Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Dieses uns allen bekannte Sprichwort halte ich – pardon für die Wortwahl – für ziemlichen Mist. In den meisten Fällen jedenfalls. Denn klar, es gibt Situationen, in denen man besser den Mund hält. Während eines heftigen Streits etwa, wenn bestimmte Worte unser Gegenüber nur noch mehr verletzen, noch mehr anstacheln oder noch mehr in die Ecke drängen würden. Kommunikationsspezialisten wüssten auch sicher noch ein paar weitere Beispiele für Augenblicke, in denen Schweigen dem Reden vorzuziehen ist.
Ich persönlich beobachte tagtäglich das Gegenteil. So viel Unausgesprochenes, das längst einmal aufs Tapet gebracht werden sollte. So viel Runterschlucken, um den vermeintlichen Frieden weiter zu wahren. So viel Unerwähntes, um nicht die ganze Wahrheit sagen zu müssen. Aus welchen Gründen das alles auch immer geschieht: Gut kann das auf Dauer nicht sein und gesund schon mal gar nicht.
Leichter gesagt als getan? Sicher, schliesslich sind wir alle nur Menschen. Und natürlich bin auch ich keine Ausnahme und beherrsche diese Schweige- Kunst meisterlich. Trotzdem oder gerade deshalb möchte ich mir in Zukunft öfter überlegen, wann Schweigen nicht einmal mehr Bronze ist. Wann die Kehrseite der Medaille glänzender wird als die Vorderseite. Wann der Schatten einfach mal übersprungen werden muss. Denn wer einmal auf dem vierten Platz gelandet ist, für den ist der Sprung auf welchen Podestplatz auch immer doppelt so schwierig.
Sabrina Glanzmann plädiert für mehr goldige Redemomente.