Start-up Tufty / Anzeiger Thal Gäu Olten
Sie haben das Erscheinungsbild der Marke Tufty entwickelt: Luis Hartl (links) und Beni Brennwald im Atelier.

Wenn aus Kinderzeichnungen Teppiche werden

Das inklusive Start-up Tufty in Wangen bei Olten expandiert bereits an weitere Standorte

Ein Start-up aus Wangen bei Olten verwandelt in sozialen Ateliers Kinderzeichnungen in Teppiche. Die ersten 128 handgetufteten Unikate sind bereits erstellt und es werden täglich mehr. Jetzt expandiert das junge, inklusive Label an weitere Standorte in Aarau, Basel und Liestal.

Ein Hinterhof in Wangen bei Olten. Im Gebäude der ehemaligen Kleider Frey befindet sich ein Atelier – hohe Fenster, lichtdurchflutet, warme Atmosphäre. An mehreren Arbeitsplätzen sind auf grossen Holzrahmen Stoffe aufgespannt. Dahinter prangen ausgedruckte Kinderzeichnungen, nach deren Vorlage fleissig «getuftet» wird. Dabei schiessen die Mitarbeitenden mit einer sogenannten Tufting-Pistole Garn durch den Stoff. «Tack, tack, tack», tönt es. Mit jedem «Tack» wird das Muster erkennbarer. Bis am Ende ein Teppich entsteht, welcher die Blumenwiese, den Dino oder den Regenbogen eins zu eins abbildet.

Auf dem kleinen Label am fertigen Teppich prangt das Logo «Tufty». Ein Tufty ist ein Teppich aus einer Kinderzeichnung, handgefertigt in einer sozialen Schweizer Werkstatt.

Arbeit für Menschen mit Unterstützungsbedarf
Die Idee kam Gründer Beni Brennwald aus Olten während eines Tufting-Workshops. Die Technik stammt ursprünglich aus der industriellen Teppichproduktion, wird aber heute als Handwerkskunst wiederentdeckt. «Tufting ist simpel und richtig meditativ. Man lernt es schnell und das Erfolgserlebnis ist gross», sagt Brennwald. «Damit eignet sich Tufting gut für Menschen, die Unterstützungsbedarf haben und eine kreative, feinmotorische Arbeit schätzen.» Der Sozialpädagoge und Grafiker kennt sich mit beruflicher Integration aus. Er hat sich unter anderem mit dem sozialen «Projekt Restwert» schweizweit einen Namen gemacht.

Das erste Tufty-Atelier eröffnete im Juli letzten Jahres und bietet sechs Arbeitsplätze für Menschen mit Unterstützungsbedarf, die nach einem Unfall oder einer Krankheit ihrem bisherigen Beruf nicht mehr nachgehen können. Hier gelingt ihnen nach und nach der Wiedereinstieg in die Arbeitswelt – in ihrem Tempo, ohne Leistungsdruck. «Die Mitarbeitenden finden hier eine sinnstiftende Arbeit und haben Spass dabei, die abwechslungsreichen Kinderkunstwerke in Teppiche zu verwandeln», sagt Luis Hartl, tätig in Grafik und Kunst. Gemeinsam mit Beni Brennwald hat Hartl das Erscheinungsbild der Marke Tufty entwickelt.

Start-up Tufty / Anzeiger Thal Gäu Olten
In voller Aktion mit der Tufting-Pistole.


Strahlende Kinderaugen
Die allererste Bestellung für einen Tufty- Teppich kam von einer Mitarbeiterin, und zwar mit einer Einhorn-Zeichnung der neunjährigen Tochter Mila. Als diese den Teppich auspackte und ihre Zeichnung wiedererkannte, war die Freude riesig. «Die Kinder sind so stolz, wenn sie ihr Kunstwerk als Teppich in den Händen halten», sagt Brennwald. «Sie werden selbst zu Designern und spüren, dass ihre Kunstwerke wertgeschätzt werden. Das ist schön zu sehen.» Seit Milas Teppich sind bereits weitere 127 Tufty-Teppiche entstanden – und es werden täglich mehr. Wer einen eigenen Tufty-Teppich kreieren will, kann via tufty.ch ein eingescanntes Kunstwerk hochladen oder dieses per Post einsenden. Man kann wählen zwischen Wolle für eine robuste Tür- oder Flurmatte – oder flauschigem Acrylgarn für Bad, Wohn- oder Kinderzimmer. Zielgruppe sind Eltern, Grosseltern, Gotten und Göttis, die Kinderwerken eine Bühne geben, statt sie im Schrank verschwinden lassen möchten. Noch bis Ende dieses Jahres läuft eine Einführungsaktion für 89 statt 118 Franken beziehungsweise 99 statt 128 Franken. Die Produktionsdauer beträgt laut den Verantwortlichen drei bis vier Wochen.

Auch wer keine Kinderzeichnung zur Hand hat, kann übrigens jederzeit ein buntes Tufty bestellen: In Zusammenarbeit mit Schweizer Illustratorinnen und Illustratoren entstehen fortlaufend künstlerisch wertvolle Sondereditionen.


Die Vision, zu einer schweizweiten Trendmarke aufzusteigen
Geplant ist, dass Tufty bald auch über Schweizer Onlineshops zu kaufen sein wird. Denn Tufty hat die Vision, zu einer schweizweiten Trendmarke aufzusteigen. «Die gängigen Fussmatten und Teppiche sehen so langweilig aus», sagt Brennwald und fügt mit einem Augenzwinkern hinzu: «Tufty bringt Farbe und Persönlichkeit in die meist eintönige Teppichwelt.» Und tatsächlich ist Tufty bereits auf Expansionskurs, wie Brennwald und Hartl zu berichten wissen: Seit Juni produziert auch die Stiftung Töpferhaus Tufty-Teppiche. Im Laden in Aarau kann man auch vor Ort Teppiche erwerben. In Liestal und Basel eröffnen demnächst Tufty- Ateliers. Und weitere Schweizer Werkstätten haben Interesse angemeldet, mitzumachen.

Möglich macht das ein Social-Franchising- Modell: Sozialinstitutionen führen die Ateliers selbstständig, aber unter gemeinsamer Marke und mit abgestimmtem Konzept. Dahinter steht die Konzeptschmiede für soziale Innovation «Grundlagenwerk» aus Wangen bei Olten. Beni Brennwalds «Projekt Restwert» wird nach diesem Modell bereits erfolgreich betrieben und hat mittlerweile schweizweit 28 Standorte.

Infos: tufty.ch

Text: MGT & Bilder: ZVG