Der Kirchgemeinderat Fulenbach hat es sich unter seinem Präsidenten Rinaldo Somaini zur Aufgabe gemacht, dem Mitgliederschwund etwas entgegenzusetzen. Mithilfe von interessanten Anlässen sollen Familien und Junge wieder den Weg in die Kirche finden. Am Samstag organisiert er in Zusammenarbeit mit dem Jugendtreff den Event «Hollywood meets Church – wie beeinflussen Religionen die heutigen Hollywood-Blockbuster?»
Es ist eine bekannte Tendenz: Während sich die meisten Freikirchen über ein aktives Gemeindeleben freuen, haben die Staatskirchen vielfach mit der Überalterung ihrer Mitglieder und fehlendem Nachwuchs zu kämpfen. Das führt dazu, dass auch ihre Gebäude und Räume oft nicht wie gewünscht genutzt und ausgelastet werden können. Damit beschäftigt sich auch der Kirchgemeinderat in Fulenbach. Die in den 50er-Jahren erbaute Stephanskirche in der Dorfmitte bietet theoretisch 350 Personen Platz. Praktisch wird dieser Platzjedoch selten ausgenutzt. Geht es nach dem Kirchgemeinderat und dessen Präsidenten Rinaldo Somaini, soll sich das jetzt ändern.
Seit er vor eineinhalb Jahren das Amt übernommen hat, verfolgt Somaini mit dem gesamten Team das nicht ganz einfach zu erreichende Ziel, wieder mehr Junge und Familien in die Kirche zu bringen. «Wir sind nicht in der Situation, in der wir einfach warten können, bis die Leute wieder von selbst kommen», sagt er. Ein attraktives Jahresprogramm mit Anlässen, die auch Kirchenmuffel ansprechen, soll Abhilfe schaffen. Und diesen Samstag steht ein ganz besonderes Event an.
Grosse Affinität für Film und Requisiten
Unter dem Titel «Hollywood meets Church» soll es in der Stephanskirche für einmal um Harry Potter, Star Wars, Narnia oder den Da Vinci Code gehen. Für Rinaldo Somaini, der als Rechtsanwalt arbeitet, sind das keine neuen Themen. Er ist nämlich nicht nur Kirchgemeindepräsident, sondern auch leidenschaftlicher Filmfan und seit nunmehr 22 Jahren Requisitensammler. Ob ein Helm aus Herr der Ringe, eine Uniform aus Robin Hood oder die Hand eines Trolles aus Harry Potter – Somaini hatte schon Requisiten aus zahlreichen bekannten Hollywoodblockbustern in den Händen.
Im Zuge seines Hobbies veranstaltet er mit seiner Agentur, welche er mit einem Kollegen in London gegründet hat, immer wieder Anlässe rund um seine Requisiten. Stellt in Kinofoyers aus, arbeitet für grössere Unternehmen im Filmbereich oder mit Museen wie dem Verkehrshaus Luzern zusammen. Über diese Tätigkeiten und Freunde in der Filmbranche kommt er auch immer wieder in Kontakt mit Schauspielerinnen und Schauspielern und kann sie für seine Events gewinnen. Kein Wunder also, dass auch am Samstag echte Filmstars in Fulenbach zu Gast sind.
Heidi, Schellen-Ursli und Harry Potter
Am Event nehmen der Hauptdarsteller im Film Schellen-Ursli, Jonas Hartmann, der Geissenpeter im Heidi-Film, Quirin Agrippi sowie Rohan Gotobed, der im letzten Harry Potter-Film als junger Sirius Black mitgespielt hat, teil. Gotobed reist dafür extra aus England an. Ebenfalls anwesend sind Matthias Zimmerli, der drei Jahre lang als Schweizergardist im Vatikan gedient hat und der Religionswissenschaftler Fabian Perlini.
Mit ihnen will Somaini umrahmt von Filmmusik und Filmausschnitten über den Einfluss von Religionen auf moderne Blockbuster sprechen. In vielen Filmen gebe es religiöse beziehungsweise ethische Aspekte, wie etwa die bekannte Vorstellung von Gut und Böse, sagt er. Anschliessend wird es ein Apéro und die Möglichkeit für Autogramme und Selfies mit den anwesenden Gästen geben.
Zusammenarbeit mit Jugendtreff
Das Apéro und die Autogrammstunde finden im Jugendtreff Fulenbach statt, mit welchem die Kirchgemeinde für diesen Anlass erstmalig zusammenarbeitet. Auch beim Jugendtreff handelt es sich um eine langjährige Institution in Fulenbach, die gerne wieder mehr Zuwachs hätte, erzählen Andrea Nyfeler und Andrea Frei vom Trägerverein. Die Räumlichkeiten der Kirchgemeinde werden bereits seit über 25 Jahren für Angebote für Schüler und Jugendliche genutzt. Trotzdem gebe es Familien und Kinder im Dorf, die den Treff noch nie von innen gesehen haben, sagt Andrea Nyfeler. «Wir wollen wieder präsenter sein im Dorf», ergänzt Andrea Frei.
Präsenter sein in den Köpfen der Bewohnerinnen und Bewohner, das ist auch das Ziel des Kirchgemeinderates. Somaini sieht darin eine Chance für eine lebendige Kirchgemeinde «die man aber jetzt nutzen muss» so Somaini. «Es braucht solche Anlässe, sonst wird es auch mit dem Unterhalt der Gebäulichkeiten schwierig in Zukunft.» Ums Missionieren gehe es ihm dabei aber nicht. Er wolle niemanden bekehren. Vielmehr wolle er auch wieder diejenigen ansprechen, die zwar Kirchensteuer zahlen, den Angeboten der Gemeinde aber aus etwelchen Gründen fernbleiben. «Hier ist es wichtig zu wissen, was diesen Personen oder Familien fehlt, und was wir als Gremium verbessern können», sagt er.
Weihnachtsmusical im Dezember
Dieselben Fragen treiben auch Rinaldo Somainis Ehefrau Melanie um. Sie arbeitet als Katechetin in der Kirchgemeinde und glaubt, dass es gewisse Veränderungen braucht. In ihrem Heimatland Kolumbien hat sie die Kirche bereits als Kind sehr vielfältig erlebt: «Gottesdienste dort sind oft locker und für alle offen». In ihrer Tätigkeit als Religionslehrerin versucht sie deshalb den Unterricht und beispielsweise die Erstkommunionen stets lebendig zu gestalten. Aus diesem Grund hat sie vor vier Jahren mit Ihrer Kollegin Daniela Frieder einen Kinderchor gegründet, dem aktuell 27 Kinder vom Kindergarten bis zur 6. Klasse angehören. Mit diesem werden sie am 2. Dezember zusammen mit der Chinderfiir Gruppe und vielen freiwilligen Helfern für das nächste Highlight im Jahresprogramm sorgen. Im Musical «es Wunder i dr Nacht – ein musikalisches Weihnachtserlebnis» werden Lieder in Deutsch, Englisch und Spanisch präsentiert.
In der katholischen Kirchgemeinde hofft man, dass dem Negativtrend mit diesen Mitteln entgegengetreten werden kann. Mit früheren Veranstaltungen in diesem Jahr habe man bereits sehr gute Erfahrungen gemacht und wolle nächstes Jahr auch vermehrt mit der reformierten Kirchgemeinde und dem Pfarreirat Fulenbach zusammenarbeiten, sagt Rinaldo Somaini. Ob dereinst die Kirche auch ohne Starauflauf und spezielle Events wieder voller wird, werde sich zeigen. An fehlender Motivation und Ideen hätte es in Fulenbach sicher nicht gelegen.
«Hollywood meets church – Wie beeinflussen Religionen moderne Blockbuster?». Samstag, 29. Oktober, in der katholischen Kirche Fulenbach. 18.30 Uhr Türöffnung, 19 Uhr Livetalk, 20 Uhr Apéro, Autogramm- und Selfie-Session. Es können ausserdem originale Filmrequisiten besichtigt werden. Eintritt frei, Kollekte.