Mit spitzer Feder

Dietmar Rohrmann

Vor kurzem war ich, schon lange nicht mehr, an einer Hochzeit eingeladen. Liegt Heiraten im Trend? Interessant war die Generation der 68er, damals war Heiraten nicht gerade angesagt, zu bürgerlich, zu spiessig, zu altmodisch. Lieber probierte man neue Lebensmodelle aus, gründete WGs und Kommunen, versuchte es vielleicht sogar mal mit einer offenen Beziehung oder lebte als Paar ohne Trauschein zusammen. Wilde Ehen statt kirchlicher Hochzeiten.

Heute ist Heiraten offensichtlich wieder modisch. Neben der grossen Liebe spielen Sicherheit, Geborgenheit und Beständigkeit eine immer wichtigere Rolle. Wegen der unsicheren Bedingungen ausserhalb des Privaten wird die Zuflucht in sichere soziale Beziehungen gesucht und verdrängt damit das Idealbild der autonomen Lebensführung.

Interessant ist auch, dass die Paare bei der Hochzeit heutzutage meistens deutlich älter sind als früher. Zuerst wird mal im Job was gemacht und gereist, und erst wenn die Familiengründung in den Vordergrund rückt, kommt das Thema Ehe auf den Tisch.

Ich finde Heiraten ja auch toll, solange ich nicht die Hauptfigur bin. Neu können auch Gleichgeschlechtliche die Ehe eingehen und müssen sich nicht mehr hinter der eingetragenen Partnerschaft verstecken. Das finde ich auch gut.

Kennen Sie Sologamie? Die Lösung für unglückliche Singles scheint gefunden. Wie sollen sich einsame Singles sonst den Traum von diesem besonderen, romantischen, schönsten Tag des Lebens erfüllen, wenn sie keinen Partner haben. Ganz einfach, sie heiraten sich selbst. Das finde ich hingegen schon ein wenig komisch.