Ruedi Nützi Buch / Anzeiger Thal Gäu Olten
«Als Vorgesetzter bin ich nicht dafür verantwortlich, dass meine Mitarbeitenden am Montagmorgen glücklich zur Arbeit erscheinen. Aber es geht mich etwas an, wie sie sich am Arbeitsplatz selber motivieren»: Buchautor Ruedi Nützi.

Rücken freihalten statt Töggeliturnier

Ruedi Nützi hat ein Buch über starke Unternehmenskultur geschrieben

Wo wir gerne arbeiten? Ruedi Nützi hat in seinem gleichnamigen Buch die Antwort darauf gegeben und erklärt, was eine starke Unternehmenskultur und erfolgreiche KMU ausmacht. Viel wichtiger als der monatliche Teamevent sei es, den Mitarbeitenden ehrliches Feedback zu geben und ihnen den Rücken freizuhalten. Nützi ist überzeugt: «Ein Drittel der Führungskräfte ist unfähig.»

Als Trainer und Berater für Firmen setzt sich Ruedi Nützi mit der Unternehmensführung auseinander. Der vormalige Direktor für Wirtschaft an der Fachhochschule Nordwestschweiz ist heute Dozent für Leadership und Kommunikation. Aus jahrzehntelanger Erfahrung und dank seinem Einsitz im Verwaltungsrat dreier KMU weiss er: Arbeit hat nach wie vor einen hohen Stellenwert in unserem Land, auch wenn wir wesentlich weniger arbeiten als noch vor 25 Jahren. Er spricht von 1530 Stunden, das seien 138 weniger als noch um die Jahrtausendwende. Was Nützi ebenfalls weiss: «Leadership in der Praxis ist alles andere als vorbildlich. » Ein Drittel der Führungskräfte nutze seine Position für rein egoistische Zwecke aus, sei letztlich «unfähig». Will heissen: Wenig empathisch, nicht integrativ, selbst- oder machtbezogen und auch narzisstisch. «All dies ist weder Sache des Intellekts noch des Alters.»

Vor diesem Hintergrund hat er letztes Jahr das Buch mit dem vielsagenden Titel «Wo wir gerne arbeiten – starke Unternehmenskultur, erfolgreiche KMU» auf den Markt gebracht. Er habe darin die Frage beantworten wollen, was ein guter Chef sei und was die Mitarbeitenden zu besagter Kultur beitragen könnten. Denn die Verantwortung ist laut dem 68-jährigen Wolfwiler auch im aktuellen Arbeitnehmermarkt durchaus gegenseitig: Zufriedene Mitarbeitende generieren zufriedene Kunden und damit den Erfolg des Unternehmens. Eine durchaus simple Gleichung – zumindest auf dem Papier.

Drei entscheidende Faktoren
Drei Faktoren sind gemäss Nützi massgeblich dafür, wo man gerne arbeitet und wo man sich mit seiner Arbeit identifiziert. Der erste Punkt sei die Sinnhaftigkeit, man müsse den Sinn seiner Arbeit sehen. Der zweite Punkt sei die Wirksamkeit – «ich möchte die Wirkung, die ich mit meiner Tätigkeit auslöse, den Impact, doch auch sehen und erleben.» Als dritten Faktor nennt er das Team: «Man soll sich wohl und gut aufgehoben fühlen. » Er unterstreicht, dass das Betriebsklima jeden Tag von allen Beteiligten gemacht wird. Sie entscheiden also in der Summe, ob dieses giftig und resignativ oder aber angenehm und deshalb auch produktiv ist. Ruedi Nützi: «Als Vorgesetzter bin ich nicht dafür verantwortlich, dass meine Mitarbeitenden am Montagmorgen glücklich zur Arbeit erscheinen. Aber es geht mich etwas an, wie sie sich am Arbeitsplatz selber motivieren.» Er ist davon überzeugt, dass es vielen Verantwortlichen in KMU gar nicht bewusst ist, dass sie so manches richtig machen. Deshalb würden diese Skills auch zu wenig bewusst eingesetzt.

Die Chance geben, einfach «nur» zu arbeiten
Viele Chefs hierzulande hätten fälschlicherweise das Gefühl, sie müssten punkto Gratisessen und Töggelikasten im Büro mit Google & Co. mithalten. Er erzähle ihnen dann jeweils, dass man kein schlechtes Gewissen haben müsse, wenn man nicht jeden Monat einen Teamevent auf die Beine stelle, sagt Nützi genüsslich. Der springende Punkt sei aber ein anderer: «Erfolgreiche Firmen schaffen es, dass ihre Mitarbeitenden sich auf ihre Arbeit konzentrieren können.» Ein Treuhänder wolle letztlich doch korrekte Jahresabschlüsse machen, ein Schreiner mit Holz arbeiten, der Mechaniker «schräubelen». Das tönt hochgradig unspektakulär: Fokus auf die Arbeit. Eine gute Führungskraft schaffe für ihre Leute den passenden Rahmen, in dem sie sich entfalten könnten. Das heisst laut Nützi im Umkehrschluss aus Sicht des Mitarbeitenden eben auch: Ich werde in Ruhe gelassen und kann selbstbestimmt arbeiten. «Man lässt das Team machen, weil man selbst als Vorgesetzter ja auch noch zu tun hat. Das ist Vertrauenskultur!» Und belegt laut dem Autor auch: Gute Kultur im Unternehmen ist keine Frage des Geldes.

Bewusstsein schärfen für die, die es gut machen
«Ich möchte mit meinem Buch das Bewusstsein schärfen für Firmen, die es wirklich gut machen», sagt Ruedi Nützi. Ihn ärgert es massiv, wenn die öffentliche Meinung vom Untergang der CS oder dem Lohn von UBS-Chef Ermotti dominiert wird. In seinem Buch werden deshalb elf Unternehmen vorgestellt, die in den Augen Nützis in den genannten Bereichen vorbildlich agieren, darunter auch einige Vorzeigeadressen im Anzeigergebiet. Seine Botschaft bringt er in halbtägigen Schulungen bei Teamleitern unter die Leute, ebenso in Referaten, wo er sein Werk flugs zur Pflichtlektüre erklärt und sich darüber freut, wenn ihm ein Zuhörer, wie jüngst passiert, sagt: «Ein gutes Buch. Mein Chef sollte das mal lesen.»

Text: NIK & Bild: ZVG