Seit 25 Jahren betreibt Susanne Uebelhardt in Herbetswil ihre Praxis für Ernährung. Kurzfristige Erfolge mit ein paar Kilos weniger bei ihren Klientinnen und Klienten sind ihr Ding nicht. «Sie müssen lernen, dass nicht das Reduzieren des Gewichts zentral ist, sondern dass sie ihre Gewohnheiten ändern müssen.»
Dass es bei ihrem Kurs, der am 22. respektive 24. Oktober startet (siehe Box) um achtsame Ernährung geht, ist naheliegend. Das Thema Essen und Ernährung prägt das ganze berufliche Leben von Susanne Uebelhardt. Zu Beginn allerdings aus anderer Warte als heute, musste sie doch als eines der Kinder der Familie im ehemaligen Restaurant Wolfsschlucht den Kochberuf erlernen. Erst nach einer Hirnblutung mit Anfang zwanzig kam sie mit dem Thema Ernährungsberatung in Berührung – es sollte sie nicht mehr loslassen. Am Berner Inselspital machte sie die Ausbildung zur diplomierten Ernährungsberaterin HF, es folgten unzählige Weiterbildungen und mit fünfzig zusätzlich der Titel «BSc in Ernährung und Diätetik BFH». Danach übte die Thalerin ihren Beruf parallel zu ihrer Selbstständigkeit im Kompetenzzentrum für Essverhalten, Adipositas und Psyche (KEA) am Spital Zofingen aus. Die Zeit mit der dortigen Chefärztin Bettina Isenschmid bezeichnet sie als ihre «prägendste und lehrreichste». Just im Bereich Essstörung habe sie dort enorm viel Erfahrung sammeln können.
Ein anderes Bewusstsein für das Essen aufbauen
In die Selbstständigkeit sei sie eigentlich «reingerutscht», erzählt die 58-Jährige. Beim Verein Region Thal leitete und entwickelte Susanne Uebelhardt das Projekt «Ernährungskoffer für Kindergärtner bis Viertklässler». Eine Tätigkeit, welche die Nachfrage nach ihrem Wissen auf diesem Gebiet und ihrer Beratung noch steigerte. «Die Leute kommen meistens zu mir wegen Essstörungen, Nahrungsmittelunverträglichkeiten – Stichwort: Reizdarm – oder vegetarischer Ernährungsform, in erster Linie aber, weil sie ihr Gewicht reduzieren möchten», sagt sie. Aber mit diesem ersten Besuch in ihrer Praxis beginne idealerweise eigentlich erst ein langer Weg. «Meine Klientinnen und Klienten müssen lernen, dass nicht das Reduzieren des Gewichts zentral ist, sondern dass sie ihre Gewohnheiten ändern müssen.» Der Mensch müsse reif dafür sein, in der heutigen Überflussgesellschaft ein anderes Bewusstsein fürs Essen aufzubauen, erzählt sie. Will heissen: Er oder sie soll die Hungersignale bewusst wahrnehmen, regelmässig, ausgewogen und gut essen – aber dies eben achtsam tun und merken, wenn man satt ist. Je öfter einem dies gelinge, desto einfacher werde es, im richtigen Moment aufzuhören. Früher, als es noch keinen Wohlstand gab, habe man halt einfach «viel gegessen und schnell gegessen ». «Dieser Überlebenstrieb ist tief in uns drin», sagt die Fachfrau. Sie weiss: Wenn wir in gesättigtem Zustand trotzdem weiteressen, produziert der Körper Fett. Mittels Anwendung des Zürcher Ressourcen Modells (ZRM) arbeitet Susanne Uebelhardt auch stark auf der psychologischen Ebene und versucht so, ihre Klientel bezüglich Essverhalten «auf eine gute Linie» zu bringen.
Viele schwarze Schafe in der Branche
Der Schönheitsideale werden immer mehr, die sozialen Medien tragen ihren Teil dazu bei. Die Branche boomt also, und das zieht auch viele Kurpfuscher an, die für Schlagzeilen sorgen. «Von uns Gelernten, die die Sache seriös angehen, redet man dann nicht. Aber wenn die Schwierigkeiten der Leute zu gross sind, liegt es dann an uns, mal eben rasch noch das Wunder zu vollbringen», konstatiert sie trocken. Das tönt weniger frustriert als vielmehr ernüchtert. Der Schwarzmarkt im Bereich der bariatrischen Eingriffe, wenn also etwa ein Magen operativ verkleinert wird, um eine Gewichtsabnahme zu initiieren, sei gross. «Vielen Menschen wird auf diese Weise das Leben zerstört, weil sie nach der Operation nicht mehr essen können, wie sie wollen.» Ihre Zusammenarbeit mit den Ärztinnen und Ärzten im Thal, im Kantonsspital Olten und im Bürgerspital Solothurn bezeichnet sie als sehr gut. Es überrascht kaum, dass sie auch einer Fett-Weg-Spritze als isolierte Massnahme skeptisch gegenübersteht.
«Wer meine Praxis aufsucht, hat sich das lange überlegt. Da ist oft viel Scham mit im Spiel», sagt sie. Sie weiss: Nichts ist schwieriger, als Gewohnheiten zu ändern. Aber dass es möglich ist, haben viele ihrer Klienten und Klientinnen bewiesen.
Sechsteiliger Kurs für achtsame Ernährung
In ihrer Praxis an der Moosstrasse 303 in Herbetswil führt Susanne Uebelhardt ab Ende Oktober je einen Nachmittags- und Abendkurs in sechs Teilen mit einer Gruppengrösse von vier bis sechs Personen durch, für welchen man sich ab sofort via ihrer Website anmelden kann. Praktische Übungen und Theorie sollen Anlass geben zu einem reflektierten Umgang mit der eigenen Ernährung. Weil in der fünften Einheit auch gemeinsam gegessen wird, sollten die Teilnehmenden des Kurses dann auch Hunger mitbringen. Beginn des Nachmittagskurses ist am 22. Oktober, der Abendkurs startet am 24. Oktober.