Elisabeth Pfluger ist vor bald zweieinhalb Jahren gestorben, doch ihre Leidenschaft für Erzählungen und Sagen lebt weiter: Soeben hat die Fulenbacher Verlegerin Claudia Brander ein weiteres Buch mit Geschichten und Gedichten aus Pflugers immensem Fundus herausgegeben. «Soledurn isch alt» ist ein vergnüglicher Rundgang durch die Stadt.
«Eigentlich war nur dieser eine Band über Solothurn vorgesehen», sagt Claudia Brander. «Doch als ich beim Bearbeiten bei 300 Seiten Text angelangt war, drängte sich die Aufteilung in zwei Bücher auf.» Nun liegt der erste der beiden neuen Solothurner Bände vor, der insgesamt fünfte, den Claudia Brander in Zusammenarbeit mit Elisabeth Pfluger erstellt und in ihrem eigenen Verlag Alte Chäserei Fulenbach herausgegeben hat. «Wir konnten für diesen Band zumindest noch die Inhalte zusammen besprechen und das Material sortieren.» Am 2. Mai 2018 verstarb die aus dem Gäu stammen de Lehrerin und Volkskundlerin im Alter von 98 Jahren, und so blieb es an der Verlegerin, die Arbeit allein abzuschliessen. Wobei der Begriff Verlegerin zu wenig weit greift. Claudia Brander, während 20 Jahren als Designerin in der Modebranche tätig, ist Gestalterin und steuert auch alle Fotos bei. Das 300-seitige Werk ist deshalb nicht nur eine Sammlung von Geschichten, Sprüchen, Värsli, Liedertexten, Neckereien und Rezepten, die reiche Bebilderung macht es auch zu einem attraktiven Stadtführer. «Aber ohne Anspruch auf Vollständigkeit», präzisiert Brander. «Es gibt nicht zu jeder Sehenswürdigkeit eine Geschichte, dafür hat es Beiträge zu weniger bekannten Sachen.» Zum Beispiel über das «Prison», das alte Solothurner Gefängnis, oder über eine schaurige Erinnerung eines Kindes an das elterliche Haus in der Hinteren Gasse.
Zum Vorlesen geeignet
Ein Teil des Inhaltes von «Soledurn isch alt» wurde schon mal veröffentlicht, aber das entsprechende Buch ist mittlerweile vergriffen. Anderes war vorhanden, aber nicht publiziert. «Elisabeth hatte unter anderem ein Schulheft voller Geschich ten, geschrieben in ihrer Handschrift. Nachmittage lang hat sie mir vorgelesen, ich habe dies aufgenommen und dann wortgetreu niedergeschrieben», beschreibt Brander die Arbeitsweise. «Manchmal hat sie einfach frei erzählt, und ich habe es mit dem Handy aufgezeichnet und eine Abschrift erstellt.»
Entsprechend gemischt ist die Sprache: Vereinzelt sind die Texte schriftdeutsch, mehrheitlich jedoch im Solothurner Dialekt gehalten. «Ich habe Wert darauf gelegt, dass sie gut leserlich und sehr strukturiert sind», erklärt Brander. Denn so, wie sie einen Teil des Inhalts vermittelt erhielt, so werden die Geschichten offenbar heute auch weitergegeben – unter anderem als sehr beliebter Vorlesestoff in Altersheimen.
Ein kreativer Spagat
Dass Claudia Brander, die sich als malende Künstlerin in einer völlig anderen Welt auslebt, seit vier Jahren intensiv Pflugers Nachlass bearbeitet, scheint auf den ersten Blick überraschend. «Ich bin sehr an der Geschichte und an altem Kulturgut interessiert», sagt Brander. «Das habe ich wohl von meinen Eltern, die das Fulenbacher Dorfmuseum aufgebaut haben. Ich war von klein auf mit alten Sachen konfrontiert.» Und so bewegt sie sich heute zwischen den Gegensätzen, «ein Spagat, der besonders spannend ist. Etwas zusammenbringen, was nicht zusammengehört.» Es habe sie auch fasziniert, wie sich Elisabeth Pfluger ihr ganzes Leben den Erzählungen und den Überlieferungen gewidmet habe. «Sie hat mich irgendwie angesteckt, und wenn ich mich in ihrem Material vertiefe, dann kann das rasch mal Stunden dauern.»
Entsprechend lag das Schwergewicht ihrer Tätigkeit in den vergangenen Monaten auf dem nun vorliegenden Buch. In ihrer «Worlds End Gallery», die kurz vor dem Lockdown im Bahnhof Luterbach-Attisholz neu eröffnet und bald wieder geschlossen wurde, ist sie noch ein mal pro Woche am Sonntagnachmittag. Das Malen im Atelier in der Alten Chäserei ist zuletzt ziemlich ins Hintertreffen geraten. Und dürfte auch in den kommenden Monaten nicht oberste Priorität geniessen. Denn nun gilt es, auch den zweiten Solothurner Band fertigzustellen – «Soledurn – Mi Heimed» ist eine Hom mage an Pflugers 32-jährige Tätigkeit als Lehrerin im Wildbach-Schulhaus, wo sie über 1000 Schülerinnen und Schüler unterrichtet hat. Es ist ein Buch mit Erinne rungen und Müsterli aus der Schulstube, zudem mit Geschichten zu Sehenswürdigkeiten ausserhalb der Stadtmauern wie die Verenaschlucht oder das Schloss Waldegg.