Digital Festival Olten / Anzeiger Thal Gäu Olten
Kampf um die besten Geschäftsideen: Die Startup Pitches im Boxring fielen auf grosses Interesse.

Von Zukunftsvisionen bis zur digitalen Steinzeit

Das Digital Festival Olten vermittelte Wissen und Einblicke in unterschiedlichste Themen

Was gibt es schon, was ist möglich und was wird versucht? Zu diesen drei Fragen gab das dritte Digital Festival Olten im Stadttheater während zweier Tage zahlreiche Antworten und liess in der Exhibition auf spielerische Weise neuartige Technologien und Projekte erleben. Ideenreiche Startups präsentierten ihre Konzepte, wogegen ein Podiumsgespräch über die Digitalisierung in Gesundheit und Pharma einen ernüchternden Status offenbarte.

Die Programmabfolge im Saal des Stadttheaters hätte nicht kontrastreicher ausfallen können: Nachdem Schülerinnen und Schüler im Rahmen der Verleihung des «Young & Digital Award» ihre kreativen Visionen für die Schule der Zukunft vorgestellt hatten, sprachen drei Fachleute in klaren Worten über die grossen Digitalisierungsmängel im Gesundheitswesen. «In der Informatik funktioniert der Föderalismus nicht», «jeder bastelt für sich», «die Ärzte werden nicht angehört», «dieser Markt ist überreguliert» oder «wir machen es uns selber schwer» lauteten einige Aussagen aus der Diskussion von Kurt Zobrist (Generika-Vertreiber Xiromed), Fabian Heuberger (Medical Desktop, Softwarehersteller) und Adrian Müller (Arzt und Gründer der Informationsplattform Doc Inside).

Aufholbedarf bei Patienteninformationen
Die drei Podiumsteilnehmer waren sich in den Grundzügen einig, dass in der Erfassung, Ablage und Verfügbarkeit von Patienteninformationen ein grosser Aufholbedarf besteht und mit einem landesweiten System einige Milliarden an Kosten eingespart werden könnten. «Viele haben die Hoffnung verloren, dass von oben eine Lösung geschaffen wird. Deshalb sind Anstrengungen von bottom up nötig», sagte Müller. Es brauche eine zentrale Struktur der Datenablage, eine schnelle Verfügbarkeit dieser Daten und eine staatlich kontrollierte Zugriffsstruktur. Kritisiert wurde auch die Überregulierung. «Die Rahmenbedingungen bereiten uns Sorgen», erklärte Zobrist, und Heuberger verwies auf die skandinavischen Länder, wo man erfolgreiche Beispiele für die Digitalisierung finden könne.

Roboter als Lehrkräfte
«Wie stellt ihr euch die Schule der Zukunft vor?», war der Nachwuchs für den «Young & Digital Award» gefragt worden. Die vier Schülerinnen und Schüler, deren Arbeiten schliesslich prämiert wurden, gaben ihre Antwort mit fantasievollen Modellen und mit äusserst aufwendigen Videos. Allen Ideen gemeinsam ist, dass Roboter die Lehrkräfte für die normale Wissensvermittlung ersetzen und viel mehr Wert auf individuelles Lernen mit selbstständiger Themenwahl sowie auf spielerische Formen gelegt wird. Offensichtlich war auch, wie unbeschwert Kinder IT-Hilfsmittel und deren Möglichkeiten nutzen, wozu zweifellos auch die Home-Schooling-Phasen während der Pandemie beigetragen haben.

Einen Preis von OK-Mitglied Hagar Jäggi und dem letztjährigen Gewinner Rashid Bozat entgegennehmen durften Eline Bucciolini (9-jährig) aus Starrkirch-Wil, Sofia Palma (10-jährig) aus Olten sowie das Oltner Duo Sarah von Allmen (10-jährig) und Liam Kunz (11-jährig). Letztere hatten übrigens einen siebenminütigen Stop-Motion-Film mit über 10000 Einzelbildern produziert – eine gewaltige Leistung.

Digital Festival Olten / Anzeiger Thal Gäu Olten
Die Gewinnerinnen und Gewinner des «Young & Digital Award 2022» mit der OK-Verantwortlichen Hagar Jäggi (von links): Liam Kunz, Sarah von Allmen, Eline Bucciolini und Sofia Palma.


Startups im Boxring
In ungewöhnlicher Umgebung, in einem Boxring, konnten Startups in vierminütigen Präsentationen auf ihre Geschäftsidee aufmerksam machen. Insgesamt elf Startups nutzten diese Gelegenheit, aus denen wiederum eine Jury die drei Besten auswählte und ihnen am Folgetag eine zweite, längere Präsentationsmöglichkeit bot. «Mamma Mia» will eine Plattform aufbauen, in der Studierende für ihre Mahlzeiten Angebote von kochenden Seniorinnen und Senioren finden können. «Mytokybird» arbeitet an einer Plattform zwecks Informationsvermittlung über Spenden und vertrauenswürdige Organisationen, und «Mtchbx» hat bereits eine Plattform in Betrieb, auf der sich Arbeitgebende mit offenen Stellen und Arbeitssuchende, sozusagen als «Tinder für Jobs», finden können.

Vernetzung zu gemeinsamen Ideen
Mit rund 400 Personen über die beiden Tage fiel das Interesse am Digital Festival, das erstmals in dieser Form durchgeführt wurde, zahlenmässig zwar nicht herausragend aus. Umso besser waren Qualität und Intensität der Kontakte, sowohl von Besucherinnen und Besuchern wie auch speziell unter den Ausstellern, die den Anlass zum Netzwerken nutzten und gemeinsame Projekte anstiessen.

Äusserst abwechslungsreich erwiesen sich auch die Referate und die Workshops, in denen unter anderem technische Themen wie Chatbot, Augmented Reality, Cloud Computing oder der Schutz gegen Cyberangriffe behandelt wurden. «Viele haben es geschafft, ein Thema so zu erklären, dass alle es verstehen können», nannte Yannick Deiss, Leiter des Organisationsteams, einen für ihn sehr positiven Aspekt. Als Highlights des Digital Festivals Olten gelten für ihn die Exhibition mit dem regen Austausch unter den Firmen, die «Startup Pitches» vor einem mehr als hundertköpfigen Publikum sowie die Podiumsdiskussion über die Digitalisierung im Gesundheitswesen.

Die Online-Streams beider Tage des Digital Festivals können auf der Website www.digitalfestival-olten.ch angeschaut werden.

Text: MGT & Bilder: ZVG