Kennen Sie das? Sie sind an einer Veranstaltung, nippen beim Apéro am Stehtisch an Ihrem Glas, plaudern munter mit Ihrer Begleitung. Bis sie plötzlich dasteht, die Scheuklappen-Person: Jemand, der oder die nicht Sie kennt, sondern die anderen Menschen am Tisch und konsequent auch nur diese grüsst und nur mit diesen spricht. Kürzlich ist mir das wieder passiert und ich finde, dieses Verhalten ist nicht nur ziemlich unanständig, sondern einfach auch ziemlich unangenehm.
Da stehen wir also gerade gemütlich zu viert beisammen, als besagte Person sich uns nähert und zwei von unserer Gruppe überschwänglich begrüsst. Dann will ich sagen «Guten Abend, freut mich, ich bin Sabrina» (der Rahmen war informell, das Duzen angebracht), wie man das ja normalerweise so macht. Doch dazu komme ich gar nicht erst, denn die ScheuklappenPerson hat weder ein Wort noch einen Blick für mich übrig und beginnt ohne Umschweife, die beiden anderen in ein Gespräch zu verwickeln. Auch die Vierte in unserem Bunde wird nicht beachtet. Und so erfahren wir an diesen kleinen Stehtisch versammelt gefühlt alles. was die «Scheuklappe» in den vergangenen drei Monaten erlebt hat. Wurzelbehandlungen beim Zahnarzt, Besuche bei der Tochter im Ausland, Meinungen zur baldigen Bundesratswahl. Nichts wird ausgelassen, nachdem das Vorstellen ausgelassen wurde. Verdattert schaue ich in die Runde bis ich beschliesse, kurz aufs WC zu gehen. Um mich dort im Spiegel zu vergewissern, dass mir auch wirklich keine Pestbeule auf der Stirn wächst.
Auch wenn sie nicht mit ihr sprechen wollen: Sabrina Glanzmann mag es, wenn sich die Leute kurz vorstellen. Tut ja selten jemandem weh, oder?