Maegy Niederoest / Anzeiger Thal Gäu Olten

Sie hatte den Mut, etwas zu wagen

Mägy Niederöst will in Oensingen die Mädchen fürs Fussballspielen begeistern

Seit 2006 trainiert Mägy Niderost im Kinderfussball, seit 2022 tut sie dies in Oensingen mit Mädchen. Für den Fussballverband, der nicht zuletzt die kommende Europameisterschaft in der Schweiz nutzen will, um Mädchen zum Vereinsbeitritt zu motivieren, ist die Balsthalerin Botschafterin an vorderster Front. «Ich bin Trainerin aus Leidenschaft», sagt sie.

Was mit einem Infoabend im Dezember 2021 begann, gipfelte schon einen Monat später im ersten Training: Das Projekt «Girls Football FC Oensingen». Innert weniger Wochen hatte Initiantin und Trainerin Mägy Nideröst 28 Mädchen beieinander, die nur eines wollten: Fussballspielen. Los ging das Projekt mit Mädchen mit Jahrgang 2007 bis 2012. Heute sind sie in Oensingen mit drei Frauenteams am Start: FF12, FF15 und FF19. Mägy Nideröst trainiert die Mädchen mit Jahrgang 10 bis 16 und ist überzeugt: «Das Potenzial im Kanton Solothurn und speziell bei uns hier in der Region ist gross!» Ihr Ziel ist es, bis in zwei Jahren eine 3. Liga-Frauenmannschaft sowie eine FF19 und FF15 des FC Oensingen zu stellen. Seit 2006 schon hat sie Buben trainiert, seit zweieinhalb Jahren nun die Mädchen im Gäu.

Frau traut sich das (oft) nicht zu
Gemäss dem Legacy Konzept soll der Frauenfussball hierzulande in den nächsten drei Jahren gezielt gefördert werden, nicht zuletzt natürlich vor der WEURO 2025, welche kommendes Jahr in der Schweiz über die Bühne gehen wird. Zu diesem Zweck werden auch Anlässe wie der Tag des Mädchenfussballs ins Leben gerufen, der kommende Woche in Härkingen stattfindet (Details am Ende des Textes). Dank des Grossanlasses in unserem Land sollen mehr Vereine motiviert werden, den Frauenfussball zu fördern. Und es sollen auch mehr «Meitschi» motiviert werden, den Vereinen beizutreten, erklärt Nideröst. «Es gibt viele Möglichkeiten, aber man muss auch den Mut haben, etwas zu wagen!» Auch mehr Trainerinnen will der Fussballverband ins Boot holen. «Es ist leider so», sagt Mägy Nideröst: «Frau traut sich das oft nicht zu!» Sie schon, schliesslich hat sie das C-Diplom, könnte also auch Männerteams bis und mit 3. Liga trainieren. «Man muss ein Spiel lesen können», erklärt sie. Was sie damit meint: Ob Mann oder Frau, ist eigentlich egal.

Die 60-Jährige kommt aus einer eishockeyverrückten Familie und hat seit letztem Jahr in der kantonalen Frauenfussballkommission Einsitz mit Albine Sulejmani und Manuela Segginger vom SOFV. Ihre Tochter, Naja Glanzmann, die Jüngste ihrer vier Kinder, war die Erste, die in den FC gegangen ist. Noch bei YB hatte sie mit Florijana Ismaili zusammengespielt, die bei einem Badeunfall im Comersee ertrank. «Dieser Todesfall hat mich damals sehr beschäftigt», erzählt Mägy Nideröst. Es war der Startschuss für die Frauenbewegung. Heute ist ihre Tochter Leistungsträgerin bei St. Gallen, in der obersten Frauenliga. Natürlich spielen auch die beiden Schwestern und der Bruder Fussball.

Den Jungen eine Perspektive geben
Mägy Nideröst sieht sich als eine Art Botschafterin für den Frauenfussball, aber auch als Ansprechpartnerin für künftige Trainerinnen. Ihre Kinder seien erwachsen, sie sei Trainerin «aus Leidenschaft», erzählt sie, die hauptberuflich bei der Spitex Gäu im Palliativ- und Demenzteam arbeitet. Immer mittwochs und freitags trainiert sie ihre Teams, am Wochenende finden die Matches statt. Im Frauenfussball, weiss sie, brauche es sehr viel Geduld – die Mädchen müsse man anders abholen als Jungs. So geht sie mit ihnen ein- bis zweimal pro Jahr die Schweizer Frauennati anschauen, live, vor Ort. Schliesslich sei es wichtig, den Jungen eine Perspektive zu geben. «Gleichzeitig muss ich als Trainerin aber auch sehr konsequent sein.» Ihrer Meinung nach hat der Frauenfussball sich in den letzten paar Jahren «enorm entwickelt».

Die fehlende Infrastruktur
Was die WEURO 2025 und ihr Euphoriepotenzial betrifft, ist die Balsthalerin überraschend vorsichtig in den Erwartungen. Natürlich sei das eine Riesensache für den Frauenfussball, deshalb gelte es ja auch, alle Chancen zu nutzen. Sollte der grosse Boom aber erst ein paar Jahre später kommen, wäre sie auch nicht enttäuscht. Bezüglich Infrastruktur hinke man bei den Frauen halt schon noch hinterher. Alle Vereine verfügten über viel zu wenig Kabinen, allein schon das Duschen für ihre Girls sei ein grosses Problem – da macht Oensingen keine Ausnahme. «Möglich deshalb, dass die WEURO noch zu früh kommt», sinniert sie.

Umso erfreulicher die Zustimmung, die Mägy Niderost seit Beginn ihrer Trainertätigkeit in Oensingen zuteil wird. Alle zwei bis drei Wochen trete wieder ein neues fussballbegeistertes Mädchen dem FC bei. Aktuell sinds in drei Teams 46 lizenzierte Mädchen. Diese kommen aus dem Gäu selber, aber auch schon mal aus Grenchen zum Training nach Oensingen. Apropos Motivation: Die Engagierte hat sogar ein Lied für ihre Mädchen getextet, nach der Melodie von Tina Turners «Simply the best» heisst dies dann in ihrer Version: «Wir sind parat!»

Der Solothurner Fussballverband organisiert den Tag des Mädchenfussballs für alle Mädchen mit Jahrgang 2010 bis 2018. Am Mittwoch, 25. September, von 14 bis 17.30 Uhr auf der Sportanlage Aesch in Härkingen. Um 18.30 Uhr kann das Spiel der FF15, Gäu Selection – FC Oensingen, angeschaut werden. Infos zu diesem Event und die Möglichkeit zur Anmeldung gibts auf der Website sofv.ch, unter «News». Infos zu Girls Football FC Oensingen via Mägy Nideröst, Tel. 079 794 62 37.