«Fischer machen Schule» / Anzeiger Thal Gäu Olten
Bei Jüre Knörr vom Schweizerischen Fischereiverband lernen die Schülerinnen und Schüler etwas über die heimischen Fische und ihren Lebensraum.

Einblicke in die Unterwasserwelt

Auf dem Mattenhof in Kestenholz fand der Kurs «Fischer machen Schule» statt

Auf dem Mattenhof in Kestenholz nahmen eine Woche lang Schulklassen am Programm «Fischer machen Schule» teil. Die Kinder lernten dabei Interessantes über das aquatische Leben und über den Zustand der heimischen Gewässer.

«Spannend, aber auch ein bisschen grusig », so lautet das vorläufige Fazit einer Schülerin vor der Z’Nüni-Pause. Gerade hat sie mit ihren Klassenkameraden dabei zugesehen, wie Jüre Knörr vom Schweizerischen Fischereiverband einen Bachsaibling seziert hat. Wer sich in der Klasse umhört, der merkt schnell, dieser Vorgang hat bisher am meisten Eindruck gemacht.

Die fünfte Klasse aus der Stadt Solothurn besucht an diesem Tag auf dem Bauernhof Matte in Kestenholz das Angebot «Fischer machen Schule» vom Schweizerischen Fischereiverband. Eine ganze Woche lernt hier jeden Tag eine andere Klasse Interessantes über das Leben in und an heimischen Gewässern. Neben jemandem vom Fischereiverband ist auch immer ein Vertreter oder eine Vertreterin der Gewässerschutzorganisation Aqua Viva involviert, die ebenfalls Teil des Projekts ist.

Eine Verbindung schaffen und Vorurteile abbauen
Das Sezieren des Fisches gehört zum Theorieteil am Vormittag, an dem die Schülerinnen und Schüler in Halbklassen aufgeteilt sind. Jüre Knörr, der das Angebot mitentwickelt hat, zeigt den Kindern dabei verschiedene Organe des Fisches. Eine Erkenntnis, welche die Kinder gewinnen sollen: Viele Organe, wie etwa Leber, Herz und Darm, haben sowohl Fisch als auch Mensch. «Indem ich den Kindern zeige, dass wir den Fischen ähnlicher sind, als sie vielleicht denken, stelle ich eine Verbindung her», sagt er. Dies sei wichtig, da die Tiere oft als eklig, schleimig und stinkig wahrgenommen werden und deshalb mit Vorurteilen behaftet sind. «Unser Ziel ist es, diesen stummen Kreaturen eine Stimme zu geben.»

Gleichzeitig mache er damit klar, dass es uns nicht egal sein könne, wenn die Fische sterben. «Wenn es den Fischen immer schlechter geht, dann geht es uns irgendwann auch nicht mehr gut», sagt Knörr. Das Artensterben sei auf den Menschen zurückzuführen und daher sei der Mensch auch fähig, das Ganze wieder etwas zurechtzubiegen. Deshalb gehört es zu seinem Theorieteil dazu, den Kindern zu zeigen, was achtlos weggeworfene Produkte wie etwa Tabletten, Sonnencreme oder Waschmittel für Tiere und Gewässer bedeuten.


Sensibilisierung für Gewässerschutz
Um den Zustand der Gewässer geht es auch bei der anderen Halbklasse, die am nahen Chrebskanal den Worten von Sylvia Brauchli von Aqua Viva lauscht. Sie erklärt den Kindern anhand von Bildern den Unterschied zwischen natürlichen und unnatürlichen Gewässern. In Kleingruppen lernen sie dann spielerisch Tiere kennen, die an und im Wasser leben, messen das Bachbett aus und versuchen zu beurteilen, was am Chrebskanal menschengemacht ist und was nicht.

Neben ihrer Klassenlehrerin Nadine Krieg schaut ihnen dabei auch Christian Dietiker zu. Er ist der Präsident des Kantonalen Fischereiverbandes und organisiert gemeinsam mit Tobias Knuchel, Fischer und selbst Lehrer, das zweite Jahr in Folge die Kurse im Kanton. Im Gäu ist man heuer zum ersten Mal. Er sagt, von aussen würde man vielleicht meinen, dass die meisten heimischen Gewässer in Ordnung sind, doch man wisse nicht, was unter Wasser los sei. Pestizide und fehlende Insekten seien eine Gefahr für das aquatische Leben. Durch «Fischer machen Schule» würden die Schulklassen für diese Themen sensibilisiert. «Die Kinder gehen nach Hause und erzählen ihren Eltern davon, wenn nur etwas davon hängen bleibt, dann haben wir gewonnen. » Das Interesse von Seiten der Schulen am Angebot sei gross, sagt Dietiker. «Es sind qualitativ hochstehende Kurse für Kinder.» Das sieht auch Lehrerin Nadine Krieg so. Sie besucht den Kurs bereits zum zweiten Mal mit einer Klasse. «Das Angebot ist sensationell und top organisiert.»


Natürliche und unnatürliche Flussbette
Bevor die Schülerinnen und Schüler nach der Mittagspause selbst in den Bach steigen und dessen Bewohner kennenlernen, bekommen sie von Sylvia Brauchli noch eine Aufgabe, in der sie beweisen können, was sie gelernt haben. Die Halbklasse wird nochmals in zwei Gruppen aufgeteilt, von welcher eine ein möglichst schlechtes Beispiel eines Gewässers und die andere ein besonders gutes bauen soll. Zur Verfügung steht ihnen dabei alles, was sie um den Chrebskanal herum finden und einige weitere Utensilien.

Motiviert machen sich die Kinder an die Arbeit. Eine Viertelstunde später schaut sich die Halbklasse gemeinsam das Negativbeispiel an: Aus einem Messstock, Plastiktellern und -kaffeetassen hat die Gruppe ein geradliniges, vom Menschen verbautes Flussbett dargestellt, welches viel Beton und wenig Natur enthalte, erklären sie. Ein Schüler giesst während der Präsentation als Spezialeffekt Wasser über das Flussbett. «Von einer Fabrik verpestetes Wasser», konkretisiert er. Sylvia Brauchli von Aqua Viva ist zufrieden: «Super, sehr schlecht.»

Das Beispiel der anderen Gruppe unterscheidet sich deutlich. Aus Moos und Pflanzen haben sie ein natürliches Flussbett gebastelt. Rundherum haben sie Bilder von verschiedenen Insekten und Tieren aufgestellt, die ihnen zur Verfügung standen. Sie sollen die Artenvielfalt in diesem Positivbeispiel symbolisieren. Ihr Ziel beim Kurs sei es, die Faszination und Neugier bei den Kindern zu wecken, sagt Sylvia Brauchli. Zumindest an diesem Vormittag scheint dies gelungen zu sein.

Text & Bilder: MB