Was haben die Schweizer Alpin-Ski-Nationalmannschaft, die Firma Ypsomed in Solothurn und der Hafen von Hamburg miteinander gemeinsam? Auf den ersten Blick nichts.
Und doch: Huawei ist ein chinesischer Staatskonzern und offizieller Mobile Partner von Swiss Ski. Die Ypsomed ist ein sehr erfolgreiches Medizinalunternehmen, das aktuell 35 Mio. Franken in China investiert. Cosco, ebenfalls ein chinesischer Staatskonzern, ist eine der grössten Reedereien weltweit und hat in diesem Jahr eine Beteiligung an einem Terminal im Hafen von Hamburg erworben. Die deutsche Regierung hat dieser Beteiligung zugestimmt. China ist also nicht weit. China ist präsent. Als Beispiel: Nicht weniger als 50 Firmen des Kantons Solothurn unterhalten Geschäftsbeziehungen mit China oder in China. Das sind Fakten. Wie man dazu steht, ist eine persönliche und politische Debatte wert, die in der Schweiz aus meiner Sicht zu wenig geführt wird.
Der Solothurner Kantonsrat macht hier eine löbliche Ausnahme. Die Kantonsrätinnen und Kantonsräte haben sich in der Mai-Session mit den China-Aktivitäten der Fachhochschule Nordwestschweiz auseinandergesetzt. Es ging um die Frage, in welcher Form eine Schweizer Hochschule mit China im Kontakt stehen soll. Noch genauer: Es ging darum, sicherzustellen, dass bei diesen Aktivitäten schweizerische Werte wie Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte thematisiert werden. Fazit der Debatte: Die FHNW soll weiterhin China-Aktivitäten unterhalten. Solche Debatten sollten meiner Meinung nach mehr geführt werden.
Zu einer fundierten Auseinandersetzung mit den Chancen und Risiken der Kooperation der Schweiz mit China gehört China-Wissen. Alle Schweizer Hochschulen – Universitäten, ETH und Fachhochschulen – sind sich einig, dass es in der Schweiz an aktuellem China-Wissen fehlt. Hier will man die Hebel ansetzen. Die junge Generation in der Schweiz soll nicht nur etwas über die EU oder die USA wissen, sondern eben auch über China. China ist eine Weltmacht. Wichtige Entscheidungen des 21. Jahrhunderts werden in Asien und insbesondere in China gefällt. Als Beispiel: Der Klimawandel beschäftigt uns alle. China war im Jahr 2021 für 33 Prozent des weltweiten CO2-Ausstosses verantwortlich. Es muss uns also nicht nur interessieren, was wir hier in der Schweiz gegen den Klimawandel unternehmen.
Das China Centre der FHNW hat einen Bildungsauftrag. Es geht darum, den Studierenden und der Öffentlichkeit China-Wissen zur Verfügung zu stellen. Das ist die Basis für eine öffentliche Diskussion zu China und für politische Entscheidungen. Zahlreiche Aktivitäten des China Centre sind diesem WissensAuftrag verpflichtet: Studierende der FHNW bereisen alljährlich China und machen sich vor Ort ein Bild von aktuellen Entwicklungen zum Beispiel im Bereich Künstliche Intelligenz. Summerschools ermöglichen den Austausch von Schweizer Studierenden und chinesischen Studierenden. Ein jährlich publizierter KMU-Leitfaden zeigt, welche Erfahrungen Schweizer KMU in China machen. Eine alljährliche Veranstaltung unter dem Namen «Swiss China update» vermittelt China-Wissen zu aktuellen Themen.
Die diesjährige Veranstaltung findet in einer Woche, am 29. Juni, im Campus Olten der FHNW statt. Thema: «Trotzdem auf China setzen?» Vertreterinnen und Vertreter von Unternehmen, Menschenrechtsorganisationen, Universitäten diskutieren diese Frage. Die Veranstaltung löst den Anspruch des Solothurner Kantonsrats ein: Aus schweizerischer Sicht und unter Einbezug von verschiedenen Perspektiven und Meinungen setzt man sich mit China auseinander.
China mag aufgrund der Grösse und des Weltmacht-Anspruchs eine Sonderstellung einnehmen. In dem Sinn ist wichtig, dass die FHNW China-Aktivitäten unterhält. Die Schweiz ist generell eng mit dem Ausland verbunden und als Kleinstaat von globalen Entwicklungen abhängig. Deshalb ist es nötig, dass Schülerinnen und Schüler und Studierende nicht nur etwas zur Schweiz lernen, sondern sich mit globalen Entwicklungen auseinandersetzen. China ist dabei ein Baustein.
Veranstaltung am 29. Juni im Campus Olten
Am nächsten Donnerstag findet ab 17 Uhr im Campus Olten an der Riggenbachstrasse 16 das «Swiss China update» statt. Vertreter der Firma Ypsomed und der Firma Lantal zeigen, wie sie mit China Geschäfte machen und ein Schweizer Unternehmer, der in China eine E-Commerce-Firma betreibt, schildert seine Eindrücke.
Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft, der Wissenschaft und von einer Menschenrechtsorganisation gehen der Frage nach, in welcher Form China-Aktivitäten Sinn machen. Die Veranstaltung dauert von 17 bis 20 Uhr und kostet 95 Franken. Anmeldung: www.fhnw.ch/swiss-china-update. Im Anschluss wird ein Apéro riche serviert.
Ruedi Nützi, Leiter China Centre FHNW und VR von drei Schweizer KMU.