Zu Weihnachten habe ich auf Twitter (oder X, wie das Ding jetzt heisst) ein paar besinnliche Zeilen geschrieben. Ein anderer Twitterer benutzte diesen Tweet, um meine Partei als Hort Pädophiler darzustellen. Der implizite Vorwurf der Pädophilie. Das wäre eigentlich sogar strafrechtlich relevant. Selbstverständlich scheue ich den Aufwand, einen anonymen Twitterer zu verklagen und ihm damit noch Gewicht zu geben. Ich meldete den Post aber bei der Plattform selber, worauf mir beschieden wurde, dieser Inhalt verstosse nicht gegen die Regeln.
Verleumdung ist bei X also völlig normal. Genauso wie Rassismus, Sexismus, Homophobie.
Seit Neujahr nutze ich Twitter respektive X nicht mehr.
Nun mag man mir sagen, das sei halt freie Meinungsäusserung und man dürfe doch wohl noch sagen, was man denke. Oder wie das in der aktuellen Debatte heisst: Ich solle doch nicht «woke» sein. Ich halte diese Debatte für sehr gefährlich. Es geht nämlich nicht um den Streit von Ideologien. Es geht schlicht um die Verrohung des Diskurses.
Eine Demokratie funktioniert nur mit gegenseitigem Respekt. Eine Gesellschaft lebt und entwickelt sich weiter dank der Verschiedenartigkeit ihrer Mitglieder. Und Friede und Freiheit bedingen die Einhaltung gemeinsam vereinbarter Regeln. Wer dies nicht anerkennt, sei es im Netz oder im realen Leben, der sagt nicht «frei seine Meinung », der verbreitet Hass.
Und Hass ist keine Meinung!
Stefan Müller-Altermatt, auf die Sprache bedacht.