Mit spitzer Feder

Tanja Baumberger

Ich gestehe: Ich war skeptisch. Der ESC und ich – das war früher Liebe auf den ersten Ton. Damals, als Chansons noch Seelen berührten und echte Orchester spielten. In den letzten Jahren habe ich meist abgeschaltet: zu laut, zu grell, zu leer. Und dann kam Nemo.

Ein Lied, das nicht gefallen will. Eine Haltung, die aneckt. Mutig, unbequem, authentisch. Und ja – singen kann er! Die Schweiz gewinnt. Und ich denke: Wie sollen wir das stemmen?

Basel liefert – die Show: Weltklasse. Sandra Studer: souverän, grandios in allem! Hazel Brugger: scharf, charmant, witzig. Michelle Hunziker: Glitzer und viel Italianità.

Was SRF & Co. auf die Beine gestellt haben, schlichtweg umwerfend. Die Schweiz kann ESC. Nicht klein, nicht bieder – sondern laut, bunt, professionell, mit Herz und Humor. Die Schweiz kann also auch gross – sie hat es drauf!

Unsere Zoë? Schön anders. Böse Zungen sagen: zu wenig Spektakel. Aber genau darum gings mal, um Stimme, nicht um Pyro, nackte Haut oder Weltanschauungen. Zoë wird ihren Weg gehen – mich hat sie als Fan gewonnen.

Der österreichische Beitrag? Gesanglich top – für mich etwas zu «viel». Mein Sitznachbar meinte trocken: «Warum klingen die Männer alle wie Stechmücken? Ist das jetzt Trend?» Vielleicht? Wers kann, zeigts halt. Ja: der ESC kostet. Aber was er bringt an Sichtbarkeit, Identität und Stolz, ist unbezahlbar.

Ein Wunsch zum Schluss: Ich hätte gerne alle Kantone auf den Postkarten gesehen – dann wäre vielleicht auch der Kanton Solothurn einmal ins Rampenlicht gerückt.

Es lebe die Musik!