Tramondi Hägendorf / Anzeiger Thal Gäu Olten
Er hatte heuer allen Grund zum Feiern. Peter Mucha, Gründer Tramondi Sport + Werbung AG

Von einem, der oft ins Lattenkreuz getroffen hat

Die Firma Tramondi in Hägendorf durfte dieses Jahr ihr 40-jähriges Bestehen feiern

Der Fussball stand im Leben des Peter Mucha immer im Zentrum: Als aktiver Fussballer kam der Friedrichshafener überhaupt erst in die Schweiz. Insbesondere dank der Produktion und des Handels mit Fussbällen gelang es ihm, eine weltweit tätige Marke zu lancieren und erfolgreich weiterzuentwickeln: die Tramondi Sport + Werbung AG. Heuer feierte das Unternehmen, das nun von seinen drei Söhnen geleitet wird, das 40-jährige Bestehen.

Geboren in Friedrichshafen, auf der deutschen Seite des Bodensees, träumte Peter Mucha mit Anfang zwanzig vielleicht vom Auswandern nach Australien. Aber die Schweiz? Nein, unser Land, das war zuvor nicht wirklich das Ziel seiner Träume gewesen, als er als 23-Jähriger mit Sack und Pack und des Fussballs wegen seine Heimat verliess und ins Nachbarland übersiedelte. Aber er wurde rasch heimisch und der Liebe wegen – er heiratete eine Oltnerin – auch hier sesshaft. Mit 65 darf er nun auf sein Lebenswerk zurückblicken, auf eine grossartige unternehmerische Leistung. Die Firma Tramondi zählt seit Jahrzehnten zu den führenden Ballproduzenten mit Spezialisierung auf die Entwicklung und Herstellung von Fussbällen, Volley- und Basketbällen. Darüber hinaus liefert Tramondi Werbe- und Merchandisingartikel wie Caps, Lanyards, Badetücher, Taschen, Rucksäcke, Schirme, Trinkflaschen, USB-Sticks und noch so einiges mehr. So gehört auch die Flexmed Gel Einlegesohle, bekannt auch aus der deutschen TV-Sendung «Höhle der Löwen», zum Sortiment. «Dank unserer langjährigen Erfahrung im Werbeartikelbereich entwickeln und produzieren wir fast alles, was unsere Kunden wünschen», sagt Peter Mucha.

Bemerkenswert auch: Seit 1990 ist Tramondi bei jeder Fussball-WM oder -EM auf irgendeine Weise involviert, zumeist an vorderster Front, im Lizenzbereich. Viele führende Grosshändler und Markennamen aus Europa setzen auf die Merchandisingprodukte aus Hägendorf. In diesem Jahr feierte das Familienunternehmen Tramondi sein 40-jähriges Bestehen und ist nebst Hägendorf in Friedrichshafen und Hongkong beheimatet. Die Firma führen mittlerweile seine drei Söhne Manuel, Dominic und Nicola Luca. Peter Mucha hat sich aus dem operativen Geschäft zurückgezogen, seine Priorität gilt nun dem Verwaltungsratspräsidium und ausgewählten Projekten sowie den ausländischen Fairs. Stichwort: Nachhaltiges Unternehmertum.

Tramondi Hägendorf / Anzeiger Thal Gäu Olten
Firmengründer Peter Mucha und seine Gattin Barbara sowie ihre drei Söhne, welche das Familienunternehmen nun führen (von links): Nicola Luca, Manuel und Dominic Mucha. Der Wangner Kunstmaler Cuno Müller hat eigens zum Jubiläum ein Bild kreiert.


Spielmacher und rechte Hand
Doch zurück zu den Anfängen. Der pure Zufall in der Person eines ehemaligen Mitspielers wars, der ihn 1978 auf ein Inserat im «Kicker» aufmerksam machte: Der FC Oberentfelden, damals erstmals in der Vereinsgeschichte in die 1. Liga aufgestiegen und sehr ambitioniert, suchte einen technisch versierten und erfahrenen Spielmacher. «Mein erster Gedanke war: Was um Himmels Willen soll ich in der Schweiz?», erinnert sich Mucha mit einem Schmunzeln. Er, der schon mit 19 Kapitän beim VfB Friedrichshafen in der obersten deutschen Amateurliga war, bewarb sich dann aber doch – und erhielt sowohl den Vertrag als neuer Spielmacher des FCO, nachdem er vor Ort vorgespielt und seine stupende Technik demonstriert hatte, als auch als Kaufmann in der ortsansässigen Schuhfabrik Ammann + Co. AG, als rechte Hand des Chefs Rolf Ammann. Der Transfer vom Bodensee machte auf allen Ebenen einen guten Job und integrierte sich durch seine offene, umgängliche Art rasch.

Die ersten Jahre waren hart
Am 1. September 1981, nachdem er seinen Job gekündigt hatte, gründete Peter Mucha gemeinsam mit den beiden Partnern Pierre Waeber und Rolf Rauber in einem Kellerraum an der Jurastrasse 17 in Olten ihr eigenes Unternehmen. Dass dies der Beginn von etwas Grossem war, wusste er noch nicht, doch ihm war klar: Nur der Einstieg in den Grosshandel würde es bringen, am besten mit einem Produkt, welches in der Herstellung selber kontrolliert werden kann. Und das war der Fussball. Ab 1984, er hatte in der Zwischenzeit seine Barbara geheiratet, hiess das Unternehmen Tramondi, Mucha & Co. – und er versuchte es alleine. «Rückblickend gibt es nichts zu beschönigen », sagt Mucha: «Die ersten fünf Jahre waren der Horror!» Sprich: Jeder Franken wurde zweimal umgedreht, bevor er ausgegeben wurde. Diese Phase durchzustehen sei nur möglich gewesen, weil seine Frau ihn stets bedingungslos unterstützt habe, betont er. Bei allen Zweifeln aber obsiegte sein Glaube an den späteren Erfolg. Und die Idee, auf ein Produkt zu setzen, das Unternehmen täglich benötigen: Büromaterial, und eventuell noch einen Kopierer. Gedacht, getan: Er kaufte bei einem Grossisten in Karlsruhe ein, fuhr jeweils ins Badische, also ungefähr 480 Kilometer hin und zurück, holte die bestellte Ware ab und musste diese natürlich auch noch verzollen. Aber immerhin: Es war ein Anfang – und es gelang Peter Mucha, im Markt eine gewisse Aufmerksamkeit zu erregen und in das sogenannte Etagengeschäft einzusteigen: Der Jungunternehmer war nun Bürolist, Lagerist und Auslieferungsdienst in Personalunion und konnte die Industrie und auch Gemeinden und Schulen beliefern. Ein veritabler Quantensprung!

Der nächste logische Schritt war der Einstieg in die Werbung, mit dem Gedanken, dass Sport, Werbung und Büromaterial «irgendwie zusammengehören» und ja alles bedruckt werden kann. Langsam, aber stetig, begann Tramondi sich zu entwickeln. Peter Mucha bezog Ende 1984 sein erstes «richtiges» Büro in Dulliken.

Tramondi Hägendorf / Anzeiger Thal Gäu Olten
Ein Bild aus den Anfängen: Peter Mucha im Kellerbüro an der Oltner Jurastrasse.


Er hatte oft den richtigen Riecher
In den nächsten Jahren folgte ein unternehmerischer Steigerungslauf: Die erste Lieferung von Büromöbeln im Auftrag von Puma Schweiz, ein richtig gut dotierter Auftrag, bezeichnet er als «Initialzündung » für die Bereiche Büroeinrichtungen, Büromaterial und Kopierer. Nun ging es auch darum, einen zuverlässigen Ballproduzenten zu finden. Fündig wurde Mucha in Pakistan, wo zu jener Zeit bis zu 70 Prozent des Weltmarktes produziert wurden. Ab Mitte 1989 ging auch in diesem Bereich die Post ab. Tramondi designte die Bälle und schickte die Vorlagen zur Produktion nach Pakistan. Insgesamt rund 12 Millionen Fussbälle wurden in all diesen Jahren durch Tramondi Pakistan produziert. Tempi passati übrigens: Längst spielt der Markt für Tramondi in China, wo die Bälle maschinell genäht werden.

Der Erfolg von Tramondi ist untrennbar mit Person und Wesen seines Gründers verbunden. Peter Mucha hatte immer wieder den richtigen Riecher, wenn es um das Geschäft ging. Er blieb ebenso neugierig wie hartnäckig, vermochte als geschickter Verhandler auch Zweifler zu überzeugen und liess rein gar nichts unversucht, wenn es darum ging, neue Geschäfte und neue Geschäftsfelder zu erschliessen. Als Folge einer schlechten Erfahrung splittete er im Verlaufe der 90er-Jahre sein Unternehmen auf: Er gründete die Tramondi Büro AG, die er 2012 an eine Migros-Tochter verkaufte, die Tramondi Werbung AG, die Tramondi Sport AG, die Tramondi Bürobedarf AG (für Papeteriewaren) und die Tramondi Bürodesign AG, für Büromöbel und Bürostühle.

Ein Leitsatz von Peter Mucha lautet: «Schicksal ist, was das Leben dir gibt. Bestimmung ist, was du daraus machst.» Es gibt keine Zweifel: Er hat sehr viel daraus gemacht. Für seine Liebsten und für sich. Aber er hat auch die anderen um ihn herum nie links liegen lassen.

Er steht zu seinen Wurzeln
Peter Mucha hat nie vergessen, wo er herkommt. Dass es für seine Familie in Friedrichshafen ein täglicher Kampf war, um das Leben bestreiten zu können. Zeitweise wohnten sie zu siebt – Eltern, Grosseltern, Onkel, sein später auch bei Tramondi tätiger Bruder Werner und er – in einer Dreizimmer-Wohnung. Obwohl selber mausarm, halfen seine Grosseltern und Eltern, wo sie nur konnten, und waren sehr offene Menschen. «Ihre eigene Erfahrung hat sie geprägt, ein entsprechend hohes Gut war der soziale Gedanke in unserer Familie», erinnert er sich. Ein Wert, den er selber fest verinnerlicht hat. In Pakistan etwa, wo es an vielem mangelt, oft nicht «nur» an Essen und sauberem Wasser, sondern auch an Bildung, hat er ein eigenes Programm für seine Angestellten realisiert und so all ihren Kindern einen kostenlosen Schulunterricht inklusive Büchern und Schuluniform ermöglicht. Und als das Land 2010 Opfer einer Flutkatastrophe wurde, war für ihn klar: Jeder Mensch sollte Zugang zu trinkfähigem Wasser haben. Also hat er all seinen Angestellten Wasserpumpen geschenkt, am Ende knapp hundert an der Zahl, und diese auch gleich installieren lassen. An dieser Aktion finanziell beteiligt haben sich auch Freunde und Kunden. Peter Mucha: «Wir sind so tief in den Boden rein, dass sie glasklares und auch trinkbares Wasser hatten, davon profitierten nicht nur die Familien unserer Arbeiter, sondern auch ihre Nachbarn. Je mehr Menschen geholfen werden konnte, umso besser.» Nur logisch, dass Tramondi seit langem eng mit Fairtrade zusammenarbeitet und ausbeuterische Produktionsmethoden wie Kinderarbeit explizit ausschliesst.

Bei jeder Fussball-Party mit dabei
«Seit 1990 waren wir in irgendeiner Form an jeder Fussball-WM beschäftigt», sagt Peter Mucha. Damals, in Italien, war Tramondi für den Lizenznehmer als Vertriebspartner für die Schweiz zuständig. In jeder Beziehung ein Höhepunkt in der Firmengeschichte waren das «Sommermärchen », die WM 2006 in Deutschland, und nahtlos anschliessend die EURO 2008 in Oesterreich und der Schweiz. Als langjähriger Partner von FIFA und UEFA und weil man jährlich Hunderttausende Fussbälle für Sportfachmärkte und Warenhäuser produzierte, rechneten die Gebrüder Mucha sich gute Chancen aus – und erhielten auch den Zuschlag: Die Tramondi Sport AG war für die WM 2006 die exklusive Lizenzinhaberin für Europa. «Das hiess, dass wir als einziger Ballhersteller neben Adidas, die den offiziellen WM-Ball herstellte und brandete, WM-Bälle produzieren durften», erzählt Peter Mucha. Das Tramondi-Team produzierte rund fünf Millionen Fussbälle für die Schweiz, Deutschland und das restliche Europa. Hinzu kam das ganze Merchandising, speziell die Pins. «Ein echtes Highlight in der Firmengeschichte », schwärmt Mucha. Man ist geneigt zu sagen: eines von vielen.

Apropos Meilensteine: Am 1. März 2008 verlegte die Firma Tramondi den Firmensitz von Wangen ins neu erstellte, eigene Firmengebäude in Hägendorf. «Uns ist unverändert sehr wohl dort, es passt in jeder Beziehung», sagt Peter Mucha. Die nächste Fussball-Party kann also steigen: Mit der WM 2022 in Qatar, wofür die Produktion bereits läuft, und der EURO 2024 in Deutschland.

Tramondi Hägendorf / Anzeiger Thal Gäu Olten
Ein absolutes Highlight der Firmengeschichte war das «Sommermärchen», die WM 2006 in Deutschland. Hier Teile des damaligen Tramondi-Sortimentes.
Text: NIK & Bilder: ZVG