Auf dem Matzendörfer Stierenberg kann man in einem ausgebauten Bauwagen übernachten. Das tun vor allem viele Wanderer. Sie geniessen die idyllische Ruhe und die tolle Aussicht auf das Guldental.
Er heisst Berggasthof Matzendörfer Stierenberg, liegt auf dem Gemeindegebiet von Aedermannsdorf und hat die Postanschrift von Mümliswil-Ramiswil – dieser Ort an der Grenze zum Kanton Bern ist etwas Besonderes. Auf rund 1200 Metern über Meer, eine zweieinhalbstündige Wanderung von Ramiswil entfernt, liegt der Berggasthof, welchen Urs und Tatjana Imhof pachten. «Am Arsch der Welt», wie Urs Imhof selbst es mit einem Augenzwinkern sagt. Umgeben von landwirtschaftlichen Weiden, auf welchen Kühe und Kälber grasen, sieht man auf der einen Seite bis in den Schwarzwald, auf der anderen zu den Alpen und hat dazwischen einen atemberaubenden Ausblick auf das ganze Guldental.
Übernachtungsmöglichkeit für die Töchter
Seit 2017 kann man auf dem Matzendörfer Stierenberg nicht nur essen, sondern auch übernachten. Wer sich nach der Ankunft von der Aussicht «erholt» hat, dessen Blick fällt schnell auf den schwarz eingekleideten Bauwagen, auf dem Enziane prangen. Damals, ein Jahr nachdem sie die Pacht übernommen hatten, kauften Imhofs den Wagen und bauten diesen aus. Grund dafür waren vor allem ihre drei Töchter. Diesen wollten sie eine Übernachtungsmöglichkeit bieten, wenn sie zu Besuch sind. Im Gasthof auf dem Stierenberg gibt es nämlich lediglich ein Schlafzimmer, in welchem Imhofs übernachten, wenn sie von April bis Dezember jeweils von Mittwoch bis Sonntag hier ihre Gäste bewirten. Ansonsten sind sie in Welschenrohr zuhause. Schnell aber wurde der Wagen auch an Fremde vermietet. Bei der Übernachtung ist ein reichhaltiges Frühstück inklusive. «Nur duschen kann man bei uns nicht», sagt Imhof.
Platz für vier Personen
Im Innern erinnert nichts mehr an den alten Bauwagen. Die Wände und Decken sind weiss gestrichen, es gibt mehrere Fenster, die den Raum hell machen sowie Regale und Möbel aus Holz, die für Gemütlichkeit sorgen. Ein Doppelbett und ein Sofa, welches ausgezogen werden kann, schaffen Platz für bis zu vier Übernachtungsgäste.
Es seien vor allem Wanderer, die hier übernachteten. Solche, die auf einer der vielen Routen in der Umgebung unterwegs sind. Zum Teil rufen sie von unterwegs an und fragen nach einer Übernachtungsmöglichkeit. Oder aber sie werden von den umliegenden Gasthöfen zu Imhofs geschickt – Schlafplätze sind rund um den Stierenberg nämlich Mangelware.
Aufgewachsen auf dem Stierenberg
Das Land und auch der Berggasthof auf dem Stierenberg gehören dem Bund. Die Familie Imhof ist mit dem Ort aber eng verbunden. Ab den 60er-Jahren wirteten die Eltern von Urs Imhof hier. Er selbst ist auf dem Stierenberg aufgewachsen. «Es war eine schöne Kindheit», erinnert er sich. Nach dem frühen Tod der Mutter war der Betrieb lange an eine andere Familie verpachtet. Dereinst in die Fussstapfen seiner Eltern zu treten und auf dem Stierenberg Gäste zu verwöhnen, sei aber schon länger in seinem Kopf herumgegeistert, erzählt der 53-Jährige. Auch wenn er selbst nicht aus der Gastronomie kommt. Imhof hat Bäcker-Konditor gelernt, jedoch nie auf diesem Beruf gearbeitet und ist stattdessen als Produktplaner bei der Nestlé in Wangen tätig. Diesen Job hat er auch behalten, als er und seine Frau sich tatsächlich dazu entschieden, den Berggasthof zu pachten. 2016 feierten sie nach intensiven Sanierungsarbeiten Neueröffnung auf dem Stierenberg.
Mehr zu tun als gedacht
Imhofs bieten im Berggasthof eine kleine, aber feine Karte an, die regelmässig angepasst wird und sowohl für Fleischliebhaber als auch für Vegetarier und Veganer etwas bereithält. Die selbstgemachten Torten und Kuchen zeugen noch von Urs Imhofs Lehrzeit und im Restaurant hängen an den Wänden Werke einer Künstlerin, die auf dem Stierenberg ausstellt und ihre Gemälde auch verkauft. «Kunscht uf em Bärg» nennt sich das.
Zuerst war die Idee, dass Tatjana Imhof den Betrieb unter der Woche alleine führt und Urs Imhof lediglich an den Wochenenden aushilft. Schnell hätten sie aber gemerkt, dass dieser Plan so nicht aufgeht. Auch unter der Woche kamen zeitweise so viele Gäste, dass sie kaum wusste, wo ihr der Kopf stand. «Wir wurden regelrecht überrannt.» Seither hat Urs Imhof sein Pensum reduziert, kommt nun Mittwoch bis Freitag am Mittag auf den Stierenberg und übernimmt die Küche. Unterstützung erhalten sie von Familie und Bekannten, die stundenweise aushelfen. «Ein grosses Dankeschön an alle, ohne sie würde es gar nicht gehen», sagt Tatjana Imhof.
2026 ist Schluss
Die beiden haben viele Stammgäste, vorwiegend aus der Region, die regelmässig kommen und zum Teil zu Freunden geworden sind. Der andere Hauptteil sind Wanderer, viele davon aus der nahen Romandie oder dem Baselland. Der Betrieb läuft gut. Es kann vorkommen, dass Imhofs an den Wochenenden sogar Gäste wegschicken müssen, um nicht zu lange Wartezeiten zu riskieren.
Darüber, dass sie so gut von den Leuten angenommen werden, seien sie froh, auch, wenn es nicht immer ganz einfach sei, allen gerecht zu werden, erzählen sie. «Zum grössten Teil sind die Gäste super, aber Ausnahmen gibt es überall», sagt Urs Imhof. Noch bis 2026 will das Ehepaar auf dem Stierenberg wirten. Bis dahin wollen sie mit ihrer Gastfreundschaft, ihrer Küche und natürlich der speziellen Übernachtung im ausgebauten Bauwagen noch viele Besucherinnen und Besucher glücklich machen.
Kosten
Eine Übernachtung im Bauwagen auf dem Matzendörfer Stierenberg kostet 45 Franken. Im Preis inbegriffen ist das Frühstück, welches im Gasthof serviert wird.