Wie lange ist Ihre Fahrprüfung her? Würden Sie die Prüfungen in Theorie und Praxis heute noch einmal bestehen? Der TCS bietet Kurse für nicht mehr ganz junge Verkehrsteilnehmende an, die dieser Frage nachgehen. Als Selbstversuch hat der Schreibende dieser Zeilen an einem Check Up- Kurs teilgenommen.
«Wenn die Ampel nicht mehr funktioniert, heisst es ‹Rechts vor Links›». Was wie eine Zusammenfassung der aktuellen deutschen Politik tönt, ist eine der Erkenntnisse des Check Up-Kurses. Dieser ist in zwei Teile gegliedert. Im ersten Teil mit allen Teilnehmenden geht es um die Theorie. An einem späteren Termin steht die Praxis auf dem Prüfstand. Hier ist jede und jeder mit dem eigenen Fahrzeug rund 45 Minuten unterwegs, unter den kritischen Augen der Kursleiterin.
An diesem Kurstag ist die Gruppe mit fünf Personen klein, normalerweise sind es mehr. Die Stimmung ist locker, man einigt sich schnell aufs «Du».
Die Teilnehmenden sind alle freiwillig dabei, es wurde niemand wegen einem Unfall oder wegen unsicherem Fahren zu diesem Kurs «verdonnert». «Es sind Leute, die einfach wissen möchten, wo sie stehen», sagt Kursleiterin Vreni Müller, ehemalige Lastwagenfahrerin und Fahrlehrerin. Der Kurs, den sie im Auftrag der TCS Sektion Solothurn durchführt, ist auch nicht mit einer Fahrprüfung zu vergleichen: Man kann nicht durchfallen, wenn man Fehler macht. Niemand muss nach dem Kurs die Fahrerlaubnis abgeben. «Aber es kann schon sein, dass ich nach der Autofahrt jemandem empfehle, ein Ende der Fahrkarriere in Betracht zu ziehen», meint sie vielsagend.

Kreiselfahren, war da was?
Befragt zur Motivation für die Teilnahme geben die meisten an, dass sie sich über die neuen Regeln informieren und eine Standortbestimmung machen möchten. Das Motto des Kurses lautet «Damit Sie auch im Alter sicher unterwegs sind». Es erstaunt daher nicht, dass bei den meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Fahrprüfung über 30 Jahre her ist.
Und in dieser Zeit kann sich viel ändern, was die Regeln im Strassenverkehr angeht. Heute gibt es in der Schweiz rund 3400 Kreisel. Der Kreiselboom startete hierzulande erst Mitte der 1980er-Jahre. Es erstaunt nicht, dass sich der Autor dieser Zeilen nicht erinnern kann, ob «Kreiselfahren » damals zur Fahrausbildung gehörte. Sehr gut erinnern kann er sich hingegen – wie wohl die meisten Oltner seiner Generation – an Fahrten über die Citykreuzung. Da wurde geübt, bis sich die Vortrittsregeln ins Stammhirn eingeprägt haben…
Theorie, aber Stimmung ist locker
Aber zurück in die Gegenwart. Zu Beginn wird ein Fragebogen (Multiple Choice) mit 17 Fragen verteilt, den jeder für sich ausfüllt. Ausgewertet wird er dann am Schluss. So kann man nach der Auffrischung sehen, ob man danach besser geantwortet hätte.
Danach geht es mit der Theorie los. Das erste Thema ist der Vortritt an einer Kreuzung, der hierarchisch geregelt ist: Oberste Priorität hat der Polizist (oder eine andere Person, die den Verkehr regelt). Wenn niemand regelt, übernimmt die Ampel das Kommando. Gibt es keine Ampel – oder ist sie nicht aktiv – dann gelten die Signale («Kein Vortritt », «Hauptstrasse»). Erst dann gilt der Rechtsvortritt. Hand aufs Herz: Hätten Sie das noch gewusst?
Weitere Themen sind das korrekte Blinken, Bremswege, Reifenprofile, das korrekte Einfädeln im Reissverschlussverkehr und vieles mehr. Auch wenn dieser Teil den Titel «Theoriekurs » trägt, die Stimmung ist locker, es wird diskutiert. Zwischenfragen sind nicht nur erlaubt, sondern willkommen. Vreni Müller hat als Lastwagenfahrerin und Fahrlehrerin viel Erfahrung und kann fast alle verkehrstechnischen Fragen beantworten. Nur bei der Frage nach dem Sinn des «kürzesten Veloweges» musste sie passen (siehe Zweittext unten). Eine Frage betraf die in den letzten Jahren aufgekommenen, farbig angemalten Strassenteile, die immer öfter in 20er- Zonen auftauchen. Was bedeuten sie? Spielt es eine Rolle, ob die Flächen grünlich oder eher rosa sind? Was haben sie rechtlich für Konsequenzen? Nun, die Antwort ist einfach: keine. Die farbigen Flächen haben die Aufgabe, die Aufmerksamkeit der Verkehrsteilnehmenden zu erhöhen. Diese reduzieren die Geschwindigkeit und passen besser auf.

Zum Schluss wird der Fragebogen ausgewertet. Die Quote ist bei allen Teilnehmenden sehr gut. Dabei muss man auch berücksichtigen, dass man im Strassenverkehr nicht so lange überlegen kann, ob nun das gelbe oder das blaue Auto Vorfahrt hat. Auch der Chronist hat den Bogen fast fehlerfrei ausgefüllt. Tja, beim Bremsen ist die Anhaltestrecke und der Bremsweg nicht identisch…
… und die Praxis
Nach der Theorie ist – an einem anderen Tag – auch die Praxis auf dem Prüfstand. Rund 45 Minuten dauert der Fahrtest, inklusive Feedback der Kursleiterin. Die Fahrt findet ohne Druck statt. Weder kann man durchfallen noch gibt es eine «Muss-Strecke». Wer nicht gerne Autobahn fährt, muss auch nicht auf die Autobahn. Dass es keine Fahrprüfung ist, hat auch der Autor erfahren, als er mit rund 110km/h auf der vielbefahrenen Autobahn unterwegs war: «An der Fahrprüfung würde ich jetzt beschleunigen und überholen. Aber ich fahre lieber etwas langsamer und ohne ständigen Spurwechsel. So komme ich vielleicht ein, zwei Minuten später an, dafür wesentlich erholter.» Von der Kursleiterin gibts Zustimmung: «Ja, das ist sinnvoll.» Etwas auszusetzen hat sie aber doch: Zu oft wurde die Kupplung gedrückt und der Motor lief im Leerlauf. «Da musst du in Zukunft mehr darauf achten.» Was somit auch passiert ist.
Informativ und nie schulmeisterlich
Der Kurs ist eine gute Gelegenheit, vorhandenes Wissen aufzufrischen und allfällige Lücken zu schliessen. Man bekommt ein Feedback, wie es um die eigenen Fahrfähigkeiten steht.
Im Gespräch nach der Testfahrt fällt auch das Fazit von Franziska und Gregory positiv aus. «Der Theorie-Teil war nie schulmeisterlich, es war informativ und hat Spass gemacht», meinen beide unisono. Franziska, die bei Fahrten auf der Autobahn das Steuer gern Gregory überliess, war motiviert, bei Vreni eine Fahrstunde mit Schwerpunkt Autobahn zu nehmen. So oder so können die beiden es sich gut vorstellen, in ein paar Jahren den Kurs nochmals zu machen.
Weitere Kurse finden in Oensingen (19.2./16.4./11.6./20.8.) und Olten statt. In Oensingen gibt es am 11.6. und 5.11. Kurse nur für Frauen.
Infos und Anmeldung: tcsso.ch/kurse