Mit spitzer Feder

Martina Flück

Meine Thaler Homebase liegt neben vielen grasenden Hühnern. Meine Heimatbesuche werden so auch immer zu Hühnerbeobachtungen, oft mit anregenden Gedanken wie zum Beispiel letzten Samstag:

Ein einzelnes Huhn spaziert über das Feld, weit entfernt von seinen Mithühnern, ausserhalb seines Geheges, jenseits jeder Begrenzung. Es wirkt, als wäre es auf Entdeckungstour und kümmere sich in keinster Weise, was die anderen Hühner von ihm denken. Offensichtlich beobachte ich ein sehr aufgewecktes, neugieriges Exemplar. Ein am Feldrand geparktes Auto umrundet es gleich zweimal. Was es wohl dabei entdeckt? Ich bilde mir ein, dem Huhn seine Freude am Alleingang anzusehen. Es muss das gleiche Huhn sein, das ich beim letzten Besuch im Schweinestall entdeckt hatte. Ein Huhn auf Abwegen? Ein Huhn mit einer Identitätskrise? Oder ein Huhn, das sich um keine Grenzen schert? Das einfach das tut, wonach ihm der Kopf steht? Seinen Horizont erweitert, der Begrenzung seines Alltags entschlüpft, vielleicht auch den Konflikten in seiner Herde? Es wagt sich aus der Sicherheit der Gruppe heraus, macht sich angreifbar durch diesen Alleingang. Macht es das zu einem dummen Huhn? Oder zu einem mutigen? Vielleicht ist es sogar beides zugleich. Auf jeden Fall ist es heute für mich ein sehr inspirierendes Huhn. Wie es da vor sich hin spaziert und mir ein Gefühl der Zusammengehörigkeit schenkt.

Die Natur ist voller Wunder. Wir Menschen sind ein Teil davon. Ein respektvoller Umgang mit uns und unserer Umwelt erhält so eine neue Dringlichkeit. Denn: Alles ist eins.