Theater Passwang Loius / Anzeiger Thal Gäu Olten
Das Regionale hat es ihm angetan: Autor und Regisseur Christoph Schwager will vermehrt «Geschichten von hier» inszenieren.

«Das hat etwas Wertschätzendes»

Christoph Schwager inszeniert zum zweiten Mal die Lebensgeschichte vom «Passwang Louis»

Am 21. Oktober findet im Kultursaal Haulismatt in Balsthal die Premiere vom «Passwang Louis» statt. Autor und Regisseur Christoph Schwager inszenierte die Geschichte vom italienischstämmigen Tagelöhner Luigi Botatti (1889–1981) alias «Passwang Louis» bereits 2003 für die Bühne. Im Interview erzählt er, was das Besondere an der Neuauflage des Stücks ist und wieso sich ein Besuch auch für all jene lohnt, die das Thaler Original nicht mehr persönlich kannten.

Christoph Schwager, haben Sie schon lange mit dem Gedanken gespielt, den «Passwang Louis» erneut auf die Bühne zu bringen?
Ja, ich habe schon seit ein paar Jahren gedacht, dass sich diese Geschichte nochmals dazu eignen würde. Bis heute werde ich immer wieder auf die Vorstellung von 2003 angesprochen. Einige sagen, wie grossartig sie das Stück fanden, andere, dass sie es so gerne gesehen hätten, aber keine Tickets mehr bekommen haben. Durch dieses Feedback bin ich zur Überzeugung gelangt, dass der «Passwang Louis» wieder auf die Bühne gehört.

Was ist das Besondere an dem Stück?
Einerseits dass es in der Region spielt, dass es «unsere Geschichte» ist. Ich stelle immer wieder fest, dass das die Leute besonders interessiert. Andererseits ist es auch der Protagonist selbst. Früher gab es in allen Dörfern solche «Originale». Heute gibt es sie auch noch, aber es sind viel weniger. Und Luigi Botatti war ein besonderes Original. Er stammte aus einer reichen italienischen Familie, in der Schweiz verdiente er sein Geld aber als Tagelöhner.

Für das erste Stück 2003 habe ich zahlreiche Interviews mit älteren Menschen aus der Region geführt, für die er gearbeitet hat. Dabei habe ich nicht nur Inhaltliches erfahren, sondern auch die Emotionen ihm gegenüber. Sie alle haben von «Passwang Louis» geschwärmt. Das fasziniert mich bis heute.

Wie unterscheidet sich die jetzige Aufführung von der ersten 2003?
Neben der Tatsache, dass es mit der Dramatisch-Literarischen Gesellschaft Balsthal (DLG) heute von einem anderen Verein und anderen Schauspielenden inszeniert wird, ist auch die Musik und Choreografie eine andere. Die grösste Änderung ist aber das Bühnenbild. 2003 in Härkingen hatten wir eine eher klassische Kulisse mit vielen Requisitenwechseln. Im aktuellen Stück besteht das Bühnenbild aus einem festen Baugerüst. Die Idee dazu hatte Bühnenbildnerin Anja Spiegel, weil viele Menschen die Zeit der italienischen Gastarbeiter mit der Baubranche verbinden. Auch wenn Luigi Botatti selbst nie in diesem Bereich gearbeitet hat.

Sie arbeiten seit über 20 Jahren mit Laienschauspielenden, was reizt Sie daran?
Am meisten begeistert mich an dieser Art zu arbeiten die grosse Spielfreude der Laien. Sie investieren fast ihre ganze Freizeit ins Theaterspielen. Jetzt, so kurz vor der Premiere, haben wir zeitweise jeden Abend Proben, oft auch an den Wochenenden. Ausserdem ist es sehr spannend, ihre spielerische Entwicklung von Anfang bis zum Schluss zu beobachten. Die ist natürlich grösser als bei Profis.

War es schwierig, die Rollen zu besetzen?
Es gibt viele Schauspielende im Stück und auch einige sehr kleine Rollen. Trotzdem haben wir die meisten schnell gefunden. Auch weil sich die Gäuer Spielleute und die DLG untereinander aushelfen. Einzig die Suche nach dem Darsteller des jungen Passwang Louis dauerte lange. Es ist schwieriger, Männer für Theaterrollen zu engagieren, junge Männer ganz besonders. Erst kurz vor der ersten Probe haben wir über einen Aushang den jetzigen Schauspieler gefunden. Er stand vorher noch nie auf einer Bühne, wollte es aber schon immer mal probieren und hatte auch das Gefühl, dass er der Passwang Louis-Karikatur auf dem Programmposter ähnelt (lacht). Er macht seine Sache sehr gut. Trotz dieser Erfahrung würde ich heute keine Theaterstücke mit so vielen kleinen Rollen mehr schreiben, und wenn immer möglich mehr Frauen als Männer einbauen. Einfach, weil ich beim Schreiben schon an die praktische Umgestaltung denke.

Muss man den Passwang Louis gekannt haben, dass es sich lohnt, sich das Stück anzuschauen?
Ganz klar nein! Sonst wäre ich ein schlechter Autor und Regisseur (lacht). Da kann jemand aus St. Gallen kommen und er wird die Geschichte verstehen. Klar berührt einen das Stück vielleicht anders, wenn man ihn gekannt hat. Aber die Geschichte ist vielfältig, schnell erzählt und sowohl lustig wie auch tragisch. Da ist für viele etwas dabei – auch für die jüngere Generation. Was soll der Besuch beim Publikum auslösen? Gibt es irgendeine Message? Klar habe ich persönlich eine Botschaft, die ich vermittle. Doch diese möchte ich nicht öffentlich definieren. Die Leute sollen selbst ihre Message aus dem Stück ziehen. Diese ist vielleicht eine ganz andere als meine, aber das macht nichts. Es ist vor allem eine Lebensgeschichte, die wir erzählen. Für mich hat das grundsätzlich etwas sehr Wertschätzendes dem Leben gegenüber.

Für die Zeit nach dem «Passwang Louis»: Welche nächsten grösseren Arbeiten und Projekte stehen für Sie persönlich an?
Bereits jetzt parallel laufen die Vorbereitungen auf das neue Freilichttheater der Gäuer Spielleute im Sommer 2023. Das Stück handelt von der ehemaligen Heilanstalt Allerheiligenberg oberhalb von Hägendorf. Darauf freue ich mich sehr. Ich bin jetzt 65 Jahre alt und habe mich entschieden, vermehrt Geschichten zu schreiben und zu inszenieren, die hier in der Region spielen. Diese Stücke sprechen ganz verschiedene Leute an und bringen die Dörfer in der Region zusammen. Das finde ich sehr schön.

Weitere Informationen sind zu finden unter www.dlg-balsthal.ch.

Text: MB & Bild: ZVG