Rudolf Nuetzi AG / Anzeiger Thal Gäu Olten
VR-Präsident Ruedi Nützi (links) und Geschäftsführer Jörg Barrer vor der hundert Jahre alten Bandsäge – die noch immer funktioniert.

Bodenständig und mit Qualität ohne Abstriche

Die Rudolf Nützi AG in Wolfwil feiert in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen

Wer auf eine hundertjährige Geschichte zurückschauen kann, hat vieles richtig gemacht. So auch die Rudolf Nützi AG in Wolfwil, die ihren Geburtstag am 29. April mit der Bevölkerung bei einem Tag der offenen Tür feiert. Tragende Säule des Schreinereiunternehmens ist die loyale Belegschaft: Die meisten Mitarbeitenden haben an der Schlossgasse 16 ihren Beruf erlernt. Das gilt auch für Geschäftsführer Jörg Barrer, der allen Herausforderungen zum Trotz zuversichtlich in die Zukunft blickt.

Der Rundgang durch die Werkstatt mit Jörg Barrer und Ruedi Nützi ist auch eine Reise in die Vergangenheit. Mitten im modernen Maschinenpark steht eine Bandsäge, die hundert Jahre auf dem Buckel hat. «Mit ihr hat mein Grossvater damals in den Anfängen schon gearbeitet», erklärt Ruedi Nützi nicht ohne Stolz. Als Kind und Jugendlicher hat er regelmässig Schreinereiluft geschnuppert und ab und zu an der Hobelbank mitgearbeitet. Er schmunzelt: Dass aus ihm kein Schreinermeister werden würde, sei trotzdem bald einmal klar gewesen. Heute präsidiert der frühere Fachhochschul-Direktor den Verwaltungsrat und ist Miteigentümer der Rudolf Nützi AG, welche dieses Jahr ihr hundertjähriges Bestehen feiert.

Er blickt zu Jörg Barrer: «Jörg hat hier bereits die Lehre gemacht. Und ist dem Unternehmen immer treu geblieben.» In der Tat: Nach der Schreinerlehre bildete dieser sich an der Handelsschule weiter, arbeitete dann sowohl in der Werkstatt als auch im Büro, bis er später komplett in den administrativen Bereich wechselte. Seit 37 Jahren ist Jörg Barrer Teil des Unternehmens. Vor zwei Jahren übernahm er die Geschäftsführung, ein logischer Schritt. Oder wie Ruedi Nützi sagt: «Jörg ist jetzt 54. Es war auch ein klares Signal nach aussen für Kontinuität in unserem Unternehmen.»


Klassisches Familienunternehmen
Die ersten Kapitel der Firmengeschichte schrieb Ruedi Nützis Grossvater Traugott. Der 32-Jährige baute sich anno 1923 an der Schlossgasse 16 in Wolfwil ein Eigenheim mit integrierter Schreinerei – am heutigen Standort also. Trotz zu Beginn sehr bescheidener Werkstatt erledigte Nützi für seine Kunden sämtliche Schreinerarbeiten und spezialisierte sich auf Fensterbau. Mitunter harte Zeiten seien dies gewesen, sagt Ruedi Nützi. «Aber mein Grossvater war ein Chrampfer.» Nach dem Tod des Gründers 1963 übernahm sein jüngster Sohn Rudolf die Firma, die fortan Schreinerei Rudolf Nützi hiess. Er vergrösserte sechs Jahre später die Werkstatt erheblich und beschäftigte zwei weitere Angestellte. Zwar spezialisierte er sich auf die Einrichtung von Coiffeursalons und den Küchenbau, zu den Dienstleistungen gehörten aber auch Fenster, Türen, Schränke und Decken. 1980 trat mit Sohn Traugott, einem Bruder von VR-Präsident Ruedi, die dritte Generation in die Firma ein. Mit der Pensionierung von Rudolf Nützi wurde die Firma im Jahr 2000 zur AG. Traugott Nützi übernahm zusammen mit Jörg Nützi die Geschäftsleitung, ab 2015 führte Letzterer das Unternehmen allein. Bis vor zwei Jahren Jörg Barrer auf der Kommandobrücke übernahm.

Rudolf Nuetzi AG / Anzeiger Thal Gäu Olten
Im Jahr 1969 wurde die Werkstatt mit einem Anbau wesentlich vergrössert.


Das Team stammt fast komplett aus Wolfwil
«Gute Arbeit ist noch immer die beste Werbung», sagt der Geschäftsführer. Womit er bereits beim «wichtigsten Teil des Unternehmens» angekommen ist: den Mitarbeitenden. «Sie machen die Rudolf Nützi AG aus, sie leben unsere Firma», sagt Jörg Barrer. Seine Kunst als Chef sei es bestenfalls, die richtigen Personen zu einem Team zu formen. Das sei natürlich eine Untertreibung, macht ihm Ruedi Nützi ein dickes Kompliment und kommt ins Schwärmen: «Jörg kann schreinern, er kann planen, vermittelt Freude, führt ein Team – all diese Kompetenzen hat unser Geschäftsführer.» Weil die Schreinereibranche «ein Rappengeschäft» sei, mit dem man nicht reich werde, so Nützi, könne man sich schlicht auch keine Schlampigkeiten und Nachlässigkeiten leisten. Bemerkenswert in der Rudolf Nützi AG: Wer nicht Wolfwiler ist, scheint kaum eine Chance auf einen Job zu haben. Die beiden lachen – um gleich anzufügen: «Es stimmt schon: Der kürzeste Arbeitsweg dauert eine halbe Minute.» Der Lehrling hingegen kommt doch tatsächlich aus dem fernen Kestenholz …

Flexible und moderne Arbeitgeberin
Bis heute waren in ihrer Firma die Lernenden immer viel mehr als bloss billige Arbeitskräfte, angefangen mit einem gewissen Alois Kissling, der anno 1933 einen Lehrvertrag erhalten hatte. Das mag erklären, weshalb der Grossteil der Belegschaft auch bereits die ersten beruflichen Schritte an der Schlossgasse gemacht hat. «Die Ausbildung ist uns ein grosses Anliegen», sagt Jörg Barrer. Schliesslich wolle man als Traditionsbetrieb das Wissen, das Handwerk an sich, weitergeben. Was nicht immer einfach ist, wie er betont: «Sehr vieles geschieht heute maschinell.» Diese Entwicklung ist mit ein Grund, weshalb er als Chef grossen Wert darauf legt, von Zeit zu Zeit an der Werkbank zu stehen, zu fräsen oder einfach mal anzupacken und auf die Baustelle zu gehen. «Das ist mir enorm wichtig», versichert Jörg Barrer.

Selbstredend geht die Rudolf Nützi AG auch mit der Zeit und zeigt sich als flexible Arbeitgeberin: Zuletzt eingestellt hat sie eine Mitarbeiterin, die «nur» 60 Prozent als Schreinerin arbeiten möchte. «Ab Donnerstag ist sie Coiffeuse», sagt Jörg Barrer. Aber wenn die junge Frau zufrieden sei, dann leiste sie in den drei Tagen bei ihm gute Arbeit. «Das ist doch, was zählt.»

Rudolf Nuetzi AG / Anzeiger Thal Gäu Olten
Eine Rechnung aus dem Jahr 1937.


Nie einen Franken vom Staat erhalten
Rappengeschäft hin oder her: «Der Staat hat uns in diesen hundert Jahren nie mit einem einzigen Franken aushelfen müssen», unterstreicht Ruedi Nützi. Er verweist auf die Steuern, die man in dieser Zeit entrichtet habe und den Umstand, dass man sieben Personen einen Arbeitsplatz garantiere. Das seien die Werte, die sein Grossvater und Vater vorgelebt hätten: «Qualität, Bodenständigkeit. Und all dies aus der Region und für die Region.» Holz sei ein enorm ehrliches Produkt, sagt Nützi. «Wir machen mit ihm, wie es irgendwo gewachsen ist, unsere Arbeit – bodenständig eben. Flunkern liegt nicht drin.» Die Herausforderungen von morgen? Die Materialbeschaffung und damit einhergehend auch das Einhalten der Liefertermine. «Heute müssen wir der Kundschaft sagen: Das Material ist da, wenn es da ist», erklärt Jörg Barrer. Auch die Holzpreise an sich, die während des Jahres dreimal schwanken könnten, seien ein Thema. «Umso wichtiger ist, dass wir immer präzise kommunizieren.» Und die Digitalisierung? Als moderne Schreinerei sei man diesbezüglich stets gefordert. Die meisten Maschinen hat die Rudolf Nützi AG in der Werkstatt stehen, bei Bedarf hat das Team aber auch Zugang zu externer CNC.

Ein Vorschuss an Vertrauen
Im Kern bietet die Jubilarin an, was die Konkurrenz auch anbietet, «Küche plus» also, als grosses Standbein. Sprich: Fenster, Böden, Decken, ein massgefertigter Tisch oder eine Sitzbank. Und dies auf Wunsch inklusive Planung, sprich: Koordination mit den Handwerkern und im kleineren Rahmen auch Baubegleitung. «Wir sind bekannt dafür, dass wir das Budget einhalten», sagt Jörg Barrer. Ein anderes Standbein: Ein namhafter Kaffeeanbieter lässt seine Kaffeemaschinenmöbel seit längerem bei der Rudolf Nützi AG produzieren. Da heisse es dann etwa, man brauche kurzfristig 20 Möbel, nennt Barrer ein Beispiel. Das sei natürlich äusserst anspruchsvoll, aber gerade weil die Konzeption von der Idee bis zur Realisierung unter Zeitdruck immer gelinge, sei die Partnerschaft langjährig und erfolgreich. «Das sind schöne Geschichten, die immer auch Beleg sind für einen Vertrauensvorschuss, den wir aufgrund unserer Arbeit geniessen», sagt Ruedi Nützi. In einem Jahr wird Jörg Nützi, der vormalige Geschäftsführer, pensioniert. «Wir brauchen also wieder einen guten Mitarbeiter», sagt Jörg Barrer. Die geneigte Leserschaft weiss: Mit Wohnsitz in Wolfwil ist man klar im Vorteil.

Eine Baumpflanzaktion zum Jubiläum
Ihr 100-Jahr-Jubiläum feiert die Rudolf Nützi AG am 29. April mit einem Tag der offenen Tür. Nebst einem offiziellen Teil mit geladenen Gästen und Partnern ist die Bevölkerung von 10 bis 15 Uhr herzlich eingeladen, einen Blick hinter die Kulissen des Traditionsbetriebs zu werfen und mit den Verantwortlichen anzustossen.

Um die Verbundenheit der Firma mit der Region, aber auch mit dem Werkstoff Holz auszudrücken und zu unterstreichen, dass man zuversichtlich in die Zukunft schaut, haben Firmenvertreter und Vertreter der Bürgergemeinde Wolfwil Anfang Monat im heimischen Eichbänli exakt einhundert Bäume gepflanzt. All dies geschah unter der fachkundigen Anleitung von Revierförster Reto Müller.

Alle Informationen sind zu finden unter: www.nuetzi-schreinerei.ch

Text: NIK & Bilder NIK/ZVG