Mit spitzer Feder

Meinrad Kofmel

In meiner Jugend war die Expertenwelt noch in Ordnung: Bruno Stanek holte uns die Sterne vom Himmel und Sepp Moser die Flieger. 16-Millimeter-Filmer Hans A. Traber war der Echsen- und Playboy Gunter Sachs der Exen-Experte. Für alles andere gab es Medienschaffende mit breitem Allgemein- und vertieftem Fachwissen.

Diese mediale Klarheit wurde fundamental getrübt. Seit vielerorts Qualitätsjournalismus nimmermehr von Qualitätsjournalisten mit Weitblick, sondern von Volontären mit Fokus auf Klickzahlen erbracht wird, stehen, in Ermangelung eigener Meinungen, plötzlich Experten hoch im Kurs. Zuweilen kann man sich des Gefühls nicht erwehren, dass, nebst ausgewiesenen Köpfen, auch ziemlich skurrile in die Medien gezerrt werden. Den Taschendieb macht man da schnell einmal zum Experten für Besitz-, den Raser zum Experten für Verkehrsrecht, den Einbrecher zum Sicherheitsexperten, den Quartieralkoholiker zum Experten für Kulinarik. Der Baggerfahrer taugt allemal als Experte für Ausgrabungen und die Hausfrau avanciert zur Expertin für Familienmanagement.

Tja, und da die Gladiatoren der medialen Neuzeit nun schon mal bereitstehen, lässt man sie zum Ergötzen von uns Medienkonsumierenden auch gerne gegeneinander antreten. Die Plattformen liefern die passende Arena, wir das blutrünstige Publikum. Plötzlich ist es wie im alten Rom: Brot und Spiele. Und der Kaiser, der seinen Daumen nach oben oder nach unten richtet, wird flugs ersetzt. Durch uns. Zum Glück gibt es Social Media. Cool! I like!

Der Autor setzt vertrauensvoll auf Expertinnen für Familienmanagement: «Ihr seid die Besten!»