Christian Bachofner, Gemeindepräsident von Starrkirch-Wil, sitzt bereits auf dem Bänkli auf dem Kreuzhubel, dem höchsten Punkt des Kreuzweges, als wir ihn treffen. Der schöne Weg quer durch die Landwirtschaftszone des Dorfes oberhalb von Olten führt von Wil nach Starrkirch und ist ein beliebter Spazierweg für viele Ansässige wie auch Auswärtige. Bachofner wohnt am Beginn des Weges und sein Gang zum Gemeindezentrum, seinem Arbeitsplatz als Gemeindepräsident, führt ihn über den unteren Teil des Pfades.
Der sportliche 56-Jährige geht immer zu Fuss in sein Büro. «Es ist ein wunderschöner Weg und vom Hubel mit dem Kreuz aus hat man eine fantastische Aussicht auf unsere Gemeinde in alle Richtungen, ohne dass man einen Berg erklimmen muss.» Der Weg war auch schon Teil von Kulturaktionen wie zum Beispiel im Jahr 2017 für die Ausstellung «CH-4656 IM BLICK», bei der entlang des Pfades grossformatige Fotografien und Texttafeln von 13 Kunstschaffenden aus der Region ausgestellt waren. Initiiert wurde diese Ausstellung von der Kulturstiftung Starrkirch-Wil, die 20 Jahre lang alle zwei Jahre sehr aufwändige und sehenswerte Kunstaktionen in allen Genres veranstaltete. Der sehr kulturinteressierte Christian Bachofner war zu Beginn auch im Stiftungsrat, mittlerweile wurde die Stiftung aber aufgelöst, weil das Kapital aufgebraucht war. Bereits besteht im kulturfreundlichen Dorf aber ein neues Highlight mit der «KulturKirche 4656», die Anfang Jahr offiziell eingeweiht wurde. Dafür kaufte die Gemeinde der christkatholischen Kirchgemeinde 2019 mit sehr grosser Unterstützung der Bevölkerung die alte Dorfkirche ab. Um die Rahmenbedingungen zu schaffen, legte sich nebst anderen auch der Gemeindepräsident ins Zeug: «Ich habe die Trommeln geklopft, um die Leute zum Mitmachen zu motivieren», beschreibt er sein Engagement für die Umnutzung der schmucken Kirche, die seit 2018 nicht mehr von der christkatholischen Kirchgemeinde benutzt worden war. Man gründete einen Verein, seither sind schon verschiedene kulturelle Aktivitäten in der dafür umgebauten Kirche über die Bühne gegangen. Nach wie vor finden aber auch Abdankungen, Hochzeiten und Taufen dort statt.
Mit der Grösse wachsen Erwartungen
Natürlich sind in Starrkirch-Wil, das für eine so kleine Gemeinde über ein sehr reges Kulturleben verfügt, auch andere Themen im Fokus. «Seit 2017 erleben wir grosse Bautätigkeiten, es entstanden zum Beispiel zwei grosse Überbauungen», sagt Christian Bachofner. Dadurch habe man viele neue Gesichter in der Gemeinde begrüssen können. Durch das bereits seit rund 35 Jahren grosse Bevölkerungswachstum – in diesem Zeitraum hat sich die Einwohnerzahl auf rund 2000 Personen verdoppelt – sind in der Gemeindepolitik Punkte wie Schulraum und Infrastruktur immer wieder ein zentrales Thema. «Bei so einer Grösse wachsen auch die Anforderungen und Erwartungen an die öffentliche Hand», berichtet der studierte Betriebswirtschafter. Die Dinge würden sich nicht von selbst organisieren und alles zu professionalisieren sei nebst dem finanziellen Aufwand per se nicht immer die beste Lösung, gibt er zu bedenken. «Aber es freut mich stets, dass wir für die verschiedensten Einrichtungen und Institutionen auch heute immer wieder starke Persönlichkeiten finden, die sich freiwillig für bestimmte Anliegen und Einrichtungen engagieren.»
Dies führe zu einem guten Zusammengehörigkeitsgefühl und stifte Identität. Allerdings sei das auch ein heikler Pfad, insbesondere wenn das Dorf eine gewisse Grösse erreicht habe und damit die Aufgaben auch immer umfangreicher würden. So wurde in seiner Amtszeit das Bauwesen in der Gemeinde mit einem Sachbearbeiter professionalisiert und auch die Schulleitung erhielt schon vor 15 Jahren ein fixes Pensum.
Die Finanzen wieder im Griff
Ein weiterer Punkt, der umgesetzt wurde, ist der Mittagstisch im Schulhaus, der rege benutzt wird. Auf Initiative von Eltern wurde ein Verein gegründet mit dem Ziel, dass die Schüler und Schülerinnen in der Schule mittagessen können. «Wir unterstützen diese gute und sinnvolle Einrichtung finanziell und stellen die Räumlichkeiten zur Verfügung», beschreibt Bachofner diese erfolgreiche Idee aus der Bevölkerung.
Vor rund 12 Jahren hatte die Gemeinde Starrkirch-Wil eine Weile finanzielle Probleme, die Steuereinnahmen stagnierten und Sparmassnahmen sowie eine Steuererhöhung waren die Folge. Im Dorf gibt es praktisch keine juristischen Steuerzahler, keine Firmen also, da sich die Topografie für Industrie und Gewerbe nur sehr bedingt eignet. «Mittlerweile sind die Finanzen aber wieder im Lot und der Steuerfuss konnte auf gute 110 Punkte gesenkt werden», resümiert das aktive Mitglied des Männerturnvereins die bewältigten Probleme.
Wenn die Vorzüge auch Nachteile generieren
Als einen der herausragenden Punkte des Dorfes beschreibt Christian Bachofner die zentrale Lage in der Schweiz und die Nähe zur Stadt auf der einen Seite und die einfach erreichbaren Naherholungsgebiete quasi vor der Haustüre zum anderen. Der Wiler- und Säliwald, der Engelberg, das Sälischlössli, der Tierpark Mühletäli, die Wartburghöfe und die alte Aare sind alle rund um das Dorf zu finden. «Gleichzeitig sind dieselben Punkte manchmal auch Nachteile, wenn die Gemeinde nur als Schlafort oder rücksichtslos als Freizeitzone wahrgenommen wird», warnt der belesene Gemeindepräsident. So leide man auch durch den Durchgangsverkehr und den täglichen Rückstau auf der Hauptstrasse.
Mehrere Restaurants und ein Dorfbeck
Aber der Gemeindepräsident fühlt sich sehr wohl in Starrkirch-Wil, wo er seit seiner Schulzeit wohnt. Ihm gefällt die dörfliche Struktur, dennoch sei man sehr nahe an den Zentren wie Olten und Aarau. Obwohl ein Grossteil der Bevölkerung auswärts arbeitet, habe man ein funktionierendes Dorfleben und man verfüge über mehrere Restaurants und einen Beck als Treffpunkt. «Und wir pflegen hier wirklich ein aussergewöhnliches Kulturleben», beschreibt Christian Bachofner einen weiteren Vorzug «seines» Dorfes, bevor er auf dem schönen Kreuzweg zufrieden weiter geht, dem Gemeindezentrum entgegen.
Christian Bachofner
Christian Bachofner ist 1968 in Olten geboren, besuchte Schulen in Lenk, Starrkirch-Wil und Olten. Später studierte er Betriebswirtschaft an der Uni Bern und Kopenhagen. Seit 1995 arbeitet er bei der UBS in Zürich, ist tätig im Controllingbereich mit diversen Stationen auch im Ausland. Seit 1993 ist er in der Kommunalpolitik tätig und seit 2017 Gemeindepräsident. Er ist verheiratet und Vater dreier erwachsener Kinder. Seine Hobbies sind Sport aktiv (Männerturnverein und Indiaca) und als Zuschauer (EHCO oder Fussball). Skifahren und Wandern mit Lieblingsort in den Bergen des Berner Oberlandes gehören auch dazu. Ausserdem liest er, wenn es die Zeit zulässt, gerne historische Romane oder politische Literatur, wie aktuell die Memoiren von Henry Kissinger.