Sie informierten in Oensingen zum Projekt «All-Gäu» (von links): Sacha Peter, Chef Amt für Raumplanung, Regierungsrätin Sandra Kolly und Projektleiterin Vanessa Jenny.

Über den Tellerrand hinaus denken

15 Gemeinden im Gäu und Untergäu sind im Projekt «All-Gäu» involviert

Im Rahmen des Projekts «All-Gäu» machen sich der Kanton und die Gemeinden im Gäu und Untergäu Gedanken über ihre Zukunft. Ihr Motto: Gemeinsam über die Gemeindegrenzen hinaus denken und Visionen für den öffentlichen Raum entwickeln. Schon bis Anfang 2022 soll klar(er) werden, ob Ideen wie Gewächshäuser auf Industriedächern, Landwirtschaft 4.0 oder eine neue Mitte in Egerkingen das Zeug dazu haben, verwirklicht zu werden.

Das Projekt «All-Gäu» liegt Bau- und Justizdirektorin Sandra Kolly nicht nur deshalb speziell am Herzen, weil sie sich bereits auf kommunaler Ebene, als Gemeinderätin Neuendorfs, damit befasst hatte. Beim Wort Gäu würden die meisten an Staumeldungen und Logistik denken, sagte die Regierungsrätin letzte Woche vor den Medien in Oensingen. Dabei biete der Wachstumsraum Gäu/ Untergäu, mit 15 Gemeinden, viel mehr als das. «ich bin persönlich davon überzeugt, dass die Stossrichtung, über die Gemeindegrenze hinaus zu denken, also regional und gemeinsam zu planen, uns weiterbringen wird.»

In der Tat gilt der Wachstumsraum Gäu/ Untergäu, von Oensingen bis Wangen, als einer der dynamischsten im Kanton Solothurn mit einer starken Bevölkerungs- und Beschäftigtenentwicklung. Es bestehen Nutzungsansprüche und Infrastrukturen wie die Autobahnabschnitte A1 und A2, Industrie- und Gewerbebetriebe, diverse Logistik- und Einkaufszentren, Landwirtschaft und Grundwasserträger. Vor diesem Hintergrund wurde das Projekt All-Gäu auch lanciert: Künftige Nutzungsinteressen sollen gemeinde- und themenübergreifend aufeinander abgestimmt werden können, Lösungen sollen nicht vor einer Gemeindegrenze halt machen. Ziel ist, dass Kanton und Gemeinden im Dialog eine langfristige räumliche Entwicklungsstrategie und die dazu erforderlichen Massnahmen zur Umsetzung auf allen Ebenen erarbeiten. In einem ersten Schritt wurde deshalb eine Testplanung durchgeführt, in welcher Ideen für die künftige Entwicklung erarbeitet wurden.

Ganz ohne Scheuklappen
Sacha Peter, Leiter Amt für Raumplanung, ging auf die Entstehung des Projektes näher ein. Als Auftraggeber für «All-Gäu» fungieren der Kanton sowie die betroffenen Gemeinden. Seinem Amt obliegt die Projektleitung, in enger Zusammenarbeit mit dem Amt für Verkehr und Tiefbau. «Uns ist wichtig, dass es ein gemeinsamer Prozess ist», bekräftigt Peter, sprich: Der Kanton und die Gemeinden entwickeln gemeinsam einen Konsens, wie der Raum sich langfristig entwickeln soll.

In einer ersten Phase habe man das Gespräch mit den Gemeinden gesucht und versucht zu eruieren, welche Fragen beleuchtet werden sollen. Danach wurde das Pflichtenheft erstellt. «Seit letztem Herbst befinden wir uns nun in der Phase der Testplanungen», sagt Peter. Sprich: Allfällige Scheuklappen wurden abgelegt, die Involvierten dachten auf die grüne Wiese und – noch – ohne Blick auf finanzielle Auswirkungen darüber nach, was die Zukunft für den definierten Raum bringen könnte. Ebenso wurden Echos verschiedener Interessengruppen wie Ortsplanende, Nachbarkantone, Bürgergemeinden, Bauernverband, Umweltverbände, Wasserversorger oder Wirtschaftsverbände abgeholt. Peter: «Wir waren in einer Art Laborbetrieb unterwegs. Jetzt gilt es, die Ergebnisse zu werten und zu priorisieren.» Bis Anfang nächsten Jahres soll diese «Synthesephase», gemeinsam mit den Gemeinden, abgeschlossen sein.

Ein ziemlicher bunter Kasten
Für den bisherigen Planungsprozess wurden drei interdisziplinäre Bearbeitungsteams mit unterschiedlicher Fachleitung, ein Projektoffice und sechs Fachexpertinnen und Fachexperten engagiert. Die zu bearbeitenden Themenbereiche sind aufgrund der Ausgangslage sehr vielseitig und stehen oftmals in gegenseitiger Abhängigkeit. Vorerst werden Vorschläge zu einer umfassend verstandenen Siedlungsqualität, zur Aufwertung der Landschaft und für neue Erholungsnutzungsmöglichkeiten sowie Beiträge zu neueren Bewirtschaftungsformen in der Landwirtschaft erarbeitet. Im Bereich Verkehr steht die Förderung einer nachhaltigen Mobilität im Vordergrund.

Laut Kreisplanerin Vanessa Jenny, die das Projekt «All-Gäu» leitet, haben alle drei involvierten Teams ein Raumkonzept erarbeitet. Ein Auszug der Palette an Stichworten, die sie erwähnte: Smart Mobility, Energiepark, Cargo sous terrain, Landwirtschaft 4.0, Landschaftsgestaltung oder Velonetz. Kein Wunder, sprechen sie und ihr Amtschef von einem «ziemlich bunten Kasten», den die Teams zusammengestellt hätten. Sacha Peter: «Gewisse Ansätze werden weiterverfolgt werden, andere eher nicht.» In Oensingen und gestern in Hägendorf fanden Infoanlässe für die Bevölkerung statt. Deren Erkenntnisse sollen ebenfalls in den weiteren Prozess einfliessen. Läuft alles nach dem Plan der Projektmacher, sollen bereits im Dezember, wenn gemäss Sacha Peter «erste Pflöcke eingeschlagen» sind, wieder Infoveranstaltungen in der Region anberaumt werden.

www.so.ch/all-gaeu

Text & Bild: NIK