Martin Christiani und Julia Lange / Anzeiger Thal Gäu Olten
Martin Christiani im Garten des Kapuzinerklosters Olten. Hier, in der Kapuzinerkirche, findet am 10. November das erste der vier von ihm initiierten Konzerte statt.

Mann mit Hut und grosser Passion

Martin Christiani holt Gitarristin Julia Lange für vier Konzerte nach Olten und Balsthal

Sie entzückt mit ihrem Gitarrenspiel auf grossen Bühnen, er, der Balsthaler Martin «Stricki» Christiani, ist ihr vielleicht grösster Bewunderer. Nun hat er Julia Lange als Initiant und Veranstalter für gleich vier Konzerte in Olten und Balsthal im November engagiert. Mit dem festen Ziel, dass die junge Virtuosin vor vollen Kirchen auftreten wird. Er verspricht «stilvolle und musikalisch einmalige» Konzerte. Und eine zwanglose Kollekte – mit Hut.

Aufmerksam geworden auf sie und ihr Gitarrenspiel ist Martin «Stricki» Christiani auf YouTube. Sie spielte auf dem Kanal sein Lieblingslied «Asturias» – und er war hin und weg. Erstmals live gesehen hat er Julia Lange vor vier, fünf Jahren, in der Nähe von Darmstadt. Nach besagtem Auftritt fuhr er fasziniert wieder heim nach Balsthal – und machte beim nächsten Konzert im Bühnenbereich auf sich aufmerksam. «Jetzt habe ich 854 Kilometer gemacht für knapp zwei Stunden wundervolle Musik», erzählte er lauthals. Er erreichte sein Ziel und fiel dem Staff auf, worauf die Künstlerin ihn vor Publikum dankend erwähnte.

Acht Konzerte sind es mittlerweile geworden und zusätzlich ein Prüfungskonzert, bei denen er zu Gast war. Entstanden ist eine Freundschaft zwischen dem bald 62-Jährigen aus dem Thal und der 26-jährigen Virtuosin mit Gitarre. «Mich fasziniert an ihrem Spiel die Perfektion, vor allem aber auch das Musische», sagt er. Dies sei das Spezielle an ihrem Gitarrenspiel, «das macht niemand besser».

Für ihn nur folgerichtig, engagierte er Julia Lange anlässlich seines 60. Geburtstags vor zwei Jahren für ein Konzert in die Stephankirche in Fulenbach, ihr erster Auftritt in unserem Land. Zwar habe sich das Publikum von ihrer musikalischen Vielseitigkeit «berühren lassen», kommt er ins Schwärmen. Schade nur: Wegen der Pandemie machte sich damals gerade mal ein knappes Dutzend Leute auf den Weg in die Kirche.

Martin Christiani und Julia Lange / Anzeiger Thal Gäu Olten
Julia Lange lernte den Balsthaler vor Jahren an einem ihrer Konzerte kennen. Mittlerweile ist zwischen den beiden eine Freundschaft entstanden.


Die moralische Schuld tilgen
Schon damals wusste Christiani: Es soll nicht ihr letzter Auftritt in der Schweiz gewesen sein. «Es ist für mich eine Art moralische Schuld, dass sie es verdient, vor einem vollen Saal bei uns auftreten zu dürfen», erklärt er die Beweggründe, weshalb die Künstlerin im November nun gleich viermal in Olten und Balsthal auftreten wird. «Das ist sehr ambitiös», betont der Initiant und Veranstalter. Er verspricht, dass niemand sein Kommen werde bereuen müssen – und dass die Kollekte effektiv auf freiwilliger Basis passiere. «Mir ist egal, ob jemand einen Fünfliber oder hundert Franken in den Hut legt!» Die Künstlerin wird übrigens sogar noch ein fünftes Konzert geben, welches nicht plakatiert ist und spontan entstand, «als sozialer Akt» und ohne Gage, wie Christiani erzählt. Am Samstagnachmittag des 11. November wird sie um 15 Uhr eine Dreiviertelstunde im Demenzzentrum Lindenpark in Balsthal auftreten.

Der umtriebige Mann hat sich geschworen, ihre Auftritte diesmal richtig und professionell zu bewerben, es «besser zu machen», wie er sagt. Ihm freundschaftlich zur Seite, damals wie heute, steht Stephan Berger. Der Oberamtvorsteher wird sämtliche Konzerte mit Julia Lange, die nicht nur ein Millionenpublikum auf den sozialen Netzwerken begeistert, sondern schon auf internationalen Bühnen in Hongkong oder Indien aufgetreten ist, moderieren.

Den Keller zum Studio umgebaut
Martin Christiani kennt man im Thal, und nicht nur dort. Er hat vor Jahren auch schon überregional für Schlagzeilen gesorgt. Als LKW-Fahrer, der immer und überall eine Gelegenheit fand, um zu stricken – Pullover zu stricken. «Ich habe am Zoll gestrickt, in Fernfahrerbeizen, einfach überall, wo es gepasst hat», sagt er schmunzelnd. Daraus resultierten Reportagen in regionalen Medien und er habe gemerkt, was es heisse, im Rampenlicht zu stehen, erzählt er. Deshalb auch sein Beiname «Stricki». Aus gesundheitlichen Gründen ist er seit längerem frühpensioniert, arbeitet aber in Teilzeit, mit Lieferwagen und Anhänger, als Allrounder bei der Firma Tribelhorn in Zuchwil. Als 20-Jähriger kam er in unsere Region und wohnt schon seit einiger Zeit in Balsthal, im zweiten Stockwerk der Chäsi. Längst hat er den Keller zum Gitarrenstudio umfunktioniert, der Autodidakt spielt das Instrument auch selber, mit enorm viel Leidenschaft. «Julia ist auch mein Vorbild, ich habe schon Workshops bei ihr besucht und viel von ihr bezüglich Haltung und Spiel gelernt», erzählt er enthusiastisch. Er staune immer wieder, wie es ihr gelinge, innovative Techniken der modernen Fingerstylegitarre mit filigraner, klassischer Gitarrentechnik zu vereinen und so einzigartige Klangwelten zu kreieren. Mit acht Jahren habe sie sich des Bruders Gitarre geschnappt und ihr Sackgeld geopfert, damit er ihr die ersten Töne beibringt. Christiani: «Jetzt übt sie acht Stunden täglich, um ihr Level zu halten.»

Was also dürfen die Besucherinnen und Besucher der Konzerte im November erwarten? «Einen stilvollen und musikalisch einmaligen Anlass», verspricht der Initiant. Und tippt mit vorfreudigem Lächeln an die Krempe seines Huts.

«Gitarre der Extraklasse»: Julia Lange tritt in der Region wie folgt auf: 10. November, 19.30 Uhr, in der Kapuzinerkirche Olten; 11. November, 19 Uhr, in der reformierten Kirche Balsthal; 12. November, 10 Uhr, Gottesdienst in der reformierten Kirche Balsthal; 12. November, 17 Uhr, Abschlusskonzert in der reformierten Kirche Balsthal. Der Eintritt ist frei, es wird eine Kollekte mit Hut eingezogen.

Text: NIK & Bilder: EMU/ZVG