Ich habe die Fenster geputzt. Fürwahr – eine Glanzleistung! Denn Fensterputzen kann ich gut und gerne monatelang hinauszögern. Doch heute schaffte ich es einfach nicht mehr. Zu viel Blütenstaub, zu viel Fliegendreck, zu viele Fingerabdrücke, zu viele andere undefinierbare Zeichen der Zeit, die seit meiner letzten Putzaktion vergangen war. Es musste etwas geschehen! Also putzte ich. Ja, hab einfach angefangen. Ohne langes Überlegen. Ohne zu wissen, ob ich es zu Ende führen würde. Einfach mal sehen, wie weit ich komme. Im Wissen, dass ich selber entscheiden kann, wie intensiv ich dieses Projekt betreiben will. Einfach anfangen. Einfach machen. Das war schön. Kein Anspruch auf Perfektion. Am Ende war es nicht mal so anstrengend, wie ich mir das immer wieder vorstellte. Im Gegenteil. Ich fühlte mich voller Energie.
Das Resultat war wundervoll. Endlich wieder ohne Trübung und mit klarem Blick rausschauen in die Welt. Voll den Durchblick haben. Mit dem guten Gefühl, selber etwas dafür getan zu haben. Selber den Dreck weg gemacht zu haben. Die hohen Fenster hab ich einfach so weit geputzt, wie ich mich strecken konnte. Und ich konnte mich viel weiter strecken, als ich das gedacht hätte! «Entscheide lieber ungefähr richtig als genau falsch» – Goethes Zitat begleitete mich während meiner Putzaktion. Es liess mich zufrieden durch die sauberen Scheiben gucken und den Dreck oberhalb von zwei Metern vierzig mit einem gelassenen Grinsen betrachten.
Gut ist gut genug.
Martina Flück freut sich, heute dem Drang zur Perfektion ein Schnippchen geschlagen zu haben.