Pascal Berger kommt auf seinem Mountain-Bike mit viel Schwung hinauf zu seinem Lieblingsort in Holderbank, dem Ehrenplatz Ueli Hafner, geradelt. Auf dem schön gestalteten Platz unter einer prächtigen Weide, der im Oktober 2010 zu Ehren des einheimischen Mundartdichters eingeweiht wurde, findet man einen Gedenkstein mit Skulptur des Wiedlisbacher Künstlers Hans Roggenmoser. Das schöne Werk stellt ein aufgeschlagenes Buch dar, auf dessen Seiten das Holderbankerlied «Mys Holderbank» zu lesen ist. Es stammt aus der Feder von Ueli Hafner.
«Der Platz wird oft als Treffpunkt gewählt, weil ihn alle kennen im Dorf», erzählt der umtriebige Gemeindepräsident. So wählt ihn jeweils auch der Natur-, Vogelschutz- und Verschönerungsverein Holderbank als Ausgangspunkt für seinen traditionellen Arbeitstag. Von dort schwärmen die Teilnehmenden aus, um das Dorf zu verschönern. Auch der jährliche Anlass für Neuzuzüger im Thal fand dieses Jahr auf den Spuren von Ueli Hafner statt, ergänzt Pascal Berger. «Dieses Jahr hat er auf dem Poesieweg, der auch von diesem Platz aus startet, stattgefunden », erinnert sich der sportliche 49-Jährige an den schönen Anlass. «Der Ort strahlt Ruhe und Beständigkeit aus und regt zum Nachdenken an. In der heutigen, hektischen Zeit etwas, das man in der Gesellschaft leider nicht mehr so häufig antrifft.»
Die Krise hinter sich gelassen
Die Gemeinde Holderbank ist in Bezug auf die Bevölkerung am Wachsen. Waren es vor zwölf Jahren noch 630, sind es heute über 790 Einwohnerinnen und Einwohner im beschaulichen Dorf, das sehr idyllisch zwischen der ersten und der zweiten Jurakette eingebettet ist, umgeben von wunderschönen Naturgebieten und einem prächtigen Erholungsraum. Der Bau der Mehrfamilienhäuser am Dorfeingang habe dieses Bevölkerungswachstum ermöglicht, es gebe aber dadurch auch vermehrte Wechsel, erklärt Berger. Auch den Steuerfuss konnte man im Dorf mittlerweile senken, von sehr hohen 150 auf 132 Prozentpunkte. Die sehr hohen Steuern entstanden durch finanzielle Schwierigkeiten, 2014 griff der Kanton ein und erhöhte den Steuerfuss in Holderbank auf besagte 150 Prozent. Es galt damals auch Investitionen zurückzustellen, um finanziell wieder zu gesunden. Seit 2017 kann die Thaler Gemeinde dank Einsparungen und der Hilfe des Kantons das Budget wieder in eigener Regie erarbeiten und die Finanzen wurden als saniert anerkannt.
«Wir haben nach wie vor Nachholbedarf beim Ausbau der Infrastruktur wie Wasser, Abwasser und Strassen, sind mittlerweile aber auf einem guten Weg», resümiert Pascal Berger die überstandene Krise.
Verantwortung trägt er gerne
Der Leiter eines Produktionswerkes in Lostorf, welches Teile aus Draht und Rohren für die Verbindungstechnik herstellt, mag sein Amt: «Es ist eine sehr interessante Arbeit in Bereichen, wo man normalerweise nicht so einfach Einblick hat, wie zum Beispiel die ARA, der Bevölkerungsschutz, das Forstwesen oder auch die Sozialregion Thal Gäu.» Er habe bei seiner Arbeit in der Industrie gelernt, Verantwortung zu übernehmen und sei sich eine Führungsposition gewohnt, sagt er. Ab 2017 war Berger im Gemeinderat, und als 2021 Gemeindepräsident Urs Hubler aufhörte, stellte er sich als Einziger zur Verfügung und wurde in stiller Wahl bestätigt. Es sei in so kleinen Dörfern landauf und landab ein immer grösseres Problem, Personen zu finden, die politische Verantwortung übernehmen wollen. So seien auch bei ihnen nicht alle Kommissionen voll besetzt: «Vor 10 Jahren war das noch nicht so, diese Tendenz ist leider steigend.» Bergers Pensum als Vorsteher der Gemeinde beträgt 20 Prozent, zurzeit sind es noch 10 Prozent zusätzlich für die Amtsschreiberei, die nicht besetzt ist. Er komme trotz seines 100-Prozent-Jobs gut damit zurecht und stehe auch für eine weitere Amtsperiode zur Verfügung. «Einerseits mache ich es sehr gerne, andererseits gebietet mir mein Stolz, die bisher angefangenen Projekte fertigzustellen», erklärt der ehrgeizige Mann. So möchte er zum Beispiel gerne die guten Fortschritte in der Digitalisierung der Gemeinde fortführen.
Der Kaffi-Treff als Ort der Begegnung
Schade findet Pascal Berger, dass in der Gemeinde tagsüber keine Restaurants mehr offen haben. Der Frohsinn «Schindle Grill» hat nur abends geöffnet, das Hotel Kreuz steht nur noch für Bankette zur Verfügung. Ansonsten muss man auf die Bergrestaurants ausweichen. Auch die Post, Bank und der Bankomat sind verschwunden aus dem Dorf und seit der Pensionierung der Betreiberin des Denner Satelliten gibt es auch keinerlei Einkaufsmöglichkeiten mehr. Mit der fehlenden Post machte man ein bisschen «eine Sache» in der Gemeinde, schliesslich könne man die Einzahlung wie seine Mutter direkt vor der Haustüre beim Pöstler erledigen, wenn man es nicht online machen könne, gibt Berger zu bedenken. «Meine Mutter ist sogar froh, dass sie nicht mehr runter ins Dorf laufen muss, um zur Post zu gehen», erzählt er lächelnd. Die Schliessung der letzten Einkaufsmöglichkeit ist im Gemeinderat zwar ein Thema gewesen, man hat aber befunden, dass dies keine Aufgabe des Rates ist. Immerhin: Beim Hotel Kreuz hegt man gewisse Hoffnungen, dass der Nachwuchs der Betreiber, ein gelernter Koch und international unterwegs, zurückkehrt und den Tagesbetrieb dieses früher sehr beliebten und gut besuchten Gastro-Betriebes dereinst wieder aufnehmen wird.
Aber die Menschen im Dorf, die sich fast alle kennen, wussten sich zu helfen und ein paar Frauen gründeten den Kaffi- Treff, der immer am letzten Freitag im Monat stattfindet. «Dafür stellen wir den Gemeindesaal gerne zur Verfügung, zumal sie damit sowieso keine Gewinne erzielen», begrüsst Pascal Berger diese Initiative, die sehr gut genutzt wird und zum Austausch innerhalb der Bevölkerung beiträgt.
Idealer Ort für Familien mit Kindern
Natürlich gibt es auch in Zukunft Probleme zu lösen wie die steigenden Kosten im sozialen Bereich. So sind insbesondere die Kosten für Spitex und ambulante Pflege wegen des zunehmenden Alters der Bevölkerung gestiegen. Aber auch die Unterbringung von Flüchtlingen – seit dem Beginn des Ukrainekrieges muss Holderbank für 17 Menschen eine Bleibe bieten – sei nicht einfach. «Ich habe selbst eine vierköpfige Familie bei uns im Haus untergebracht, die sehr dankbar und hilfsbereit ist», erzählt Berger. Allerdings habe man auch unangenehme Erfahrungen mit Flüchtlingen gemacht, die sogar zu regelmässigen Polizeieinsätzen geführt hätten. «Darum bin ich froh um meine positiven Erfahrungen mit den Flüchtlingen bei uns.» So lerne man, nicht alle und alles zu schubladisieren und man sehe die Dinge differenzierter.
Pascal Berger schätzt die Offenheit und Geselligkeit der Einwohnerinnen und Einwohner. Holderbank sei ein idealer Platz, um sich mit einer Familie mit Kindern niederzulassen. «Man kennt sich hier und kann sehr gut miteinander reden. » Am Schattenberg, wo er wohne, könne er auf das ganze Dorf sehen. «Ein sehr schöner, idyllischer Ort.»
Pascal Berger
Pascal Berger wurde im April 1975 in Oensingen geboren. Mit 13 Jahren ist er nach Holderbank gekommen und er blieb dort wohnen. Seit 2021 ist er Gemeindepräsident. Seine Mutter wohnt gleich im Haus nebenan. Berger ist geschieden und hat keine Kinder. Seine Hobbies sind Wandern und Radfahren. Er hat eine Lehre als Kunststofftechnologe gemacht und ist beruflich seit 30 Jahren in der produzierenden Industrie zuhause.