Stellen Sie sich vor, Sie sind bald stolze 95 Jahre auf dieser Welt. Sie haben einschneidende Weltereignisse miterlebt, drei Kinder geboren und grossgezogen; mit Ihrem geliebten Ehemann haben Sie in einem hübschen kleinen Einfamilienhaus mit Garten gewohnt; Sie waren «gschaffig» und haben ein grosses Herz, und Sie haben sich ehrenamtlich in Vereinen engagiert; Ihr grosser Freundesund Bekanntenkreis hat Ihr Leben bereichert. Wie dieses Leben aber manchmal spielt, verstirbt Ihr Mann vor bald 40 Jahren. Die Kinder sind längst weg und das für Sie nun zu grosse Haus macht Ihnen immer mehr zu viel Arbeit. Sie ziehen in eine Dreizimmerwohnung im gleichen Ort. Ihr Häuschen können Sie sehen vom Schlafzimmerfenster aus. Ihr Leben verläuft weiter in guten Bahnen; Sie sind gesundheitlich gut beieinander und leben dadurch selbständig. Sie haben feine Nachbarsleute im Mehrfamilienhaus und das tut Ihnen gut.
Drei Jahrzehnte vergehen so – dass Ihr Mann nicht mehr da ist, schmerzt Sie jeden Tag. Doch Sie leben damit. Mit 70, 80 Jahren erleiden Sie einige Unfälle, der letzte wiegt so schwer, dass nur der Umzug ins Altersheim bleibt. Da sind Sie nun, in einem Zimmer mit ein paar eigenen Möbelstücken und einem Fernseher. Sie nehmen an Spielenachmittagen teil, gehen spazieren, aber viel mehr ist nicht mehr drin. Und Ihr Mann fehlt Ihnen täglich noch mehr. Jetzt wäre es gut, wenn Sie gehen könnten, denken Sie, dann geht die Türe auf und die junge Pflegerin bringt Tee und schenkt Ihnen ein paar Minuten ihrer Zeit.
Altersheim: Das Vorzimmer zum Himmel, das man aber vielleicht lieber überspringen möchte – und trotzdem froh ist, dass es da ist…