Arno Bürgi / Anzeiger Thal Gäu Olten
«Ich werde noch einzelne Projekte weiter begleiten bis zur endgültigen Übergabe»: Arno Bürgi beim Biotop St. Peter in Kestenholz.

«Nicht alles auf die Goldwaage legen»

Sommerinterviews (VI): Arno Bürgi, ab 2013 Gemeindepräsident von Kestenholz

Man dürfe in diesem Amt nicht alles auf die Goldwaage legen, weiss Arno Bürgi. Nach zwölf Jahren als Gemeindepräsident von Kestenholz hat er Ende Juli seinen letzten Arbeitstag gehabt. «Nun freue ich mich wirklich darauf, massiv weniger Termine zu haben», sagt er. Auch wenn seine Gemeinde überschaubarer gewachsen sei als andere, so gelte auch für sie: Der Druck auf Wohnungen und Bauland hat enorm zugenommen.

Nach zwölf Jahren im Amt haben Sie Ende Juli aufgehört. Was überwiegt: Das lachende oder das weinende Auge? Und warum?
Ich habe kein weinendes Auge (mehr). Es sind zwei lachende. Ein Auge schaut mit freudiger Erwartung darauf, was auf mich zukommt. Das andere blickt mit ebenso grosser Freude auf die vergangenen zwölf Jahre als Gemeindepräsident zurück. Anfangs war ich von meinem Entscheid zum Rücktritt selber nicht zu hundert Prozent überzeugt. Ab dem Zeitpunkt, wo ich diesen Entschluss aber öffentlich gemacht habe respektive die Verwaltung und den Gemeinderat in Kenntnis gesetzt habe, gab es kein Zurück mehr und ich habe mich auf das Amtsende einstellen können. Nun freue ich mich wirklich darauf, massiv weniger Termine zu haben.

Was werden Sie nach Ihrer Amtszeit am meisten vermissen?
Obwohl ich alle Mitarbeitenden auf der Gemeindeverwaltung auch privat kenne, werde ich den Austausch mit ihnen in diesem Rahmen vermissen. Auch die vielen Kontakte mit Behörden und Vertretern anderer Gemeinden und des Kantons, welche in dieser Zeit aufgebaut wurden, werden mir fehlen. Aber das ist auch gut so! Besonders in guter Erinnerung bleiben mir aber die vielen Jubilare und Jubilarinnen, denen ich im Namen der Einwohnergemeinde zu ihrem hohen Geburtstag gratulieren durfte. Ich empfand das sogar als Privileg, ich habe die Besuche mit Stolz ausgeführt.

Und was wird Ihnen überhaupt nicht fehlen?
Anonyme Schreiben…

Wie hat sich «Ihr» Dorf in diesen zwölf Jahren entwickelt?
Wie alle Dörfer im Gäu ist auch Kestenholz gewachsen. Etwas überschaubarer als in anderen Gemeinden, aber der Druck auf Wohnungen und Bauland oder Immobilien allgemein hat enorm zugenommen. Kestenholz ist immer noch sehr ländlich und man kennt noch die meisten Einwohnerinnen und Einwohner zumindest in der direkten Nachbarschaft.

Welche Begegnungen bleiben rückblickend am meisten haften?
Selbstverständlich ist eine Zusammenkunft mit dem gesamten Regierungsrat eine ausserordentliche Gelegenheit, an welcher ich als Gemeindepräsident teilnehmen durfte. Aber es sind die unscheinbaren, fast beiläufigen Zusprüche oder anderweitigen positiven Bekundungen aller Art, welche mich immer wieder bestätigt und ermuntert haben.

Würden Sie rückblickend irgendetwas anders machen, was Entscheidungen und/ oder Amtsführung betrifft?
Im Nachgang ist man immer schlauer, so heisst es. Aber wenn ich die jeweiligen geltenden Umstände oder den Stand der Informationen zu diesem entsprechenden Zeitpunkt berücksichtige, stehe ich auch jetzt noch zu allen Entscheidungen. Wobei der Gemeindepräsident in unserer direkten Demokratie keine grossen Entscheide allein fassen kann. Das geschieht im Gremium des Gemeinderats.

Ihr schönster Moment während der Amtszeit?
Ganz bestimmt die Eröffnung des neuen Schulhauses, wenn ich mich auf eine Begebenheit beschränken muss. Es sind eigentlich aber alle Momente im Amt schön, wenn man ein Projekt erfolgreich zum Abschluss bringen oder begleiten kann.

Der grösste politische Erfolg?
Das sind die sehr guten persönlichen Resultate bei den jeweiligen Gemeinderatswahlen, welche mir Rückhalt und Unterstützung gaben.

Der grösste Misserfolg im Amt?
Als Misserfolg kann man allenfalls das Projekt Ersatzneubau Mehrzweckhalle bezeichnen. Während meiner Amtszeit sind wir keine entscheidenden Schritte vorwärtsgekommen. Allerdings sind auch gewichtige äussere Einflüsse nicht zu unterschätzen.

Es gab bestimmt auch traurige Momente während Ihrer Amtszeit?
Wenn man Abschied nehmen muss von einem Menschen, der einem nahe gestanden ist, so stimmt das traurig. So ist es auch mir während meiner Amtszeit gegangen. Zu dem Amt als Gemeindepräsident hat das aber keinen direkten Bezug.

Ist nun seit Anfang August ganz Schluss mit Politik und Ämtern?
Nicht ganz. Ich werde noch einzelne Projekte weiter begleiten bis zur endgültigen Übergabe. Zudem habe ich das Präsidium der Genossenschaft Landumlegung N1/Gäu übernommen.

Gibt es einen Rat, den Sie Ihrem Nachfolger in Kestenholz mit auf den Weg geben?
Humor behalten und nicht alles auf die Goldwaage legen. Aber mein Nachfolger weiss, wie er mit schwierigen Situationen umgehen muss.

Text: NIK & Bilder: ALA