Denise Donatsch / Anzeiger Thal Gäu Olten
Denise Donatsch bezeichnet es als «enormes Privileg», dass sie kreativ arbeiten darf. «Es gibt keinen Moment, der mir zu unwichtig wäre, als dass ich nicht aufgewühlt oder berührt oder erfreut wäre», sagt die Vielseitige.

Sie tut und kreiert, was ihr gefällt

Denise Donatsch steht aktuell als eine der beiden Philosophinnen auf der Bühne

Sie ist Theaterschaffende, Liedermacherin, Musicaldarstellerin, ausgebildete Primarlehrerin, freie Journalistin und studiert dann und wann Philosophie. Wer Denise Donatsch in eine Schublade stecken möchte, wird scheitern. Sie selber sagt über sich, bei all ihrem Tun und mit ihrem Hang zum Tagträumen verarbeite sie ja bloss Geschichten und Ideen. Aktuell startet das Multitalent aus Olten gemeinsam mit Anne-Cathrine Kramis als «Die Philosophinnen» durch, ein Sprechtheater mit Musik und Gesang.

Als Theaterschaffende könne sie schreiben, kreieren, sich ausleben. Aber auch mit verschiedenen Charakteren in neue Welten eintauchen und eine andere Perspektive einnehmen, sagt sie. Macht sie Musik, so verspürt sie ganz einfach «Entspannung, Zufriedenheit, Ruhe» und das Gefühl, keine Rolle spielen zu müssen. Sie bewege sich in einer universellen Sprache auf einer anderen Bewusstseinsebene, lässt sie tief in ihr Inneres blicken. «Die Welt wird unwichtig, löst sich auf.» Nur gut, mag die Journalistin Denise Donatsch es sehr, Menschen kennenzulernen und deren berührende Geschichten zu erfahren und zu erleben, die Welt und Sachen zu entdecken, mit denen sie sonst nicht in Berührung käme. «Ich darf in diesem Beruf kritisch sein und mache Hirnsport – oft unter Zeitdruck.» Von purer Horizonterweiterung spricht sie. Neckisch, aber passend, dass sie nun auch noch Philosophie studiert. Mit Unterbrüchen und wohl als «ewige Studentin», aber das müsse in der Philosophie doch so sein, sagt sie. Und lacht. Sie studiert, weil es ihr für das Leben etwas bringen soll. Weil sie sich die Zeit nehmen will, zumindest zu versuchen, die ganz grossen Zusammenhänge zu erfassen, sie zu erkennen.

Sprechtheater mit Musik und Gesang
Aktuell steht die 43-Jährige mit Anne- Cathrine Kramis als «Die Philosophinnen » mit dem Stück «Auszeit!» auf der Bühne. Am vergangenen Wochenende taten die beiden dies mit ihrem «Sprechtheater mit Musik und Gesang», wie sie es nennen, gleich zweimal im Theater Mausefalle in Solothurn. Weitere Auftritte sind terminiert, so etwa Mitte November in Olten. Der Plot mit dem Philosophieren passt vorzüglich, er ist den beiden quasi auf den Leib geschustert: Weil ihre Bühnenpartnerin seit Jahren Philosophie und Ethik unterrichtet und sie selber nun eigene Einflüsse aus ihrem Studium einbringen kann.

Dabei hatte die gebürtige Bündnerin, die in Olten aufgewachsen ist, 2019 ganz andere Pläne. Sie hatte ein Musical geschrieben, ein Dreifrauenstück, wie sie erzählt. Die Tournee war aufgegleist, dann kam die Pandemie. Mit ihr fielen nicht nur die Auftritte weg, die drei waren plötzlich nur noch ein Duo, weil die Dritte im Bunde sich zurückzog. So entschieden die Zuchwilerin Kramis und Donatsch, zu zweit etwas Bühnentaugliches zu realisieren. Eben, als Philosophinnen. Die Arbeit begann bei null, ihnen sei lediglich klar gewesen, dass ein Stück zu diesem Thema eine provokante Note haben müsse. «Allein die Bezeichnung ‹Die Philosophinnen› könnte einen Nerv treffen», weiss sie. Denn wer denke beim Fach Philosophie schon an Frauen?

Denise Donatsch / Anzeiger Thal Gäu Olten
Zwei schrullige Charaktere, die im Kloster ihre zerstrittene Freundschaft kitten möchten: Denise Donatsch und Anne-Cathrine Kramis als «Die Philosophinnen».


Mitnichten ein akademisches Gelaber
Die Affiche ihres Stücks «Auszeit!»: Helena und Justine gehen ins Kloster. Die Auszeit soll ihre zerstrittene Freundschaft wieder kitten. Schliesslich müssen sie harmonieren: Gemeinsam haben sie schon zwei Philosophiebücher geschrieben, nun naht die Deadline für das dritte. Im Kloster angekommen, versucht eine körperlose Stimme, den beiden ein Therapieprogramm einzuflüstern. Natürlich klappt das nicht, dazu hinterfragen die Philosophinnen zu viel. Oder wie es im Begleittext zum Stück auf der Website der beiden heisst: Das Stück bewegt sich durch philosophische Welten, durchlebt emotionale Berg- und Talfahrten, verstrickt sich in psychologischen Abgründen und gipfelt in humoristischer Menschlichkeit …

Die beiden Künstlerinnen verknüpfen im Stück ihr denkerisches und musikalisches Handwerk: Beide singen sie, spielen Gitarre und Bass und werden von einem Pianisten begleitet. «Die beiden sind ein bisschen schrullige Charaktere, damit spielen wir und versuchen erst gar nicht, diese Schrulligkeit zu kontrollieren oder gar zu verstecken», erzählt sie. Ihr Spiel soll im Gegenteil eine Einladung sein an die schrulligen, skurrilen Seiten dieser aus den Fugen geratenen Welt.

Gewollt ist selbstredend auch die Konkurrenzsituation auf der Bühne: Hier die leidenschaftliche Helena, dort die vernünftige Justine, gespielt von Denise Donatsch – passt gut zu ihr, die sich als «oftmals zu verkopft» bezeichnet. Das Stück habe durchaus einen versöhnlichen Ansatz, sagt sie. Und eben: Es sei mitnichten akademisches Gelaber. «Wir nehmen auch uns selber aufs Korn!»

Sie lässt sich nicht schubladisieren
Ihrem Motto ist Denise Donatsch mit all ihren vielen Talenten stets treu geblieben: Machen, was ihr gefällt. Und sich von nichts und niemandem von ihrem Weg abbringen oder in eine bestimmte Schublade stecken lassen. Weil schon ihr Vater Musiker war, hatte sie mit fünf ihren ersten offiziellen Auftritt als Sängerin bei einer Hochzeit. Als Elfjährige war sie Solistin im Jugendchor, mit 15 komponierte sie ihre ersten eigenen Songs. Nachdem sie das Lehrerseminar abschloss, besuchte sie mit 23 Jahren die dreijährige Berufsausbildung zur Musicaldarstellerin in Bern an der Swiss Musical Academy, wo sie ihre heutige Bühnenpartnerin kennenlernte. Nach Mutterschaft – ihre Kids sind 21, 10 und 8 – verschiedensten Auftritten als Sängerin, Tänzerin und Schauspielerin – etwa im Casino Theater Winterthur mit Joachim Rittmeyer und Patrick Frey – konzentrierte sie sich wieder auf ihre musikalischen Wurzeln und lancierte 2016 ihr erstes eigenes Bandprojekt. 2017 erschien ihr Debüt-Album «Wenn alles angersch wär», gänzlich in Mundart und mit Eigenkompositionen. Das zweite Album «Alter Egos», produziert vom langjährigen Produzenten von Philipp Fankhauser, Marco Jencarelli, erschien im Frühling 2021. Mitten in der Pandemie also.

Vielleicht schon bald mit Soloprogramm
Es sei ein «enormes Privileg», dass sie kreativ arbeiten dürfe, unterstreicht Denise Donatsch. «Passieren» kann ihr dieses Kreativsein schlicht überall. «Es gibt keinen Moment, der mir zu unwichtig wäre, als dass ich nicht aufgewühlt oder berührt oder erfreut wäre.» Das sei, sagt sie, wie wenn sie eine Brausetablette auf der Zunge zergehen lassen würde. Dabei war sie noch als Mittdreissigerin regelmässig ob sich selber, ob all ihren chaotischen Einfällen und Neigungen, schier verzweifelt. Bis sie eines Tages realisierte: Hey, ich kann doch meine schreiberischen Fähigkeiten mit meinem musikalischen Talent kombinieren. Ihre Leidenschaft war und ist denn auch das Kreieren von Geschichten und Welten. Gut möglich, dass sie sich in Bälde an ein Soloprogramm wagt, wo sie Musik und Texte «aufeinanderprallen » lassen wird.

Vorerst aber, ab Herbst dieses Jahres, will sie sich in Deutschland zur Theaterpädagogin BuT ausbilden lassen und dann auch Kindern und Jugendlichen in der Region Olten Theaterkurse anbieten. Der Grund ist ebenso simpel wie schön: Nie im Leben sei sie so glücklich gewesen wie während Theater- und Musikprojekten. «Diese Welt möchte ich gerne jüngeren Menschen weitergeben.»

Die nächsten Auftritte der Philosophinnen: Am 25. Oktober im Obristhof Oftringen und am 13. November ein Kurzauftritt im Schwager Theater Olten auf «Claires schiefer Bühne». Speziell freuen sich die zwei auf den Auftritt am 15. November an den Bieler Philosophietagen.

Infos/Tickets: www.diephilosophinnen.ch

Text: NIK & Bilder: ZVG