Mit spitzer Feder

Sabrina Glanzmann

Mit Erwartungen ist das so eine Sache. Wir haben alle welche – an uns und an andere. Angemessene und übertriebene. Solche, die wir erfüllen und andere, denen wir nicht entsprechen (können oder wollen). Indem wir annehmen, was jemand anderes tue, geben wir immer auch viel über uns selbst preis. «Aber ich darf schon von dir erwarten, dass du auch mal den Geschirrspüler ausräumst» meint: Ich bin es, die/der ihn immer ausräumt. Klar, das ist eine vergleichsweise harmlose Erwartung, die nicht viel Schaden anrichtet bei der Empfängerin, ausser vielleicht kurz ein schlechtes, weil ertapptes Gewissen.

Erwartungen können aber auch Tieferes auslösen. Gefühle, Muster oder Verhaltensweisen, und zwar gute wie schlechte. Diese Formen von Erwartungen werden selten als solche ausgesprochen. Vielmehr spüren wir sie dann, wenn das Gegenüber am Telefon für einen kurzen Moment still ist, wenn wir eine Verabredung absagen müssen. Und sich bei uns dann das schlechte Gewissen meldet, obwohl die Absage gute Gründe hatte. Oder wir spüren sie dann, wenn wir endlich mal richtig gesehen werden – vom Chef für unsere Arbeit, vom Partner für unsere Hilfe, vom Leben für unsere Resilienz. Und sich bei uns dann Freude und Genugtuung melden.

Erwartungen werden enttäuscht, erfüllt, übertroffen, bestätigt – bei uns und bei anderen. Die Frage bleibt, was wir währenddessen tun. Wenn der Zustand der Hoffnung, der Annahme, noch alle Möglichkeiten in sich trägt. Was, wenn dann etwas Unerwartetes passiert?

Sabrina Glanzmann versucht, so wenig wie möglich von anderen zu erwarten. Worin sie aber nicht sonderlich erfolgreich ist.