Was sind das doch für herrlich sonnige Tage, die uns gerade beschert werden! Uns Menschen tut das gut. Im Sonnenlicht der länger werdenden Tage steigt die Konzentration von Serotonin und Dopamin, wodurch wir uns glücklicher, zufriedener, weniger angstvoll fühlen.
So funktioniert der Mensch im Allgemeinen. Und dann gibt es da noch den Homo helveticus im Speziellen. Und bei dem wird, so meine jahrzehntelange Beobachtung, im Lenz noch ein weiteres Hormon massenhaft ausgeschüttet: das Munditin. Das kommt vom lateinischen «Munditia» – die Reinlichkeit. Nicht das kleinste Unkraut darf die helvetische Garageneinfahrt an Ostern zieren. Der Gemüsegarten ist unmittelbar nach dem vermeintlich letzten Frost gejätet und gehackt. Und der Rasen erstrahlt nach Düngung, Vertikutierung und Schnitt in bester Golfplatzmanier. Bei mir ist wohl die Munditin-Drüse kaputt. Mein Rasen (der eigentlich gar kein Rasen ist) ist noch ungemäht. Der Gemüsegarten ist noch im Winterlook. Und das Baumschnittgut liegt noch aufgehäuft in der Hostett.
Munditin gibt es in unserem Körper genauso wenig wie Zierrasen in meiner Hostett. Deshalb ist es auch nicht schuld daran, dass es bei mir nicht so herausgeputzt ausschaut wie anderswo. Das liegt vielmehr daran, dass ich nicht nach Reinlichkeit strebe, sondern nach der Blütenpracht im Frühling, nach schattigen Plätzchen im Sommer, nach Fruchtertrag im Herbst und nach Süssmost im Winter. Und irgendwie finde ich das ziemlich normal.
Stefan Müller-Altermatt, entspannter Hobbygärtner.