In den nächsten Wochen trifft sich in unserer Region wieder Europa – auf dem Autobahnkreuz Härkingen und im Eisenbahnknoten Olten. Die noch bleichen Teutonen kreuzen auf ihrem Weg auf den Grill von Rimini die Tessiner, die sich gerade zum Skandinavien-Trip aufmachen. Halbantike holländische Wohnwagen hupen an der Belchenrampe die übermüdeten dänischen Familienväter hinter dem Steuer wach. Im Oltner Bahnhof sitzt das Nachtzug- Kind aus Hamburg im Pyjama neben dem Trekkingfreak aus England in waterproof Funktionsbekleidung.
Es ist jammerschade, bekommen wir das alles gar nicht wirklich mit. Wir hören hier kaum Dänisch oder Holländisch. Wir hören keine Anekdoten von der Reise, keine Erfahrungen aus anderen Ländern. Wir sehen nur Nummernschilder. Rot auf Weiss: Belgien, Schwarz auf Gelb: Holland. Da sind wir stark. Und wir hören den Verkehr. Der Tourismus macht die Bevölkerung offen – wenn sie denn etwas davon hat. Wenn sie nur die touristischen Schattenseiten zu spüren bekommt, geschieht das Gegenteil: Sie verhasst sehr schnell alle fremdländischen Autokennzeichen mitsamt den Fahrzeughaltern.
Es ist deshalb klar, was zu tun ist: Wir dürfen die Europäer nicht durchfahren lassen – wir müssen sie hierbehalten. Ihnen die Roggenfluh zeigen, das Haar&Kamm, die Teufels- und die Wolfsschlucht. Wir brauchen mehr Hotelbetten, mehr Ferienwohnungen, mehr touristische Infrastruktur. Ganz zuerst braucht es dafür aber ein anderes Mindset, das da sagt: Hier ists nicht zum Durchfahren. Hier ists zum Sein!
Stefan Müller-Altermatt wünscht schöne Ferien. Hier oder anderswo.