Mit spitzer Feder

Sabrina Glanzmann

Kaum liegt der Frühlingsanfang hinter uns, können wir ihn wieder riechen: den Grillduft in der Luft. Was wäre ein Schweizer Jahr nur ohne ihn? Ohne tonnenschwere Holzkohlenvorräte in der Garage, ohne routinierte Gasflaschenschlepperei und ohne die Angst an strahlend schönen Wochenenden, die Lieblings-Brätelstelle könnte schon besetzt sein? «Ich grilliere, also bin ich» ist das Mantra, nach dem im ganzen Land ausgiebig gelebt und gekocht wird.

Ich hatte an einem früheren Wohnort in Bern einmal einen Nachbarn, der sogar für einen einzelnen Cervelat das volle Grillritual zelebrierte. Genüsslich feuerte er stundenlang ein, legte geduldig Scheit um Scheit in sein Gartencheminée und freute sich wie ein kleines Kind über die entstandene Decke aus Glut. Manchmal lud er die Nachbarschaft zu einem Stück Fleisch vom Rost ein oder fragte, ob wir unser Grillgut gleich zu ihm rüberbringen wollten. «Es lohnt sich ja nicht, wenn alle für sich allein anfeuern», sagte er. Damit hatte er natürlich recht, aber ich spürte auch immer, dass er zuweilen wohl etwas einsam und dies eine Möglichkeit war, sich Gesellschaft in den Garten zu holen.

Wer also vorhat, auch in der Saison 2025 «Tsch tsch»-Geräusche im Akkord zu erzeugen, denkt dabei idealerweise auch an diejenigen, die sich über eine spontane Einladung besonders freuen würden. Es reicht nämlich schon, wenn jeder alleine im eigenen Auto morgens zur Arbeit fährt – umso sinniger, wenn sich das abends beim Grillieren nicht wiederholt.

Sabrina Glanzmann mag den Grill-Fanatismus der Schweizerinnen und Schweizer – auch wenn er ab und zu doch recht bünzlig daherkommen kann.