Präsident Rolf Neuhaus und Juniorinnen-Trainerin Mägy Nideröst.

Den Spass am Fussball vermitteln

Der FC Oensingen spielt mit einem reinen Mädchenteam in der Junioren-D-Meisterschaft

Bislang spielten die jungen Fussballerinnen in den Knabenteams und stiegen meist im Teenager-Alter aus oder wechselten den Verein. Der FC Oensingen geht nun einen neuen Weg: Er hat eine reine Mädchenequipe formiert, die, als Novum in der 94-jährigen Vereinsgeschichte, am Samstag zu ihrem ersten Einsatz in der Junioren-D-Meisterschaft kommt.

Es war eine spontane Idee anlässlich eines Treffens der Juniorentrainer, als man die Zahl der Fussballerinnen in den verschiedenen Nachwuchsteams ermittelte. Mägy Nideröst, seit rund acht Jahren hier als Trainerin tätig, schlug vor, die Mädchen zusammenzunehmen und weitere Interessentinnen für ein Team zu suchen. Gesagt, getan: Ein Flyer wurde kreiert und verteilt, und schliesslich startete der Trainingsbetrieb der Girls-Gruppe am 12. Januar 2022 mit 21 jugendlichen Fussballerinnen.

Ansturm und Warteliste
Es war dies der Anfang einer Bewegung, die seitdem ungebrochen anhält. «Jede Woche kommt wieder eine Anfrage. Mittlerweile habe ich 28 Spielerinnen, und es gibt bereits eine Warteliste mit fünf Namen», sagt Nideröst. Für 26 Mädchen wurde inzwischen der Spielpass gelöst, wobei vier davon altersbedingt noch in einem Team der Junioren E kicken. Die anderen im Alter von 11 bis 14 Jahren bestreiten nun mangels anderer Möglichkeiten die Meisterschaft als drittes Team der Oensinger D-Junioren.

In den beiden Vorbereitungsspielen gabs zwar haushohe Niederlagen, und auch für die kommenden Partien rechnet Nideröst nicht mit Siegen. «Unser Ziel ist es etwas aufzubauen, dass die Mädchen auf dem Platz Freude am Fussballspiel zeigen.»

Speakerin, Wirtin und Spielerin
Eine Freude, die in ihrer Familie durchwegs vorhanden ist. Ihre Kinder haben Nideröst in Balsthal zum Fussball gebracht, zunächst als zuschauende Mutter, dann als Platzspeakerin, Kinderfussball-Trainerin, Klubhaus-Wirtin und schliesslich sogar eine Saison als Spielerin im 3.-Liga-Frauen-Team.

Ihr Mitwirken am FC-OensingenTheater führte sie später in diesen Verein, wo sie als Trainerin schon auf allen Stufen bis D-Junioren gewirkt hat. Letzten Sommer erwarb sie das C-Trainerdiplom (bis und mit 3. Liga), und im kommenden Mai will sie die nächsthöhere Trainerstufe (bis 2. Liga) erklimmen. «Die Trainerausbildung hat mir sehr viel gebracht», sagt die 58-Jährige. «Und generell bietet der Fussball einen guten Ausgleich zum manchmal belastenden Berufsalltag in der Spitex». «Fussball ist einfach faszinierend, die Verbindung des Körperlichen, der Kondition, mit dem Spielerischen, mit dem Denken auf dem Platz, mit der erforderlichen Übersicht und den Spielzügen», schwärmt sie von ihrem Sport.

Dieser steht bei ihren vier erwachsenen Kindern nach wie vor hoch im Kurs: Noemi (30) spielt bei Fortuna Olten in der 3. Liga, Noel (27) ist Goalie im 3.-Liga-Team des FC Hägendorf, Joana (29) steht im Tor des 3.-Liga-Frauenteams in Balsthal und Naja (26) spielt mit St. Gallen in der Nationalliga A. Sie ist auch im Förderverein «Florijana Ismail FI9» engagiert, einer Organisation, deren Name an die 2019 ertrunkene Nationalspielerin erinnert und die sich für den Mädchen- und für den Frauenfussball einsetzt. Logisch, dass das Trainings- und Einlauftenü der Oensinger Girls mit dem FI9-Logo versehen ist.

FC Oensingen / Anzeiger Thal Gäu Olten
Die jugendlichen Fussballerinnen anlässlich des ersten Vorbereitungsspiels in Grenchen.


Respekt und Anstand
«Ich will den Kindern und Jugendlichen etwas mitgeben, sie sollen sich entwickeln können», betont Nideröst, die als Kopf eines vierköpfigen Trainerteams die neue Mädchenabteilung betreut. «Aber die Mädchen haben auch selber etwas beizutragen. Wir legen viel Gewicht auf Respekt und Anstand.» Disziplin wird dabei nicht nur vom Nachwuchs verlangt, auch die Eltern haben den «Ehrenkodex der Juniorenabteilung» zu unterschreiben, ebenso, wie sie ihre Zustimmung zu einer Vereinsmitgliedschaft geben müssen.

Und hier besteht die thematische Schnittstelle zum allgemeinen Image des FC Oensingen. Die hohe Ausländerquote bei der Oensinger Wohnbevölkerung (rund 36 Prozent) sowie die vielen hier lebenden Schweizer mit Migrationshintergrund haben dazu geführt, dass der Fussballclub als «Ausländerverein» wahrgenommen wurde und wird. Und so seine Verankerung und teilweise auch Akzeptanz in der Gemeinde eingebüsst hat. «Das Vereinsleben, wie wir es kennen, ist verloren gegangen», sagt Rolf Neuhaus, seit einem Jahr Finanzchef und seit August 2021 nun auch Präsident. Neuhaus will wieder eine klare Linie in den Verein bringen, das Renommee verbessern. «Es geht um einen internen Neuaufbau und extern um eine andere Wahrnehmung», betont er. «Schliesslich erfüllen wir auch einen wichtigen Integrationsauftrag, insbesondere beim Nachwuchs.» Rund 95 Junioren zählte der Verein noch im letzten Herbst, mittlerweile betreuen 15 Trainer um die 160 Nachwuchsfussballer. Wobei hier natürlich Trainerin Mägy Nideröst und ihre 28 Juniorinnen mitgemeint sind …

Samstag, 19. März, 15 Uhr: Erstes Heimspiel des Mädchenteams bei den Junioren D gegen Mümliswil auf der Sportanlage Bechburg in Oensingen (mit anschliessendem Apéro für die Eltern).

Text & Bild: NRU