Philanthropische Gesellschaft Union Olten / Anzeiger Thal Gäu Olten
Der Oltner Hofrat (Vorstand), von links: Walter Stutz, Peter Rüegg, Präsident Urs Allemann, Andy Senn, Peter Joss und André Vilfroy.

Gelebte Freundschaft ohne Barrieren

Die philanthropische Gesellschaft Union Olten feierte ihr 100-Jahr-Jubiläum

Die philanthropische Gesellschaft Union Olten ist im Vergleich zu anderen Service Clubs in der öffentlichen Wahrnehmung bisher wenig präsent. Dabei pflegt der Verein seit nunmehr 100 Jahren die Gemeinschaft und unterstützt gute Zwecke in der Region. Präsident Urs Allemann erzählt, wie sich die Union von anderen Service Clubs unterscheidet und wieso er glaubt, dass sie auch in Zukunft noch wertvoll ist.

Das Wort Philanthrop bedeutet, gemäss seinem Ursprung im Altgriechischen, «Menschenfreund». Jemand, der freiwillig und gerne etwas Gutes für andere tut. Diesem Ziel widmen sich die Mitglieder der philanthropischen Gesellschaft Union. Eine Vereinigung von Männern verschiedenen Alters, mit unterschiedlichem privatem und beruflichem Hintergrund, die die Gemeinschaft pflegen und gute Zwecke unterstützen – im Volksmund auch Service Club genannt. Während einem dabei vielleicht zuerst Lions, Rotarier oder Kiwanis in den Sinn kommen, ist «die Union» etwas unter dem öffentlichen Radar unterwegs. Zu Unrecht, findet Urs Allemann. Er ist Präsident der Union in Olten, die kürzlich ihr 100-Jahr-Jubiläum feiern konnte.

Im Unterschied zu anderen in der Schweiz tätigen Service Clubs hat die Union keinen internationalen Hintergrund. Gegründet wurde sie Mitte des 19. Jahrhunderts im heutigen Vallon de Saint-Imier im Berner Jura (siehe Box). Ihr Ursprung im landwirtschaftlichen Milieu macht sich in einigen Begrifflichkeiten bemerkbar, so werden beispielsweise die regionalen Kreise der Union «Höfe» genannt.

Bis ins Jahr 1921 gehörten die Mitglieder aus der Region Olten noch zum Hof Solothurn. Nach einer ersten Versammlung mit elf Freunden, wie die Mitglieder bezeichnet werden, wurde der Wunsch nach einem eigenen Ableger gross. Im Dezember 1921 war es so weit: Die Gründungsversammlung im Hotel Aarhof in Olten fand statt.

Heute sitzt Urs Allemann unweit von jenem Ort, im heutigen Restaurant Aarhof, und erzählt von den Besonderheiten der Union, die sich nicht nur hinsichtlich ihres Ursprungs von anderen Service Clubs unterscheidet.

Philanthropische Gesellschaft Union Olten / Anzeiger Thal Gäu Olten
An der nachgeholten Jubiläumsfeier im vergangenen Jahr nahmen auch Vertreter andere Höfe teil.


Die Werte
Die grosse Jubiläumsfeier sei aus bekannten Gründen um ein Jahr verschoben und im vergangenen November nachgeholt worden, erzählt Allemann. Der gebürtige Solothurner, der heute in Aarburg zuhause ist, präsidiert den Hof Olten seit 12 Jahren. «Schon mein Vater war Mitglied in der Union.» Selbst beigetreten ist er im Jahr 1981.

Neumitglieder werden in der Union über Mund-zu-Mund rekrutiert. «Wir haben ein Patensystem», sagt er. Konkret heisst das: Mitglieder schlagen jemandem aus ihrem Bekannten- oder Freundeskreis vor. Dieser besucht dann ein oder zwei Treffen, bei denen beidseitig geprüft wird, ob man zusammenpasst. «Schnuppern und gegenschnuppern», nennt er das. Es werde geklärt, ob die Werte und Vorstellungen übereinstimmen. Die Werte in der Union lauten: Freundschaft, Solidarität und Toleranz. Allemann schmückt aus, was er darunter versteht: «Eine gelebte Freundschaft ohne Verpflichtungen, Solidarität gegen innen und aussen und Toleranz für unterschiedliche Meinungen und Ideen.» Letzteres gelte aber nicht uneingeschränkt: «Toleranz ja, aber nicht um jeden Preis. Bei Fake News hört es auf.»

Die Union bietet ihren Mitgliedern ein persönliches Netzwerk ausserhalb des Berufes. Anders als in anderen Service Clubs wird in der Union nicht Wert darauf gelegt, möglichst «hohe Tiere» aus unterschiedlichen Branchen zu gewinnen. Das Ziel beruflicher Vernetzung steht nicht im Vordergrund. Im Umkehrschluss gibt es auch keine Verpflichtung, Dienstleistungen und Waren von einem Unionsmitglied zu beziehen. Auf freiwilliger Basis komme dies aber vor. «Natürlich berücksichtigt man üblicherweise einen Freund», sagt Allemann.

Ist ein Neumitglied von der Versammlung demokratisch gewählt und mit allen Informationen versorgt, gibt es einmal im Jahr eine Aufnahmefeier auf nationaler Ebene. Der Ablauf dieser Feier unterliege einer überlieferten Tradition.

Das Frauenthema
Anders als in anderen Service Clubs, wie beispielsweise den Rotariern, ist die Mitgliedschaft in der Union nur Männern vorbehalten. Frauen spielen im Vereinsleben wenn, dann nur an öffentlichen Veranstaltungen oder im Privaten eine Rolle. Aber auch die Union verschliesst sich der Diskussion nicht. Auf nationaler Ebene gab es mehrere Abstimmungen, bei denen eine Aufnahme von Frauen bisher immer abgelehnt wurde. Urs Allemann meint: «Es wäre in der Zukunft denkbar.»

Auch die Union kämpft gegen eine Überalterung ihrer Mitglieder und fehlenden Nachwuchs. Im Hof Olten sind es heute noch 19 Freunde, im Alter zwischen 40 und 85 Jahren. Zum Vergleich: In den 80ern waren es so viele, dass auch die Abspaltung des Hofs Thal-Gäu mit 20 wechselnden Freunden gut verkraftet wurde. Der Präsident ist trotzdem positiv, derzeit gebe es einige Jüngere, die eine Mitgliedschaft ins Auge fassten.

Das offene Fenster
Die Freunde im Hof Olten treffen sich einmal im Monat zur Versammlung mit anschliessendem Essen, die Pensionierten jeden Donnerstagmorgen zum Stamm. Ausserdem gibt es regelmässige Vorträge, Ausflüge, Soirées mit dem eng verbundenen Hof Thal-Gäu sowie eine mehrtägige Reise pro Jahr. «Und die Jasser treffen sich zum Jassen, die Segler zum Segeln und so weiter», sagt Allemann. Unter den 19 Freunden im Hof befänden sich unter anderem Antiquitätensammler, passionierte Wandervögel, Drohnen- und Flugpiloten oder Oldtimer-Freaks.

Neben dem geselligen Zusammensein ist die Unterstützung sozialer Zwecke ein wichtiger Bestandteil. Vom Mitgliederbeitrag geht ein Teil an das «offene Fenster», mit welchem der Verein seinen philanthropischen Wurzeln nachkommt. Der Hof Olten unterstützt etwa als Hauptsponsor den Sporttag für Menschen mit Handicap in Gretzenbach, hat einen Beitrag an das Foyer Allalin in Oberbipp gespendet, einer Institution für Kinder und Jugendliche in schwierigen Lebensphasen, und im Zuge des 100-Jahr-Jubiläums eine grössere Summe an das «Chinderhuus Elisabeth» in Olten. Das offene Fenster kann auch für interne Zwecke dienen. Etwa, wenn ein Unionsmitglied unverschuldet in finanzielle Schwierigkeiten gerät oder sonst Hilfe benötigt.

Diese Gemeinschaft, diesen «Austausch ohne Barrieren», sagt Allemann, schätze er. Dieser werde weiterhin für die Mitglieder wertvoll bleiben. Er ist sich sicher, dass es die Union und ihre Werte auch in Zukunft braucht.

Philanthropische Gesellschaft Union Olten / Anzeiger Thal Gäu Olten
Urs Allemann übergibt Denise Widmer, Leiterin des Chinderhuus Elisabeth, an der Feier einen Check.


Für Anstand und Hilfe
Gegründet wurde die philanthropische Gesellschaft Union 1843 im Berner Jura von den zwei Jünglingen Fritz Marchand und Jules-César Wille, die beschlossen, ihren Beitrag an die gebeutelte Region und ihre Bewohner zu leisten. Not, Elend und Arbeitslosigkeit waren nur einige von vielen Schwierigkeiten, mit denen die Bewohnenden zu kämpfen hatten. Marchand und Wille gründeten eine Gruppierung, um unter den Mitgliedern Anstand und gegenseitige Hilfe zu fördern sowie für deren Witwen und Waisen zu sorgen. Heute werden aufgrund der stärkeren sozialen Sicherheit durch den Staat vorwiegend externe Zwecke unterstützt. Die Hilfsleistungen der Union betragen jährlich rund 300000 Franken. Aktuell hat die Union ungefähr 2000 Mitglieder, verteilt auf 42 Kreise. Viele davon liegen in der Westschweiz.

Text: MB & Fotos Andre Veith