Mit spitzer Feder

Sabrina Glanzmann

«Leider hat es den Falschen erwischt.» Dieser Kommentar stand letzte Woche auf Blick online, unter einem Artikel zur Ermordung von Charlie Kirk. Der amerikanische Politaktivist war als Gastredner an eine Universität in Utah eingeladen und dort auf der Bühne erschossen worden. «Der Richtige» wäre nach Meinung des Kommentierenden wohl Donald Trump gewesen, wenn man der Diskussion folgt. Gleichzeitig ist in anderen Kommentaren von «Wer Wind sät, wird Sturm ernten» die Rede. Womit unter dem Strich offenbar nichts Anderes gemeint ist, als dass es der Rechtskonservative und Trump- Vertraute Kirk verdient hätte, erschossen zu werden.

Der 31-jährige polarisierte, etwa mit extremen Ansichten zum Waffengesetz oder zu Abtreibungen. Es geht hier aber nicht darum, Charlie Kirks Meinungen zu thematisieren, sie als richtig oder falsch einzuordnen. Aber wie jetzt in den sozialen Medien wieder gutgeheissen, ja regelrecht applaudiert wird, wenn einem Andersdenkenden etwas zustösst, ist einmal mehr erschreckend. Erst recht, wenn es um eine Ermordung geht. Vielleicht bin ich bis heute das naive Mädchen vom Lande geblieben, das die Stammtische voller (zigarre)rauchender Köpfe vor sich sieht und wie man sich trotz hitzigen und strittigen Debatten am Ende doch immer auf die Schulter klopfte und «schlof guet, bis morn» zurief. Klar, früher war nicht alles besser. Aber es gab keine Tastaturen, die jede moralische Schranke in Sekundenschnelle überwinden, ohne jemandem in die Augen sehen zu müssen.

Sabrina Glanzmann fragt sich, wie Diskussionen zwischen Andersdenkenden in fünfzig Jahren geführt werden. Wenn überhaupt noch.