übernommen. Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Jagdvereinen und Markus Singer wurden für drei Jahre vertraglich, mit einem einfachen Gesellschaftsvertrag, geregelt.
Alle Landwirte der beiden Gemeinden Langenbruck und Holderbank wurden von den Jagdvereinen informiert und dazu aufgefordert, ihre Parzellen bei Markus Singer zu melden, damit diese mit dem PC auf dem UAV-Editor geplant werden konnten (grösstenteils vor der Saison). Um so möglichst effizient von Feld zu Feld gehen zu können und wirklich die ganze Fläche gesichtet zu haben. Die meisten Landwirte sind der Aufforderung nachgekommen.
Einsätze in den Morgenstunden
Mitte Mai gings dann los. Die ersten geplanten Felder wurden zur Absuche angemeldet. Damit das mit der Wärmebildkamera auch funktioniert, wurden alle Einsätze zwischen Mitternacht bis morgens um ungefähr 9 Uhr durchgeführt. Da sonst die Umgebung bereits zu warm wird und gleich erscheint wie die Rehkitze selbst. Für die Einsätze haben sich viele Helfende gemeldet, nebst den Jägern der beiden Jagdvereine auch Privatpersonen, die bereit waren, die gefundenen Kitze mit Körben abzudecken und diese mittels Heringen zu sichern. Der längste Einsatz dauerte elf Stunden, wobei 58 Hektaren Land auf 27 Feldern abgesucht wurden.
Gefundene Kitze, gesichert oder vertrieben, wurden den Landwirten gemeldet und wurden nach dem Mähen von den Landwirten oder den beteiligten Helfern umgehend wieder frei gelassen. Leider wurden auch schon Kitze von Passanten frei gelassen und später vermäht. Die Interessengemeinschaft bittet deshalb darum, auch fiepende Kitze unter den Körben zu belassen. Es kümmere sich bestimmt schon jemand um sie.
Helfende Hände und Spenden gesucht
Auch hier spricht das Resultat aller Einsätze für sich. Wurden doch auf insgesamt 178 Feldern in 32 Einsatztagen auf 390 Hektaren Land über 56 Rehkitze gesichert oder vertrieben. Allen beteiligten Personen sei nach jedem erfolgreichen Einsatz die Freude anzusehen gewesen. Der grösste Dank gehört aber Markus Singer, der durch seinen Einsatz bis fast zur Erschöpfung nebenbei auch noch seiner beruflichen Tätigkeit nachgegangen ist. Um ihn zu entlasten, sucht die Interessengemeinschaft dringend Personen, welche Interesse am Drohnenflug mit Wärmebildkamera haben. Interessierte können sich bei Markus Singer melden unter: markus.si@bluewin.ch.
Auch über Spenden würde sich die IG Rehkitzrettung Langenbruck und Holderbank freuen (Kontonummer CH22 8080 8005 7972 2178 0). Das Projekt habe nur mit den benötigten Mitteln für künftige Anschaffungen eine Zukunft. Etwa für Flug- und Bildschirm-Akkus, oder: In drei bis vier Saisons für ein neues System, welches auf dem neusten Stand der Technik ist und so für noch mehr Erfolg beim Absuchen der Felder sorgt.